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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Entzündliches Exsudat.
Art des sogenannten Exsudates sich wesentlich von den andern
unterscheidet. Wenn man z. B. von Schleimhaut-Entzündungen
spricht, so denkt man in der Regel doch nicht daran, dass
die Schleimhaut ein fibrinöses Exsudat liefern wird. Wir
kennen wohl Schleimhäute, wo fibrinöse Exsudate häufiger
sind, z. B. die Schleimhaut der Respirationsorgane. Aber wir
wissen auch, dass auf der Schleimhaut des Digestionstractus freie
fibrinöse Exsudate fast gar nicht vorkommen, wenigstens nicht
in den einfachen Schleimhautentzündungen, dass sie höchstens
die schlimmeren, namentlich die brandigen Formen begleiten.
Wenn man von einer Laryngitis spricht, so setzt man nicht
sogleich einen Croup voraus. Bei einer Cystitis erwartet man
nicht, die innere Fläche der Blase von einer fibrinösen Schicht
überzogen zu finden. In der ganzen Reihe der sogenannten
gastrischen Entzündungen finden wir namentlich im Anfang des
Prozesses fast nichts weiter, als eine reichliche Absonderung
von Schleim. Wenn wir also diese catarrhalischen Entzün-
dungen noch Entzündungen nennen, wenn wir sie nicht ganz
aus der Reihe der Entzündungen herauswerfen wollen, wozu
kein Grund vorliegt, so müssen wir zugestehen, dass ausser
dem fibrinösen Exsudat in Entzündungen ein schleimiges Exsu-
dat bestehen kann und dass die Entzündungen mit schleimigem
Exsudat eine eigene, gewissen Organen zukommende Kategorie
bilden. Denn bekanntlich finden wir sie nicht an allen Ge-
weben des Körpers, sondern fast nur an Schleimhäuten.

Sehen Sie sich nun die fibrinösen Exsudate etwas ge-
nauer an, so kann gar kein Zweifel sein, dass sie in diesem
Punkte mit den schleimigen vollkommen übereinstimmen.
Wir kennen nämlich keinesweges fibrinöse Exsudate an allen
Punkten des Körpers; wir kennen z. B. keine Form von exsu-
dativer Encephalitis, welche fibrinöses Exsudat liefert. Eben
so wenig ist eine Form von Hepatitis bekannt, wobei fibri-
nöse Exsudate vorkämen. Es gibt wohl eine Entzündung
des Leberüberzuges (Perihepatitis), so gut wie eine Entzündung
des Gehirnüberzuges, wobei Fibrin frei hervortreten kann,
aber nie hat Jemand bei einer eigentlichen Hepatitis Fibrin
angetroffen. Ebensowenig gibt es bei den gewöhnlichen Ent-
zündungen des Herzfleisches (Myocarditis) Fibrin.


Entzündliches Exsudat.
Art des sogenannten Exsudates sich wesentlich von den andern
unterscheidet. Wenn man z. B. von Schleimhaut-Entzündungen
spricht, so denkt man in der Regel doch nicht daran, dass
die Schleimhaut ein fibrinöses Exsudat liefern wird. Wir
kennen wohl Schleimhäute, wo fibrinöse Exsudate häufiger
sind, z. B. die Schleimhaut der Respirationsorgane. Aber wir
wissen auch, dass auf der Schleimhaut des Digestionstractus freie
fibrinöse Exsudate fast gar nicht vorkommen, wenigstens nicht
in den einfachen Schleimhautentzündungen, dass sie höchstens
die schlimmeren, namentlich die brandigen Formen begleiten.
Wenn man von einer Laryngitis spricht, so setzt man nicht
sogleich einen Croup voraus. Bei einer Cystitis erwartet man
nicht, die innere Fläche der Blase von einer fibrinösen Schicht
überzogen zu finden. In der ganzen Reihe der sogenannten
gastrischen Entzündungen finden wir namentlich im Anfang des
Prozesses fast nichts weiter, als eine reichliche Absonderung
von Schleim. Wenn wir also diese catarrhalischen Entzün-
dungen noch Entzündungen nennen, wenn wir sie nicht ganz
aus der Reihe der Entzündungen herauswerfen wollen, wozu
kein Grund vorliegt, so müssen wir zugestehen, dass ausser
dem fibrinösen Exsudat in Entzündungen ein schleimiges Exsu-
dat bestehen kann und dass die Entzündungen mit schleimigem
Exsudat eine eigene, gewissen Organen zukommende Kategorie
bilden. Denn bekanntlich finden wir sie nicht an allen Ge-
weben des Körpers, sondern fast nur an Schleimhäuten.

Sehen Sie sich nun die fibrinösen Exsudate etwas ge-
nauer an, so kann gar kein Zweifel sein, dass sie in diesem
Punkte mit den schleimigen vollkommen übereinstimmen.
Wir kennen nämlich keinesweges fibrinöse Exsudate an allen
Punkten des Körpers; wir kennen z. B. keine Form von exsu-
dativer Encephalitis, welche fibrinöses Exsudat liefert. Eben
so wenig ist eine Form von Hepatitis bekannt, wobei fibri-
nöse Exsudate vorkämen. Es gibt wohl eine Entzündung
des Leberüberzuges (Perihepatitis), so gut wie eine Entzündung
des Gehirnüberzuges, wobei Fibrin frei hervortreten kann,
aber nie hat Jemand bei einer eigentlichen Hepatitis Fibrin
angetroffen. Ebensowenig gibt es bei den gewöhnlichen Ent-
zündungen des Herzfleisches (Myocarditis) Fibrin.


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[349/0371] Entzündliches Exsudat. Art des sogenannten Exsudates sich wesentlich von den andern unterscheidet. Wenn man z. B. von Schleimhaut-Entzündungen spricht, so denkt man in der Regel doch nicht daran, dass die Schleimhaut ein fibrinöses Exsudat liefern wird. Wir kennen wohl Schleimhäute, wo fibrinöse Exsudate häufiger sind, z. B. die Schleimhaut der Respirationsorgane. Aber wir wissen auch, dass auf der Schleimhaut des Digestionstractus freie fibrinöse Exsudate fast gar nicht vorkommen, wenigstens nicht in den einfachen Schleimhautentzündungen, dass sie höchstens die schlimmeren, namentlich die brandigen Formen begleiten. Wenn man von einer Laryngitis spricht, so setzt man nicht sogleich einen Croup voraus. Bei einer Cystitis erwartet man nicht, die innere Fläche der Blase von einer fibrinösen Schicht überzogen zu finden. In der ganzen Reihe der sogenannten gastrischen Entzündungen finden wir namentlich im Anfang des Prozesses fast nichts weiter, als eine reichliche Absonderung von Schleim. Wenn wir also diese catarrhalischen Entzün- dungen noch Entzündungen nennen, wenn wir sie nicht ganz aus der Reihe der Entzündungen herauswerfen wollen, wozu kein Grund vorliegt, so müssen wir zugestehen, dass ausser dem fibrinösen Exsudat in Entzündungen ein schleimiges Exsu- dat bestehen kann und dass die Entzündungen mit schleimigem Exsudat eine eigene, gewissen Organen zukommende Kategorie bilden. Denn bekanntlich finden wir sie nicht an allen Ge- weben des Körpers, sondern fast nur an Schleimhäuten. Sehen Sie sich nun die fibrinösen Exsudate etwas ge- nauer an, so kann gar kein Zweifel sein, dass sie in diesem Punkte mit den schleimigen vollkommen übereinstimmen. Wir kennen nämlich keinesweges fibrinöse Exsudate an allen Punkten des Körpers; wir kennen z. B. keine Form von exsu- dativer Encephalitis, welche fibrinöses Exsudat liefert. Eben so wenig ist eine Form von Hepatitis bekannt, wobei fibri- nöse Exsudate vorkämen. Es gibt wohl eine Entzündung des Leberüberzuges (Perihepatitis), so gut wie eine Entzündung des Gehirnüberzuges, wobei Fibrin frei hervortreten kann, aber nie hat Jemand bei einer eigentlichen Hepatitis Fibrin angetroffen. Ebensowenig gibt es bei den gewöhnlichen Ent- zündungen des Herzfleisches (Myocarditis) Fibrin.

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/371>, abgerufen am 24.11.2024.