können geben, als da sind die Runen und die edle Dicht- und Tonkunst und das Nachdenken und Lehren über das Wesen der Dinge. Wie das Waizenkorn aus dem Boden vorsproßt und als Aehre in Luft und Licht hinaufsteigt, so ist aus dem Ackerbau emporge¬ keimt all' die gute Erfindung und Anstalt, dem Menschen aufzuhelfen, daß er als Gwyon ersterbe und aufstehe als Strahlenstirn. Das Alles hat Taliesin gestiftet und mit dem Allem will er euch gescheut und gut machen. Er meint's wohl und freundlich und hat Niemand mit Fluch bedroht, als die, welche sich selbst verfluchen, weil sie Holzköpfe und steinhart und horn¬ dumm bleiben wollen, und wahnsinnig, schändlich und scheuslich ist es, zu glauben, er halte die Menschen an, den schrecklichen Gott der Kriegswuth und Pfnüssel¬ verstörung zu ehren mit Menschenopfern, und nun sagt einmal, ihr Pfahlmanen, ihr Pfählmannen, die ihr Ketzer und Kriegsgefangene pfählt, kreuzigt, metzget, lebendig verbrennt, wo steht ihr, auf welcher Höhe befindet ihr euch, daß ihr glaubt herabzusehen auf die Ahnen, deren Reste ihr ausgegraben und bei denen vielleicht, wie roh sie auch waren, doch die grause Sitte der Menschenopfer noch nicht aufgekommen war? Ist das der Spitzgipfel, Gipfelspitz, Giebel, Zwiebel und Gipfel eurer Aufklärung?"
Er konnte nicht enden. Der Druide war schon an jener Stelle sehr unruhig geworden, wo der Roth¬
können geben, als da ſind die Runen und die edle Dicht- und Tonkunſt und das Nachdenken und Lehren über das Weſen der Dinge. Wie das Waizenkorn aus dem Boden vorſproßt und als Aehre in Luft und Licht hinaufſteigt, ſo iſt aus dem Ackerbau emporge¬ keimt all' die gute Erfindung und Anſtalt, dem Menſchen aufzuhelfen, daß er als Gwyon erſterbe und aufſtehe als Strahlenſtirn. Das Alles hat Talieſin geſtiftet und mit dem Allem will er euch geſcheut und gut machen. Er meint's wohl und freundlich und hat Niemand mit Fluch bedroht, als die, welche ſich ſelbſt verfluchen, weil ſie Holzköpfe und ſteinhart und horn¬ dumm bleiben wollen, und wahnſinnig, ſchändlich und ſcheuslich iſt es, zu glauben, er halte die Menſchen an, den ſchrecklichen Gott der Kriegswuth und Pfnüſſel¬ verſtörung zu ehren mit Menſchenopfern, und nun ſagt einmal, ihr Pfahlmanen, ihr Pfählmannen, die ihr Ketzer und Kriegsgefangene pfählt, kreuzigt, metzget, lebendig verbrennt, wo ſteht ihr, auf welcher Höhe befindet ihr euch, daß ihr glaubt herabzuſehen auf die Ahnen, deren Reſte ihr ausgegraben und bei denen vielleicht, wie roh ſie auch waren, doch die grauſe Sitte der Menſchenopfer noch nicht aufgekommen war? Iſt das der Spitzgipfel, Gipfelſpitz, Giebel, Zwiebel und Gipfel eurer Aufklärung?“
Er konnte nicht enden. Der Druide war ſchon an jener Stelle ſehr unruhig geworden, wo der Roth¬
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können geben, als da ſind die Runen und die edle
Dicht- und Tonkunſt und das Nachdenken und Lehren
über das Weſen der Dinge. Wie das Waizenkorn
aus dem Boden vorſproßt und als Aehre in Luft und
Licht hinaufſteigt, ſo iſt aus dem Ackerbau emporge¬
keimt all' die gute Erfindung und Anſtalt, dem Menſchen
aufzuhelfen, daß er als Gwyon erſterbe und aufſtehe
als Strahlenſtirn. Das Alles hat Talieſin geſtiftet
und mit dem Allem will er euch geſcheut und gut
machen. Er meint's wohl und freundlich und hat
Niemand mit Fluch bedroht, als die, welche ſich ſelbſt
verfluchen, weil ſie Holzköpfe und ſteinhart und horn¬
dumm bleiben wollen, und wahnſinnig, ſchändlich und
ſcheuslich iſt es, zu glauben, er halte die Menſchen
an, den ſchrecklichen Gott der Kriegswuth und Pfnüſſel¬
verſtörung zu ehren mit Menſchenopfern, und nun
ſagt einmal, ihr Pfahlmanen, ihr Pfählmannen, die
ihr Ketzer und Kriegsgefangene pfählt, kreuzigt, metzget,
lebendig verbrennt, wo ſteht ihr, auf welcher Höhe
befindet ihr euch, daß ihr glaubt herabzuſehen auf die
Ahnen, deren Reſte ihr ausgegraben und bei denen
vielleicht, wie roh ſie auch waren, doch die grauſe
Sitte der Menſchenopfer noch nicht aufgekommen war?
Iſt das der Spitzgipfel, Gipfelſpitz, Giebel, Zwiebel
und Gipfel eurer Aufklärung?“
Er konnte nicht enden. Der Druide war ſchon
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/294>, abgerufen am 05.12.2024.
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