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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Uebereinstimmung der ersten Entwickelungszustände.
thümlich, sondern sie characterisirt jede heteroplastische Ent-
wickelung; die ersten Veränderungen, welche wir constatirten,
finden sich genau in derselben Weise bei jeder Art von
Heteroplasmen bis zu den äussersten malignen Formen hin.
Die erste Entwickelung des Krebses, des Cancroids, des Sar-
[Abbildung] Fig. 138.
coms zeigt dieselben Stadien;
wo man weit genug in der
Entwickelungs-Geschichte zu-
rückgeht, da stösst man auch
zuletzt immer auf ein Stadium,
wo man in den tieferen und
jüngeren Schichten indifferente
Zellen antrifft, welche erst spä-
ter je nach den Besonderhei-
ten der Reizung den einen
oder den anderen Typus an-
nehmen. Man kann daher auch im Grossen die Geschichte
der meisten Neubildungen, die ihrem Haupttheile nach aus
Zellen bestehen, unter einen ganz gleichen Gesichtspunkt brin-
gen. Die Form, unter welcher zuletzt der Krebs ulcerirt, hat
mit der Ulceration des Eiters eine so grosse Aehnlichkeit,
dass man seit langer Zeit beide Dinge verglichen hat, und
dass man die fressende Form der Eiterung, die Schanker in
Parallele gestellt hat mit der krebsigen "Eiterung" oder Ver-
jauchung.

Wesentlich verschieden gestalten sich die einzelnen Neu-
bildungen dadurch, dass die Elemente eine sehr verschiedene
Entwickelungshöhe erreichen, oder anders ausgedrückt, dass
die Zeitdauer, für welche das einzelne Element angelegt wird,
das Lebensalter des einzelnen Elementes, ausserordent-
lich verschieden ist. Wir wissen, dass wir an einem Punkte,
wo Eiterung stattgefunden hat, wenn wir einen Monat später

[Abbildung] Fig. 138.

Entwickelung von Krebs aus Bindegewebe bei Carci-
noma mammae. a Bindegewebskörperchen, b Theilung der Kerne, c Thei-
lung der Zellen, d reihenweise Aufhäufung der Zellen, e Vergrösserung
der jungen Zellen und Bildung der Krebsheerde (Alveolen), f weitere
Vergrösserung der Zellen und der Heerde. g dieselbe Entwickelung auf
dem Querschnitt. Vergr. 300.

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Uebereinstimmung der ersten Entwickelungszustände.
thümlich, sondern sie characterisirt jede heteroplastische Ent-
wickelung; die ersten Veränderungen, welche wir constatirten,
finden sich genau in derselben Weise bei jeder Art von
Heteroplasmen bis zu den äussersten malignen Formen hin.
Die erste Entwickelung des Krebses, des Cancroids, des Sar-
[Abbildung] Fig. 138.
coms zeigt dieselben Stadien;
wo man weit genug in der
Entwickelungs-Geschichte zu-
rückgeht, da stösst man auch
zuletzt immer auf ein Stadium,
wo man in den tieferen und
jüngeren Schichten indifferente
Zellen antrifft, welche erst spä-
ter je nach den Besonderhei-
ten der Reizung den einen
oder den anderen Typus an-
nehmen. Man kann daher auch im Grossen die Geschichte
der meisten Neubildungen, die ihrem Haupttheile nach aus
Zellen bestehen, unter einen ganz gleichen Gesichtspunkt brin-
gen. Die Form, unter welcher zuletzt der Krebs ulcerirt, hat
mit der Ulceration des Eiters eine so grosse Aehnlichkeit,
dass man seit langer Zeit beide Dinge verglichen hat, und
dass man die fressende Form der Eiterung, die Schanker in
Parallele gestellt hat mit der krebsigen „Eiterung“ oder Ver-
jauchung.

Wesentlich verschieden gestalten sich die einzelnen Neu-
bildungen dadurch, dass die Elemente eine sehr verschiedene
Entwickelungshöhe erreichen, oder anders ausgedrückt, dass
die Zeitdauer, für welche das einzelne Element angelegt wird,
das Lebensalter des einzelnen Elementes, ausserordent-
lich verschieden ist. Wir wissen, dass wir an einem Punkte,
wo Eiterung stattgefunden hat, wenn wir einen Monat später

[Abbildung] Fig. 138.

Entwickelung von Krebs aus Bindegewebe bei Carci-
noma mammae. a Bindegewebskörperchen, b Theilung der Kerne, c Thei-
lung der Zellen, d reihenweise Aufhäufung der Zellen, e Vergrösserung
der jungen Zellen und Bildung der Krebsheerde (Alveolen), f weitere
Vergrösserung der Zellen und der Heerde. g dieselbe Entwickelung auf
dem Querschnitt. Vergr. 300.

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[403/0425] Uebereinstimmung der ersten Entwickelungszustände. thümlich, sondern sie characterisirt jede heteroplastische Ent- wickelung; die ersten Veränderungen, welche wir constatirten, finden sich genau in derselben Weise bei jeder Art von Heteroplasmen bis zu den äussersten malignen Formen hin. Die erste Entwickelung des Krebses, des Cancroids, des Sar- [Abbildung Fig. 138.] coms zeigt dieselben Stadien; wo man weit genug in der Entwickelungs-Geschichte zu- rückgeht, da stösst man auch zuletzt immer auf ein Stadium, wo man in den tieferen und jüngeren Schichten indifferente Zellen antrifft, welche erst spä- ter je nach den Besonderhei- ten der Reizung den einen oder den anderen Typus an- nehmen. Man kann daher auch im Grossen die Geschichte der meisten Neubildungen, die ihrem Haupttheile nach aus Zellen bestehen, unter einen ganz gleichen Gesichtspunkt brin- gen. Die Form, unter welcher zuletzt der Krebs ulcerirt, hat mit der Ulceration des Eiters eine so grosse Aehnlichkeit, dass man seit langer Zeit beide Dinge verglichen hat, und dass man die fressende Form der Eiterung, die Schanker in Parallele gestellt hat mit der krebsigen „Eiterung“ oder Ver- jauchung. Wesentlich verschieden gestalten sich die einzelnen Neu- bildungen dadurch, dass die Elemente eine sehr verschiedene Entwickelungshöhe erreichen, oder anders ausgedrückt, dass die Zeitdauer, für welche das einzelne Element angelegt wird, das Lebensalter des einzelnen Elementes, ausserordent- lich verschieden ist. Wir wissen, dass wir an einem Punkte, wo Eiterung stattgefunden hat, wenn wir einen Monat später [Abbildung Fig. 138. Entwickelung von Krebs aus Bindegewebe bei Carci- noma mammae. a Bindegewebskörperchen, b Theilung der Kerne, c Thei- lung der Zellen, d reihenweise Aufhäufung der Zellen, e Vergrösserung der jungen Zellen und Bildung der Krebsheerde (Alveolen), f weitere Vergrösserung der Zellen und der Heerde. g dieselbe Entwickelung auf dem Querschnitt. Vergr. 300.] 26*

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/425>, abgerufen am 28.04.2024.