wollt ihr bleiben euch selbst! Alles ertragt ihr eher, als Wohl und Weh eurer armen Seele mit euch selbst auszumachen! Weiber seid ihr, nicht Männer, darum wollt ihr nichts wissen vom Lichtgott, vom Manngott, vom mannhaften Geistgott, denn der verlangt, nicht nur um euch herumzuscheinen, sondern in euch hinein¬ zuscheinen, zu durchleuchten den harten Stein, euer Herz, daß es licht werde, lind und gut und vernünf¬ tig und stark in aller Milde und Weichheit! Auf! auf! heraus aus dem Klebeschleim und Stankschlamm eures alten Wahns! Er ist gottlos! In euch ist keine Gottes¬ liebe, ihr habt keinen Gottesdienst!"
"Es ist genug!" rief jetzt der Druide, der von seinem Falle keinen Schaden genommen, vom Schrecken sich schnell erholt und mit großer Spannung zugehört hatte; "es ist genug! Herab mit dem Lästerer!" Das Murren in der Gemeinde hatte sich etwas gelegt, als Arthur von der nicht zu leugnenden Unregelmäßigkeit, von der ganz rhythmuslosen Häufigkeit des katarrha¬ lischen Uebels und von der Heimsuchung mit Frost¬ beulen sprach. Die Wahrheit seiner Worte war zu schlagend, als daß sie nicht ein gewisses Insichgehen der Gemüther bewirkt hätte. Nun aber, da der Eiferer mit seinen unzulänglichen Sprachmitteln Anstalt machte, die sittliche Welt in ihrer Strenge aus der Vermengung mit dem physischen Uebel zu scheiden, als er zur un¬ bequemen Zumuthung der Selbsterkenntniß und inneren
wollt ihr bleiben euch ſelbſt! Alles ertragt ihr eher, als Wohl und Weh eurer armen Seele mit euch ſelbſt auszumachen! Weiber ſeid ihr, nicht Männer, darum wollt ihr nichts wiſſen vom Lichtgott, vom Manngott, vom mannhaften Geiſtgott, denn der verlangt, nicht nur um euch herumzuſcheinen, ſondern in euch hinein¬ zuſcheinen, zu durchleuchten den harten Stein, euer Herz, daß es licht werde, lind und gut und vernünf¬ tig und ſtark in aller Milde und Weichheit! Auf! auf! heraus aus dem Klebeſchleim und Stankſchlamm eures alten Wahns! Er iſt gottlos! In euch iſt keine Gottes¬ liebe, ihr habt keinen Gottesdienſt!“
„Es iſt genug!“ rief jetzt der Druide, der von ſeinem Falle keinen Schaden genommen, vom Schrecken ſich ſchnell erholt und mit großer Spannung zugehört hatte; „es iſt genug! Herab mit dem Läſterer!“ Das Murren in der Gemeinde hatte ſich etwas gelegt, als Arthur von der nicht zu leugnenden Unregelmäßigkeit, von der ganz rhythmusloſen Häufigkeit des katarrha¬ liſchen Uebels und von der Heimſuchung mit Froſt¬ beulen ſprach. Die Wahrheit ſeiner Worte war zu ſchlagend, als daß ſie nicht ein gewiſſes Inſichgehen der Gemüther bewirkt hätte. Nun aber, da der Eiferer mit ſeinen unzulänglichen Sprachmitteln Anſtalt machte, die ſittliche Welt in ihrer Strenge aus der Vermengung mit dem phyſiſchen Uebel zu ſcheiden, als er zur un¬ bequemen Zumuthung der Selbſterkenntniß und inneren
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wollt ihr bleiben euch ſelbſt! Alles ertragt ihr eher,
als Wohl und Weh eurer armen Seele mit euch ſelbſt
auszumachen! Weiber ſeid ihr, nicht Männer, darum
wollt ihr nichts wiſſen vom Lichtgott, vom Manngott,
vom mannhaften Geiſtgott, denn der verlangt, nicht
nur um euch herumzuſcheinen, ſondern in euch hinein¬
zuſcheinen, zu durchleuchten den harten Stein, euer
Herz, daß es licht werde, lind und gut und vernünf¬
tig und ſtark in aller Milde und Weichheit! Auf! auf!
heraus aus dem Klebeſchleim und Stankſchlamm eures
alten Wahns! Er iſt gottlos! In euch iſt keine Gottes¬
liebe, ihr habt keinen Gottesdienſt!“
„Es iſt genug!“ rief jetzt der Druide, der von
ſeinem Falle keinen Schaden genommen, vom Schrecken
ſich ſchnell erholt und mit großer Spannung zugehört
hatte; „es iſt genug! Herab mit dem Läſterer!“ Das
Murren in der Gemeinde hatte ſich etwas gelegt, als
Arthur von der nicht zu leugnenden Unregelmäßigkeit,
von der ganz rhythmusloſen Häufigkeit des katarrha¬
liſchen Uebels und von der Heimſuchung mit Froſt¬
beulen ſprach. Die Wahrheit ſeiner Worte war zu
ſchlagend, als daß ſie nicht ein gewiſſes Inſichgehen
der Gemüther bewirkt hätte. Nun aber, da der Eiferer
mit ſeinen unzulänglichen Sprachmitteln Anſtalt machte,
die ſittliche Welt in ihrer Strenge aus der Vermengung
mit dem phyſiſchen Uebel zu ſcheiden, als er zur un¬
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/307>, abgerufen am 05.12.2024.
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