Wink war mir wenigstens hinreichend, um zu schließen, was übrigens auch sonst der Augenschein zeigte: daß eine gewisse Befreiung eingetreten sei. Nur nehme der Leser die Befreiung nicht für wirkliche Besserung: er würde sich täuschen, wie sich bald finden wird.
Er hatte gestern den Föhn mit einem bösen schönen Weibe verglichen, jetzt führte ihn das Föhngespräch auf dieselbe, aber umgekehrte Vergleichung: "Dämonisch reiz¬ volle Weiber sind doch wie der Föhn; sie machen warm, warm, aber schwül, nicht Sonnenwärme, -- elektrisch, bang, -- Schönheit des Tigers -- geben die Seele nicht, haben keine -- wurzelt nichts -- Liebe und Katarrh wurzelt im Mann tiefer als im Weib, -- aber, aber, mein Herr--" Hier begannen seine Augen zu funkeln und er fuhr mit der Stimme heraus, als spräche er mit einem Feind -- "es gibt Kuren -- wenn erst ein rechter Katarrh dazu kommt -- wild -- scheus¬ lich --" Er brach ab, erbleichte, versank in ein Brüten und sprach mit plötzlich erweichtem Tone vor sich hin: "O keine Kuren -- Heilung erst vom Himmel -- vom Lichtgeist -- dann ein gesunder Säbelhieb --"
Er faßte sich schnell, und als wäre ihm mit den letzten Worten das Stichwort von außen gegeben, auf ein anderes Thema einzugehen, nahm er die deutsche Frage auf und trug durch einen sichtbar künstlichen Akt der Seele seine Erregung auf diesen ganz anderen, sächlichen Inhalt über: eine Gewaltsamkeit, die ihm
Wink war mir wenigſtens hinreichend, um zu ſchließen, was übrigens auch ſonſt der Augenſchein zeigte: daß eine gewiſſe Befreiung eingetreten ſei. Nur nehme der Leſer die Befreiung nicht für wirkliche Beſſerung: er würde ſich täuſchen, wie ſich bald finden wird.
Er hatte geſtern den Föhn mit einem böſen ſchönen Weibe verglichen, jetzt führte ihn das Föhngeſpräch auf dieſelbe, aber umgekehrte Vergleichung: „Dämoniſch reiz¬ volle Weiber ſind doch wie der Föhn; ſie machen warm, warm, aber ſchwül, nicht Sonnenwärme, — elektriſch, bang, — Schönheit des Tigers — geben die Seele nicht, haben keine — wurzelt nichts — Liebe und Katarrh wurzelt im Mann tiefer als im Weib, — aber, aber, mein Herr—“ Hier begannen ſeine Augen zu funkeln und er fuhr mit der Stimme heraus, als ſpräche er mit einem Feind — „es gibt Kuren — wenn erſt ein rechter Katarrh dazu kommt — wild — ſcheus¬ lich —“ Er brach ab, erbleichte, verſank in ein Brüten und ſprach mit plötzlich erweichtem Tone vor ſich hin: „O keine Kuren — Heilung erſt vom Himmel — vom Lichtgeiſt — dann ein geſunder Säbelhieb —“
Er faßte ſich ſchnell, und als wäre ihm mit den letzten Worten das Stichwort von außen gegeben, auf ein anderes Thema einzugehen, nahm er die deutſche Frage auf und trug durch einen ſichtbar künſtlichen Akt der Seele ſeine Erregung auf dieſen ganz anderen, ſächlichen Inhalt über: eine Gewaltſamkeit, die ihm
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Wink war mir wenigſtens hinreichend, um zu ſchließen,
was übrigens auch ſonſt der Augenſchein zeigte: daß
eine gewiſſe Befreiung eingetreten ſei. Nur nehme
der Leſer die Befreiung nicht für wirkliche Beſſerung:
er würde ſich täuſchen, wie ſich bald finden wird.
Er hatte geſtern den Föhn mit einem böſen ſchönen
Weibe verglichen, jetzt führte ihn das Föhngeſpräch auf
dieſelbe, aber umgekehrte Vergleichung: „Dämoniſch reiz¬
volle Weiber ſind doch wie der Föhn; ſie machen warm,
warm, aber ſchwül, nicht Sonnenwärme, — elektriſch,
bang, — Schönheit des Tigers — geben die Seele
nicht, haben keine — wurzelt nichts — Liebe und
Katarrh wurzelt im Mann tiefer als im Weib, —
aber, aber, mein Herr—“ Hier begannen ſeine Augen
zu funkeln und er fuhr mit der Stimme heraus, als
ſpräche er mit einem Feind — „es gibt Kuren — wenn
erſt ein rechter Katarrh dazu kommt — wild — ſcheus¬
lich —“ Er brach ab, erbleichte, verſank in ein Brüten
und ſprach mit plötzlich erweichtem Tone vor ſich
hin: „O keine Kuren — Heilung erſt vom Himmel —
vom Lichtgeiſt — dann ein geſunder Säbelhieb —“
Er faßte ſich ſchnell, und als wäre ihm mit den
letzten Worten das Stichwort von außen gegeben, auf
ein anderes Thema einzugehen, nahm er die deutſche
Frage auf und trug durch einen ſichtbar künſtlichen
Akt der Seele ſeine Erregung auf dieſen ganz anderen,
ſächlichen Inhalt über: eine Gewaltſamkeit, die ihm
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/99>, abgerufen am 04.12.2024.
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