stein als Gesichtsfärbemittel erwähnt wurde und das Geflüster der Zuhörer die Sylben des Namens seiner guten Haushälterin an sein Ohr trug. Dann als von möglichen künftigen Hüten thurmartiger Gestalt die Rede wurde, glaubte er eine Anspielung auf seine Zipfelpelzmütze, dieß Hauptstück seiner Festamtstracht entnehmen zu müssen und am unfreiwilligen Schlusse das Wortspiel mit Gipfel der Aufklärung schien ihm diesen Verdacht nur ganz zu bestätigen. Es bedurfte freilich nicht erst dieser persönlichen Stiche, die er mit Unrecht zu erleiden glaubte, sie verschärften nur die Empörung, die jeder Theil des Inhalts in ihm an¬ fachen mußte. Immer unruhiger rückte er auf seinem Ehrenstuhl hin und her und endlich das Wort von den Menschenopfern schlug dem Faß den Boden aus, er fuhr auf, Kallar sah ihn nach der Rednerbühne herstürzen und sagte ruhig: "Ich bin eigentlich fertig und trete dem würdigen Oberhirten meinen Platz ab"; so stieg er herunter und Angus stürmte hinauf.
Er nahm sich zusammen, setzte sich in Rednerpositur und stellte das linke Bein vorwärts, daß der Fuß in der Oeffnung hervorsah, die für Kullur's Harfe in der Brüstung gelassen war. Auf dem Schuh war ein Druidenfuß so zierlich, als man es mit Fischgräte oder beinerner Nadel vermag, aus den weißen Kiel¬ fasern von Gänseflugfedern eingestickt, eine Kunstleistung Urhixidur's. Die Bauern sahen mit ehrfurchtvoller
ſtein als Geſichtsfärbemittel erwähnt wurde und das Geflüſter der Zuhörer die Sylben des Namens ſeiner guten Haushälterin an ſein Ohr trug. Dann als von möglichen künftigen Hüten thurmartiger Geſtalt die Rede wurde, glaubte er eine Anſpielung auf ſeine Zipfelpelzmütze, dieß Hauptſtück ſeiner Feſtamtstracht entnehmen zu müſſen und am unfreiwilligen Schluſſe das Wortſpiel mit Gipfel der Aufklärung ſchien ihm dieſen Verdacht nur ganz zu beſtätigen. Es bedurfte freilich nicht erſt dieſer perſönlichen Stiche, die er mit Unrecht zu erleiden glaubte, ſie verſchärften nur die Empörung, die jeder Theil des Inhalts in ihm an¬ fachen mußte. Immer unruhiger rückte er auf ſeinem Ehrenſtuhl hin und her und endlich das Wort von den Menſchenopfern ſchlug dem Faß den Boden aus, er fuhr auf, Kallar ſah ihn nach der Rednerbühne herſtürzen und ſagte ruhig: „Ich bin eigentlich fertig und trete dem würdigen Oberhirten meinen Platz ab“; ſo ſtieg er herunter und Angus ſtürmte hinauf.
Er nahm ſich zuſammen, ſetzte ſich in Rednerpoſitur und ſtellte das linke Bein vorwärts, daß der Fuß in der Oeffnung hervorſah, die für Kullur's Harfe in der Brüſtung gelaſſen war. Auf dem Schuh war ein Druidenfuß ſo zierlich, als man es mit Fiſchgräte oder beinerner Nadel vermag, aus den weißen Kiel¬ faſern von Gänſeflugfedern eingeſtickt, eine Kunſtleiſtung Urhixidur's. Die Bauern ſahen mit ehrfurchtvoller
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0295"n="282"/>ſtein als Geſichtsfärbemittel erwähnt wurde und das<lb/>
Geflüſter der Zuhörer die Sylben des Namens ſeiner<lb/>
guten Haushälterin an ſein Ohr trug. Dann als<lb/>
von möglichen künftigen Hüten thurmartiger Geſtalt<lb/>
die Rede wurde, glaubte er eine Anſpielung auf ſeine<lb/>
Zipfelpelzmütze, dieß Hauptſtück ſeiner Feſtamtstracht<lb/>
entnehmen zu müſſen und am unfreiwilligen Schluſſe<lb/>
das Wortſpiel mit Gipfel der Aufklärung ſchien ihm<lb/>
dieſen Verdacht nur ganz zu beſtätigen. Es bedurfte<lb/>
freilich nicht erſt dieſer perſönlichen Stiche, die er mit<lb/>
Unrecht zu erleiden glaubte, ſie verſchärften nur die<lb/>
Empörung, die jeder Theil des Inhalts in ihm an¬<lb/>
fachen mußte. Immer unruhiger rückte er auf ſeinem<lb/>
Ehrenſtuhl hin und her und endlich das Wort von<lb/>
den Menſchenopfern ſchlug dem Faß den Boden aus,<lb/>
er fuhr auf, Kallar ſah ihn nach der Rednerbühne<lb/>
herſtürzen und ſagte ruhig: „Ich bin eigentlich fertig<lb/>
und trete dem würdigen Oberhirten meinen Platz ab“;<lb/>ſo ſtieg er herunter und Angus ſtürmte hinauf.</p><lb/><p>Er nahm ſich zuſammen, ſetzte ſich in Rednerpoſitur<lb/>
und ſtellte das linke Bein vorwärts, daß der Fuß in<lb/>
der Oeffnung hervorſah, die für Kullur's Harfe in<lb/>
der Brüſtung gelaſſen war. Auf dem Schuh war ein<lb/>
Druidenfuß ſo zierlich, als man es mit Fiſchgräte<lb/>
oder beinerner Nadel vermag, aus den weißen Kiel¬<lb/>
faſern von Gänſeflugfedern eingeſtickt, eine Kunſtleiſtung<lb/>
Urhixidur's. Die Bauern ſahen mit ehrfurchtvoller<lb/></p></div></body></text></TEI>
[282/0295]
ſtein als Geſichtsfärbemittel erwähnt wurde und das
Geflüſter der Zuhörer die Sylben des Namens ſeiner
guten Haushälterin an ſein Ohr trug. Dann als
von möglichen künftigen Hüten thurmartiger Geſtalt
die Rede wurde, glaubte er eine Anſpielung auf ſeine
Zipfelpelzmütze, dieß Hauptſtück ſeiner Feſtamtstracht
entnehmen zu müſſen und am unfreiwilligen Schluſſe
das Wortſpiel mit Gipfel der Aufklärung ſchien ihm
dieſen Verdacht nur ganz zu beſtätigen. Es bedurfte
freilich nicht erſt dieſer perſönlichen Stiche, die er mit
Unrecht zu erleiden glaubte, ſie verſchärften nur die
Empörung, die jeder Theil des Inhalts in ihm an¬
fachen mußte. Immer unruhiger rückte er auf ſeinem
Ehrenſtuhl hin und her und endlich das Wort von
den Menſchenopfern ſchlug dem Faß den Boden aus,
er fuhr auf, Kallar ſah ihn nach der Rednerbühne
herſtürzen und ſagte ruhig: „Ich bin eigentlich fertig
und trete dem würdigen Oberhirten meinen Platz ab“;
ſo ſtieg er herunter und Angus ſtürmte hinauf.
Er nahm ſich zuſammen, ſetzte ſich in Rednerpoſitur
und ſtellte das linke Bein vorwärts, daß der Fuß in
der Oeffnung hervorſah, die für Kullur's Harfe in
der Brüſtung gelaſſen war. Auf dem Schuh war ein
Druidenfuß ſo zierlich, als man es mit Fiſchgräte
oder beinerner Nadel vermag, aus den weißen Kiel¬
faſern von Gänſeflugfedern eingeſtickt, eine Kunſtleiſtung
Urhixidur's. Die Bauern ſahen mit ehrfurchtvoller
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/295>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.