Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

Sonne vorüberfliehen, keine Spur mehr auf
der Erde davon. Was ihnen im Leben hei-
lig war, hat mit dem Leben geendet; der
Ehre allein, unter allem dieser allein, ver-
danken die Helden das Andenken ihrer Nach-
kommen; sie leben in den künftigen Zeital-
tern fort, da Millionen neben ihnen unter-
gehen ... Nun so ist es auch billig, daß sie
dem selbstgeschaffenen Götzen vor allen Göttern
Opfer bringen; dieser macht sie unsterblich, da
alles, was die Natur in ihre Brust gepflanzt,
mit ihnen untergeht!"

Eduard trat zu ihm. "Sie sind schon auf,
Florentin! ich wollte Sie eben abholen, die an-
dern sind wahrscheinlich schon im Gartensaal. --
Jch habe mich etwas zu lange in den Zimmern und
Gängen verweilt, um sie zu betrachten. Die-
ses Schloß ist ein vortreffliches Monument sei-
nes Jahrhunderts; mich freut es, daß es so wohl
erhalten ist, und so ganz ohne modernen Zusatz.
Es wundert mich um so mehr, da die übrige
Einrichtung im Ganzen nach dem jetzigen Ge-
schmack mehr elegant und zierlich, als nach je-

Sonne voruͤberfliehen, keine Spur mehr auf
der Erde davon. Was ihnen im Leben hei-
lig war, hat mit dem Leben geendet; der
Ehre allein, unter allem dieſer allein, ver-
danken die Helden das Andenken ihrer Nach-
kommen; ſie leben in den kuͤnftigen Zeital-
tern fort, da Millionen neben ihnen unter-
gehen … Nun ſo iſt es auch billig, daß ſie
dem ſelbſtgeſchaffenen Goͤtzen vor allen Goͤttern
Opfer bringen; dieſer macht ſie unſterblich, da
alles, was die Natur in ihre Bruſt gepflanzt,
mit ihnen untergeht!‟

Eduard trat zu ihm. „Sie ſind ſchon auf,
Florentin! ich wollte Sie eben abholen, die an-
dern ſind wahrſcheinlich ſchon im Gartenſaal. —
Jch habe mich etwas zu lange in den Zimmern und
Gaͤngen verweilt, um ſie zu betrachten. Die-
ſes Schloß iſt ein vortreffliches Monument ſei-
nes Jahrhunderts; mich freut es, daß es ſo wohl
erhalten iſt, und ſo ganz ohne modernen Zuſatz.
Es wundert mich um ſo mehr, da die uͤbrige
Einrichtung im Ganzen nach dem jetzigen Ge-
ſchmack mehr elegant und zierlich, als nach je-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0052" n="44"/>
Sonne voru&#x0364;berfliehen, keine Spur mehr auf<lb/>
der Erde davon. Was ihnen im Leben hei-<lb/>
lig war, hat mit dem Leben geendet; der<lb/>
Ehre allein, unter allem die&#x017F;er allein, ver-<lb/>
danken die Helden das Andenken ihrer Nach-<lb/>
kommen; &#x017F;ie leben in den ku&#x0364;nftigen Zeital-<lb/>
tern fort, da Millionen neben ihnen unter-<lb/>
gehen &#x2026; Nun &#x017F;o i&#x017F;t es auch billig, daß &#x017F;ie<lb/>
dem &#x017F;elb&#x017F;tge&#x017F;chaffenen Go&#x0364;tzen vor allen Go&#x0364;ttern<lb/>
Opfer bringen; die&#x017F;er macht &#x017F;ie un&#x017F;terblich, da<lb/>
alles, was die Natur in ihre Bru&#x017F;t gepflanzt,<lb/>
mit ihnen untergeht!&#x201F;</p><lb/>
          <p>Eduard trat zu ihm. &#x201E;Sie &#x017F;ind &#x017F;chon auf,<lb/>
Florentin! ich wollte Sie eben abholen, die an-<lb/>
dern &#x017F;ind wahr&#x017F;cheinlich &#x017F;chon im Garten&#x017F;aal. &#x2014;<lb/>
Jch habe mich etwas zu lange in den Zimmern und<lb/>
Ga&#x0364;ngen verweilt, um &#x017F;ie zu betrachten. Die-<lb/>
&#x017F;es Schloß i&#x017F;t ein vortreffliches Monument &#x017F;ei-<lb/>
nes Jahrhunderts; mich freut es, daß es &#x017F;o wohl<lb/>
erhalten i&#x017F;t, und &#x017F;o ganz ohne modernen Zu&#x017F;atz.<lb/>
Es wundert mich um &#x017F;o mehr, da die u&#x0364;brige<lb/>
Einrichtung im Ganzen nach dem jetzigen Ge-<lb/>
&#x017F;chmack mehr elegant und zierlich, als nach je-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0052] Sonne voruͤberfliehen, keine Spur mehr auf der Erde davon. Was ihnen im Leben hei- lig war, hat mit dem Leben geendet; der Ehre allein, unter allem dieſer allein, ver- danken die Helden das Andenken ihrer Nach- kommen; ſie leben in den kuͤnftigen Zeital- tern fort, da Millionen neben ihnen unter- gehen … Nun ſo iſt es auch billig, daß ſie dem ſelbſtgeſchaffenen Goͤtzen vor allen Goͤttern Opfer bringen; dieſer macht ſie unſterblich, da alles, was die Natur in ihre Bruſt gepflanzt, mit ihnen untergeht!‟ Eduard trat zu ihm. „Sie ſind ſchon auf, Florentin! ich wollte Sie eben abholen, die an- dern ſind wahrſcheinlich ſchon im Gartenſaal. — Jch habe mich etwas zu lange in den Zimmern und Gaͤngen verweilt, um ſie zu betrachten. Die- ſes Schloß iſt ein vortreffliches Monument ſei- nes Jahrhunderts; mich freut es, daß es ſo wohl erhalten iſt, und ſo ganz ohne modernen Zuſatz. Es wundert mich um ſo mehr, da die uͤbrige Einrichtung im Ganzen nach dem jetzigen Ge- ſchmack mehr elegant und zierlich, als nach je-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/52
Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/52>, abgerufen am 14.05.2024.