Genua. Der hat schön gewohnt, der alte Doria. Altersasyl am Golf, von der Stadt gebaut, "ut maximo labore jam fessus honesta vita requiesceret". Edle Renaissance, heitere Fresken von Raphael's Schüler, Perin del Vaga. Blick über den Garten mit dem Prachtspringbrunnen nach dem Hafen. Drinnen altes Bild, sehr verwaschen, doch erkennbar: der alte Andrea und ein großer prächtiger Kater. Dieser sitzt auf dem Tisch, der Alte davor, Beide sehen ein¬ ander an.
Mailand. Bernardino Luini: auch die Holdselig¬ keit der früheren Meister. Das unsagbar sanfte, liebende Neigen des Hauptes haben sie hier von Lionardo da Vinci. Der Johannes dort auf dem herrlichen Abend¬ mahlbilde, wie der sich zu Christus herbeugt! O, ich kenne dieß Herneigen. Aber der junge Raphael! Sposalizio: ja diese keusche, kinderreine Grazie, -- dieß noch sehen ist mir wir noch einmal nach Perugia gehen und ihrer gedenken.
... Da wären wir wieder! Addio, Italia! Alles nur grau hier, was uns blau vorkommt; Grün frischer, das ist wahr. Aber jetzt Schlackerwetter, Entlaubung. Gesichter -- doch aber auch fast keins, das nicht ver¬
Genua. Der hat ſchön gewohnt, der alte Doria. Altersaſyl am Golf, von der Stadt gebaut, „ut maximo labore jam fessus honesta vita requiesceret“. Edle Renaiſſance, heitere Fresken von Raphael's Schüler, Perin del Vaga. Blick über den Garten mit dem Prachtſpringbrunnen nach dem Hafen. Drinnen altes Bild, ſehr verwaſchen, doch erkennbar: der alte Andrea und ein großer prächtiger Kater. Dieſer ſitzt auf dem Tiſch, der Alte davor, Beide ſehen ein¬ ander an.
Mailand. Bernardino Luini: auch die Holdſelig¬ keit der früheren Meiſter. Das unſagbar ſanfte, liebende Neigen des Hauptes haben ſie hier von Lionardo da Vinci. Der Johannes dort auf dem herrlichen Abend¬ mahlbilde, wie der ſich zu Chriſtus herbeugt! O, ich kenne dieß Herneigen. Aber der junge Raphael! Spoſalizio: ja dieſe keuſche, kinderreine Grazie, — dieß noch ſehen iſt mir wir noch einmal nach Perugia gehen und ihrer gedenken.
... Da wären wir wieder! Addio, Italia! Alles nur grau hier, was uns blau vorkommt; Grün friſcher, das iſt wahr. Aber jetzt Schlackerwetter, Entlaubung. Geſichter — doch aber auch faſt keins, das nicht ver¬
<TEI><text><body><div><pbfacs="#f0284"n="271"/><p><hirendition="#g">Genua</hi>. Der hat ſchön gewohnt, der alte Doria.<lb/>
Altersaſyl am Golf, von der Stadt gebaut, „<hirendition="#aq">ut maximo<lb/>
labore jam fessus honesta vita requiesceret</hi>“.<lb/>
Edle Renaiſſance, heitere Fresken von Raphael's<lb/>
Schüler, Perin del Vaga. Blick über den Garten<lb/>
mit dem Prachtſpringbrunnen nach dem Hafen. Drinnen<lb/>
altes Bild, ſehr verwaſchen, doch erkennbar: der alte<lb/>
Andrea und ein großer prächtiger Kater. Dieſer ſitzt<lb/>
auf dem Tiſch, der Alte davor, Beide ſehen ein¬<lb/>
ander an.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#g">Mailand</hi>. Bernardino Luini: auch die Holdſelig¬<lb/>
keit der früheren Meiſter. Das unſagbar ſanfte, liebende<lb/>
Neigen des Hauptes haben ſie hier von Lionardo da<lb/>
Vinci. Der Johannes dort auf dem herrlichen Abend¬<lb/>
mahlbilde, wie der ſich zu Chriſtus herbeugt! O, ich<lb/>
kenne dieß Herneigen. Aber der junge Raphael!<lb/>
Spoſalizio: ja dieſe keuſche, kinderreine Grazie, —<lb/>
dieß noch ſehen iſt mir wir noch einmal nach Perugia<lb/>
gehen und ihrer gedenken.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>... Da wären wir wieder! <hirendition="#aq">Addio</hi>, <hirendition="#aq">Italia</hi>! Alles<lb/>
nur grau hier, was uns blau vorkommt; Grün friſcher,<lb/>
das iſt wahr. Aber jetzt Schlackerwetter, Entlaubung.<lb/>
Geſichter — doch aber auch faſt keins, das nicht ver¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[271/0284]
Genua. Der hat ſchön gewohnt, der alte Doria.
Altersaſyl am Golf, von der Stadt gebaut, „ut maximo
labore jam fessus honesta vita requiesceret“.
Edle Renaiſſance, heitere Fresken von Raphael's
Schüler, Perin del Vaga. Blick über den Garten
mit dem Prachtſpringbrunnen nach dem Hafen. Drinnen
altes Bild, ſehr verwaſchen, doch erkennbar: der alte
Andrea und ein großer prächtiger Kater. Dieſer ſitzt
auf dem Tiſch, der Alte davor, Beide ſehen ein¬
ander an.
Mailand. Bernardino Luini: auch die Holdſelig¬
keit der früheren Meiſter. Das unſagbar ſanfte, liebende
Neigen des Hauptes haben ſie hier von Lionardo da
Vinci. Der Johannes dort auf dem herrlichen Abend¬
mahlbilde, wie der ſich zu Chriſtus herbeugt! O, ich
kenne dieß Herneigen. Aber der junge Raphael!
Spoſalizio: ja dieſe keuſche, kinderreine Grazie, —
dieß noch ſehen iſt mir wir noch einmal nach Perugia
gehen und ihrer gedenken.
... Da wären wir wieder! Addio, Italia! Alles
nur grau hier, was uns blau vorkommt; Grün friſcher,
das iſt wahr. Aber jetzt Schlackerwetter, Entlaubung.
Geſichter — doch aber auch faſt keins, das nicht ver¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/284>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.