Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

Gebrauch eingehändigt. Bekannt wird aber
nichts davon gemacht, weder mit noch ohne
Namen. -- So werden auch wohl diese mil-
den Beyträge selten genug seyn. -- Das doch
nicht; es giebt viel gute Menschen; und zeigt
man ihnen den rechten Weg, so gehen sie ihn
auch wohl. -- Jn welcher Welt, dachte Flo-
rentin, habe denn ich gelebt? --

Sie waren am Ufer des Sees angelangt, und
hatten ein Haus, ein Zimmer nach dem andern
in der kleinen Kolonie besucht. Florentin war
dem Arzt gefolgt, theils aus Gefälligkeit, theils
auch um dem Rittmeister desto sichrer auszuwei-
chen, dessen Gesellschaft er mehr als jedes an-
dre Uebel verabscheute. Diese Rohheit bey so
viel Anmaßung, die Verachtung der feinen Welt
im Besitz aller mit ihr verknüpften Verkehrthei-
ten, sie waren ihm in der Seele zuwider. Er war
sich keiner Menschenfurcht bewußt, doch überfiel
ihm etwas ähnliches von böser Vorbedeutung
bey diesem Walter. Er zog es also vor, mit
dem guten Doktor die wohlthätigen Anstalten
der Gräfin zu besuchen, obgleich er denselben

Gebrauch eingehaͤndigt. Bekannt wird aber
nichts davon gemacht, weder mit noch ohne
Namen. — So werden auch wohl dieſe mil-
den Beytraͤge ſelten genug ſeyn. — Das doch
nicht; es giebt viel gute Menſchen; und zeigt
man ihnen den rechten Weg, ſo gehen ſie ihn
auch wohl. — Jn welcher Welt, dachte Flo-
rentin, habe denn ich gelebt? —

Sie waren am Ufer des Sees angelangt, und
hatten ein Haus, ein Zimmer nach dem andern
in der kleinen Kolonie beſucht. Florentin war
dem Arzt gefolgt, theils aus Gefaͤlligkeit, theils
auch um dem Rittmeiſter deſto ſichrer auszuwei-
chen, deſſen Geſellſchaft er mehr als jedes an-
dre Uebel verabſcheute. Dieſe Rohheit bey ſo
viel Anmaßung, die Verachtung der feinen Welt
im Beſitz aller mit ihr verknuͤpften Verkehrthei-
ten, ſie waren ihm in der Seele zuwider. Er war
ſich keiner Menſchenfurcht bewußt, doch uͤberfiel
ihm etwas aͤhnliches von boͤſer Vorbedeutung
bey dieſem Walter. Er zog es alſo vor, mit
dem guten Doktor die wohlthaͤtigen Anſtalten
der Graͤfin zu beſuchen, obgleich er denſelben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0348" n="340"/>
Gebrauch eingeha&#x0364;ndigt. Bekannt wird aber<lb/>
nichts davon gemacht, weder mit noch ohne<lb/>
Namen. &#x2014; So werden auch wohl die&#x017F;e mil-<lb/>
den Beytra&#x0364;ge &#x017F;elten genug &#x017F;eyn. &#x2014; Das doch<lb/>
nicht; es giebt viel gute Men&#x017F;chen; und zeigt<lb/>
man ihnen den rechten Weg, &#x017F;o gehen &#x017F;ie ihn<lb/>
auch wohl. &#x2014; Jn welcher Welt, dachte Flo-<lb/>
rentin, habe denn ich gelebt? &#x2014;</p><lb/>
          <p>Sie waren am Ufer des Sees angelangt, und<lb/>
hatten ein Haus, ein Zimmer nach dem andern<lb/>
in der kleinen Kolonie be&#x017F;ucht. Florentin war<lb/>
dem Arzt gefolgt, theils aus Gefa&#x0364;lligkeit, theils<lb/>
auch um dem Rittmei&#x017F;ter de&#x017F;to &#x017F;ichrer auszuwei-<lb/>
chen, de&#x017F;&#x017F;en Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft er mehr als jedes an-<lb/>
dre Uebel verab&#x017F;cheute. Die&#x017F;e Rohheit bey &#x017F;o<lb/>
viel Anmaßung, die Verachtung der feinen Welt<lb/>
im Be&#x017F;itz aller mit ihr verknu&#x0364;pften Verkehrthei-<lb/>
ten, &#x017F;ie waren ihm in der Seele zuwider. Er war<lb/>
&#x017F;ich keiner Men&#x017F;chenfurcht bewußt, doch u&#x0364;berfiel<lb/>
ihm etwas a&#x0364;hnliches von bo&#x0364;&#x017F;er Vorbedeutung<lb/>
bey die&#x017F;em Walter. Er zog es al&#x017F;o vor, mit<lb/>
dem guten Doktor die wohltha&#x0364;tigen An&#x017F;talten<lb/>
der Gra&#x0364;fin zu be&#x017F;uchen, obgleich er den&#x017F;elben<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[340/0348] Gebrauch eingehaͤndigt. Bekannt wird aber nichts davon gemacht, weder mit noch ohne Namen. — So werden auch wohl dieſe mil- den Beytraͤge ſelten genug ſeyn. — Das doch nicht; es giebt viel gute Menſchen; und zeigt man ihnen den rechten Weg, ſo gehen ſie ihn auch wohl. — Jn welcher Welt, dachte Flo- rentin, habe denn ich gelebt? — Sie waren am Ufer des Sees angelangt, und hatten ein Haus, ein Zimmer nach dem andern in der kleinen Kolonie beſucht. Florentin war dem Arzt gefolgt, theils aus Gefaͤlligkeit, theils auch um dem Rittmeiſter deſto ſichrer auszuwei- chen, deſſen Geſellſchaft er mehr als jedes an- dre Uebel verabſcheute. Dieſe Rohheit bey ſo viel Anmaßung, die Verachtung der feinen Welt im Beſitz aller mit ihr verknuͤpften Verkehrthei- ten, ſie waren ihm in der Seele zuwider. Er war ſich keiner Menſchenfurcht bewußt, doch uͤberfiel ihm etwas aͤhnliches von boͤſer Vorbedeutung bey dieſem Walter. Er zog es alſo vor, mit dem guten Doktor die wohlthaͤtigen Anſtalten der Graͤfin zu beſuchen, obgleich er denſelben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/348
Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/348>, abgerufen am 22.11.2024.