mit dem das Leben uns zwickt und zwackt? Brauchen die bösen Zwerggeister noch ein Oberhaupt, das am Ende mächtiger wäre, als der Lichtgott, der unter eurem unbekannten Gotte steckt? Aber all' das dumme Zeug, ich weiß, warum ihr's euch vormacht. Ihr ahnt gar wohl, daß noch ein anderer Pfnüssel im Menschen sitzt, jener, der im Herzen drückt und kratzt und bohrt. Die Faulheit ist's und der wüste böse Wille, der nichts wissen mag von der oberen Ordnung, die der Geistgott gebaut, der Burg, wider welche die bösen Geister nicht aufkommen. Aber darüber huscht ihr hinweg und macht's euch leicht, indem ihr's zu¬ sammenbringt mit dem Uebel in Hals und Nase und euch ein flüchtig seichtes Wort vorschwätzt vom Läutern! Wohl hängt's auch zusammen, aber nicht, wie ihr euch vormacht. Arger Pfnüssel entschuldigt manche böse Zornthat, aber nicht jede, das Reich des Guten steht fest auf eigenen, ewigen Säulen und hängt nicht ab von den Häuten und Drüsen im Leib, und das Böse steigt nicht in ihnen auf und läßt sich nicht weghusten. Die Schuld wegschieben, dem Grippo in die Schuhe, und das Gut- und Vernünftigwerden von der Selinur im helldunklen Seenebel erwarten -- das ist eure Eselsbrücke! Eure Sünden nicht redlich ausbüßen, son¬ dern an den Priester hinüberhusten, der sie dann weiter¬ husten soll und befördern zur Vergebung, das ist euer Selinurdienst! Nicht kennen wollt ihr euch selbst, fremd
mit dem das Leben uns zwickt und zwackt? Brauchen die böſen Zwerggeiſter noch ein Oberhaupt, das am Ende mächtiger wäre, als der Lichtgott, der unter eurem unbekannten Gotte ſteckt? Aber all' das dumme Zeug, ich weiß, warum ihr's euch vormacht. Ihr ahnt gar wohl, daß noch ein anderer Pfnüſſel im Menſchen ſitzt, jener, der im Herzen drückt und kratzt und bohrt. Die Faulheit iſt's und der wüſte böſe Wille, der nichts wiſſen mag von der oberen Ordnung, die der Geiſtgott gebaut, der Burg, wider welche die böſen Geiſter nicht aufkommen. Aber darüber huſcht ihr hinweg und macht's euch leicht, indem ihr's zu¬ ſammenbringt mit dem Uebel in Hals und Naſe und euch ein flüchtig ſeichtes Wort vorſchwätzt vom Läutern! Wohl hängt's auch zuſammen, aber nicht, wie ihr euch vormacht. Arger Pfnüſſel entſchuldigt manche böſe Zornthat, aber nicht jede, das Reich des Guten ſteht feſt auf eigenen, ewigen Säulen und hängt nicht ab von den Häuten und Drüſen im Leib, und das Böſe ſteigt nicht in ihnen auf und läßt ſich nicht weghuſten. Die Schuld wegſchieben, dem Grippo in die Schuhe, und das Gut- und Vernünftigwerden von der Selinur im helldunklen Seenebel erwarten — das iſt eure Eſelsbrücke! Eure Sünden nicht redlich ausbüßen, ſon¬ dern an den Prieſter hinüberhuſten, der ſie dann weiter¬ huſten ſoll und befördern zur Vergebung, das iſt euer Selinurdienſt! Nicht kennen wollt ihr euch ſelbſt, fremd
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mit dem das Leben uns zwickt und zwackt? Brauchen
die böſen Zwerggeiſter noch ein Oberhaupt, das am
Ende mächtiger wäre, als der Lichtgott, der unter
eurem unbekannten Gotte ſteckt? Aber all' das dumme
Zeug, ich weiß, warum ihr's euch vormacht. Ihr
ahnt gar wohl, daß noch ein anderer Pfnüſſel im
Menſchen ſitzt, jener, der im Herzen drückt und kratzt
und bohrt. Die Faulheit iſt's und der wüſte böſe
Wille, der nichts wiſſen mag von der oberen Ordnung,
die der Geiſtgott gebaut, der Burg, wider welche die
böſen Geiſter nicht aufkommen. Aber darüber huſcht
ihr hinweg und macht's euch leicht, indem ihr's zu¬
ſammenbringt mit dem Uebel in Hals und Naſe und
euch ein flüchtig ſeichtes Wort vorſchwätzt vom Läutern!
Wohl hängt's auch zuſammen, aber nicht, wie ihr euch
vormacht. Arger Pfnüſſel entſchuldigt manche böſe
Zornthat, aber nicht jede, das Reich des Guten ſteht
feſt auf eigenen, ewigen Säulen und hängt nicht ab
von den Häuten und Drüſen im Leib, und das Böſe
ſteigt nicht in ihnen auf und läßt ſich nicht weghuſten.
Die Schuld wegſchieben, dem Grippo in die Schuhe,
und das Gut- und Vernünftigwerden von der Selinur
im helldunklen Seenebel erwarten — das iſt eure
Eſelsbrücke! Eure Sünden nicht redlich ausbüßen, ſon¬
dern an den Prieſter hinüberhuſten, der ſie dann weiter¬
huſten ſoll und befördern zur Vergebung, das iſt euer
Selinurdienſt! Nicht kennen wollt ihr euch ſelbſt, fremd
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/306>, abgerufen am 05.12.2024.
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