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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

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Ad III, 3, e, a. Der Leser hat wohl längst die Frage
auf den Lippen, wo denn das Zahmgeflügel bleibe? Hier,
bei diesem Gipfel der Küchenkunst, bei der Pastete, hat er
die Antwort. Im Bauche dieses Prachtgebäudes befanden
sich butterweich gebettet die Mäglein, Leberlein, Herzlein von
Hühnern, Enten, Gänsen, nicht minder Flügel, Schlegel, Pfaffen¬
schnitze, und zwar vereinigt mit "Milken" (was wir jetzt
Brieschen nennen, die drüsenartigen Knollen am Halse des
Kalbs) und mit Mausschlegeln. Mausbraten wird jetzt infolge
thörichten Vorurtheils vernachlässigt. Warum sollte eine Maus
unappetitlicher sein als eine Ente, eine Sau? Mausfleisch,
insbesondere Schlegelstück, verbindet in feiner Einheit Wild¬
fleischgeschmack mit dem zarten Geschmacke des Nußkerns.
Etwas salzig Prickelndes enthält dagegen der Eidechsenschwanz,
man möchte sagen, er bewirke ein gewisses wuseliges Gefühl
auf der Zunge. -- Zu b: "Form", nämlich zu der plastischen
Gruppe, welche den Deckel des reichen und wohlgefälligen
Ganzen bildete, haben wir nur die Eine Bemerkung, und
auch diese nur für Kenner der Kunstgeschichte: Die Styl¬
gebung des Künstlers stand auf einer Stufe ganz parallel
mit dem Style der Metopen von Selinunt.

Der Name des Künstlers darf so wenig im Dunkel
bleiben, als der des Kochs und des Knochenspalters. Er
hieß Schababerle und nannte sich Hofzuckerbäcker. Es gab
freilich in Robanus keinen Hof, aber der Mann schuf und
bildete an festlichen Tagen für die Tafel des Druiden und
dieser ließ es gerne zu, daß er sich darum den Titel beilegte.
Es ist nachzubringen, daß auch Sidutop auf denselben Grund
hin ähnlich verfuhr; er nannte sich Hofkoch oder Hochwürd¬
licher Koch; den Knochenspalter Binuschnidur nicht zu vergessen:
er betitelte sich gern Hofknochspalter oder Seiner Hochwürden
Leibschlitzer.

Ad III, 3, e, α. Der Leſer hat wohl längſt die Frage
auf den Lippen, wo denn das Zahmgeflügel bleibe? Hier,
bei dieſem Gipfel der Küchenkunſt, bei der Paſtete, hat er
die Antwort. Im Bauche dieſes Prachtgebäudes befanden
ſich butterweich gebettet die Mäglein, Leberlein, Herzlein von
Hühnern, Enten, Gänſen, nicht minder Flügel, Schlegel, Pfaffen¬
ſchnitze, und zwar vereinigt mit „Milken“ (was wir jetzt
Brieschen nennen, die drüſenartigen Knollen am Halſe des
Kalbs) und mit Mausſchlegeln. Mausbraten wird jetzt infolge
thörichten Vorurtheils vernachläſſigt. Warum ſollte eine Maus
unappetitlicher ſein als eine Ente, eine Sau? Mausfleiſch,
insbeſondere Schlegelſtück, verbindet in feiner Einheit Wild¬
fleiſchgeſchmack mit dem zarten Geſchmacke des Nußkerns.
Etwas ſalzig Prickelndes enthält dagegen der Eidechſenſchwanz,
man möchte ſagen, er bewirke ein gewiſſes wuſeliges Gefühl
auf der Zunge. — Zu β: „Form“, nämlich zu der plaſtiſchen
Gruppe, welche den Deckel des reichen und wohlgefälligen
Ganzen bildete, haben wir nur die Eine Bemerkung, und
auch dieſe nur für Kenner der Kunſtgeſchichte: Die Styl¬
gebung des Künſtlers ſtand auf einer Stufe ganz parallel
mit dem Style der Metopen von Selinunt.

Der Name des Künſtlers darf ſo wenig im Dunkel
bleiben, als der des Kochs und des Knochenſpalters. Er
hieß Schababerle und nannte ſich Hofzuckerbäcker. Es gab
freilich in Robanus keinen Hof, aber der Mann ſchuf und
bildete an feſtlichen Tagen für die Tafel des Druiden und
dieſer ließ es gerne zu, daß er ſich darum den Titel beilegte.
Es iſt nachzubringen, daß auch Sidutop auf denſelben Grund
hin ähnlich verfuhr; er nannte ſich Hofkoch oder Hochwürd¬
licher Koch; den Knochenſpalter Binuſchnidur nicht zu vergeſſen:
er betitelte ſich gern Hofknochſpalter oder Seiner Hochwürden
Leibſchlitzer.

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[365/0380] Ad III, 3, e, α. Der Leſer hat wohl längſt die Frage auf den Lippen, wo denn das Zahmgeflügel bleibe? Hier, bei dieſem Gipfel der Küchenkunſt, bei der Paſtete, hat er die Antwort. Im Bauche dieſes Prachtgebäudes befanden ſich butterweich gebettet die Mäglein, Leberlein, Herzlein von Hühnern, Enten, Gänſen, nicht minder Flügel, Schlegel, Pfaffen¬ ſchnitze, und zwar vereinigt mit „Milken“ (was wir jetzt Brieschen nennen, die drüſenartigen Knollen am Halſe des Kalbs) und mit Mausſchlegeln. Mausbraten wird jetzt infolge thörichten Vorurtheils vernachläſſigt. Warum ſollte eine Maus unappetitlicher ſein als eine Ente, eine Sau? Mausfleiſch, insbeſondere Schlegelſtück, verbindet in feiner Einheit Wild¬ fleiſchgeſchmack mit dem zarten Geſchmacke des Nußkerns. Etwas ſalzig Prickelndes enthält dagegen der Eidechſenſchwanz, man möchte ſagen, er bewirke ein gewiſſes wuſeliges Gefühl auf der Zunge. — Zu β: „Form“, nämlich zu der plaſtiſchen Gruppe, welche den Deckel des reichen und wohlgefälligen Ganzen bildete, haben wir nur die Eine Bemerkung, und auch dieſe nur für Kenner der Kunſtgeſchichte: Die Styl¬ gebung des Künſtlers ſtand auf einer Stufe ganz parallel mit dem Style der Metopen von Selinunt. Der Name des Künſtlers darf ſo wenig im Dunkel bleiben, als der des Kochs und des Knochenſpalters. Er hieß Schababerle und nannte ſich Hofzuckerbäcker. Es gab freilich in Robanus keinen Hof, aber der Mann ſchuf und bildete an feſtlichen Tagen für die Tafel des Druiden und dieſer ließ es gerne zu, daß er ſich darum den Titel beilegte. Es iſt nachzubringen, daß auch Sidutop auf denſelben Grund hin ähnlich verfuhr; er nannte ſich Hofkoch oder Hochwürd¬ licher Koch; den Knochenſpalter Binuſchnidur nicht zu vergeſſen: er betitelte ſich gern Hofknochſpalter oder Seiner Hochwürden Leibſchlitzer.

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/380>, abgerufen am 05.12.2024.