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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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unangenehmen Eindruck befürchtete, den er schon
oft bey Besuchen der für Elende erbauten Pal-
läste gefühlt hatte, wo es der einzige wirklich
ausgeführte Endzweck war, den Namen und
Reichthum des Stifters bis an das Ende aller
Dinge bekannt zu machen. Freudig ward er
aber überrascht beym Anblick dieser Stiftung,
wo ohne allen Prunk und irdische Verherrli-
chung der Geist der Liebe allein, still und heilig
wirkte. -- Hat Clementine nie geliebt? fragte
Florentin. -- Jch weiß nichts eigentliches von
ihrer Geschichte, auch weiß diese wohl niemand
als Eleonore; jetzt spricht sie nie darüber. Was
könnte es aber anders seyn, das eine so fromme
Seele beugt und erhebt, als Leiden der Liebe?
So wie es nur durch die Liebe allein möglich ist,
die zweckmäßigste Wohlthätigkeit im schönsten
Sinn zu verbreiten. -- Nur von liebenden
Frauen, sagte Florentin, müßte alle Wohlthä-
tigkeit kommen. Die Frauen verstehen auch am
besten die Bedürfnisse einer schwachen Natur;
der Mann würde die Schwachheit lieber vertil-
gen von der Erde, als sie im Leiden unterstü-

unangenehmen Eindruck befuͤrchtete, den er ſchon
oft bey Beſuchen der fuͤr Elende erbauten Pal-
laͤſte gefuͤhlt hatte, wo es der einzige wirklich
ausgefuͤhrte Endzweck war, den Namen und
Reichthum des Stifters bis an das Ende aller
Dinge bekannt zu machen. Freudig ward er
aber uͤberraſcht beym Anblick dieſer Stiftung,
wo ohne allen Prunk und irdiſche Verherrli-
chung der Geiſt der Liebe allein, ſtill und heilig
wirkte. — Hat Clementine nie geliebt? fragte
Florentin. — Jch weiß nichts eigentliches von
ihrer Geſchichte, auch weiß dieſe wohl niemand
als Eleonore; jetzt ſpricht ſie nie daruͤber. Was
koͤnnte es aber anders ſeyn, das eine ſo fromme
Seele beugt und erhebt, als Leiden der Liebe?
So wie es nur durch die Liebe allein moͤglich iſt,
die zweckmaͤßigſte Wohlthaͤtigkeit im ſchoͤnſten
Sinn zu verbreiten. — Nur von liebenden
Frauen, ſagte Florentin, muͤßte alle Wohlthaͤ-
tigkeit kommen. Die Frauen verſtehen auch am
beſten die Beduͤrfniſſe einer ſchwachen Natur;
der Mann wuͤrde die Schwachheit lieber vertil-
gen von der Erde, als ſie im Leiden unterſtuͤ-

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[341/0349] unangenehmen Eindruck befuͤrchtete, den er ſchon oft bey Beſuchen der fuͤr Elende erbauten Pal- laͤſte gefuͤhlt hatte, wo es der einzige wirklich ausgefuͤhrte Endzweck war, den Namen und Reichthum des Stifters bis an das Ende aller Dinge bekannt zu machen. Freudig ward er aber uͤberraſcht beym Anblick dieſer Stiftung, wo ohne allen Prunk und irdiſche Verherrli- chung der Geiſt der Liebe allein, ſtill und heilig wirkte. — Hat Clementine nie geliebt? fragte Florentin. — Jch weiß nichts eigentliches von ihrer Geſchichte, auch weiß dieſe wohl niemand als Eleonore; jetzt ſpricht ſie nie daruͤber. Was koͤnnte es aber anders ſeyn, das eine ſo fromme Seele beugt und erhebt, als Leiden der Liebe? So wie es nur durch die Liebe allein moͤglich iſt, die zweckmaͤßigſte Wohlthaͤtigkeit im ſchoͤnſten Sinn zu verbreiten. — Nur von liebenden Frauen, ſagte Florentin, muͤßte alle Wohlthaͤ- tigkeit kommen. Die Frauen verſtehen auch am beſten die Beduͤrfniſſe einer ſchwachen Natur; der Mann wuͤrde die Schwachheit lieber vertil- gen von der Erde, als ſie im Leiden unterſtuͤ-

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/349>, abgerufen am 22.11.2024.