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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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eine bloße Weißdornhecke vom Walde getrennt
war; sie überließen hier ihre Pferde dem
Knaben. Meine Gemahlin, sagte der Graf,
hat durch diese Hecke einen Theil des Wal-
des als Park erklärt, oder zur Freystatt
für die Hirsche und Rehe, die, vom Jäger
verfolgt, sich hieher retten; denn hier darf
weder der Huf eines Pferdes, noch das An-
schlagen der Hunde oder ein Schuß gehört
werden. Allenfalls läßt sie sich ein fröhliches
Jägerstückchen gefallen, damit sie mich bey
meiner Zurückkunft von fern höre.

Sie gingen den Weg gerade durch den
Park auf das große hohe Schloß zu, das
in den Zeiten der alten Ritter erbaut zu seyn
schien, über eine Zugbrücke durch einen gros-
sen Vorhof, wo ihnen am Gitter zwey Frau-
en entgegen kamen: ein Mädchen von aus-
serordentlicher Schönheit zwischen funfzehn
und sechzehn Jahren, und die andre eine
ebenfalls sehr schöne Frau, die ihre Mutter
zu seyn schien. Florentin gewann Fröhlich-
keit und Zutrauen beym Anblick der beyden

eine bloße Weißdornhecke vom Walde getrennt
war; ſie uͤberließen hier ihre Pferde dem
Knaben. Meine Gemahlin, ſagte der Graf,
hat durch dieſe Hecke einen Theil des Wal-
des als Park erklaͤrt, oder zur Freyſtatt
fuͤr die Hirſche und Rehe, die, vom Jaͤger
verfolgt, ſich hieher retten; denn hier darf
weder der Huf eines Pferdes, noch das An-
ſchlagen der Hunde oder ein Schuß gehoͤrt
werden. Allenfalls laͤßt ſie ſich ein froͤhliches
Jaͤgerſtuͤckchen gefallen, damit ſie mich bey
meiner Zuruͤckkunft von fern hoͤre.

Sie gingen den Weg gerade durch den
Park auf das große hohe Schloß zu, das
in den Zeiten der alten Ritter erbaut zu ſeyn
ſchien, uͤber eine Zugbruͤcke durch einen groſ-
ſen Vorhof, wo ihnen am Gitter zwey Frau-
en entgegen kamen: ein Maͤdchen von auſ-
ſerordentlicher Schoͤnheit zwiſchen funfzehn
und ſechzehn Jahren, und die andre eine
ebenfalls ſehr ſchoͤne Frau, die ihre Mutter
zu ſeyn ſchien. Florentin gewann Froͤhlich-
keit und Zutrauen beym Anblick der beyden

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[18/0026] eine bloße Weißdornhecke vom Walde getrennt war; ſie uͤberließen hier ihre Pferde dem Knaben. Meine Gemahlin, ſagte der Graf, hat durch dieſe Hecke einen Theil des Wal- des als Park erklaͤrt, oder zur Freyſtatt fuͤr die Hirſche und Rehe, die, vom Jaͤger verfolgt, ſich hieher retten; denn hier darf weder der Huf eines Pferdes, noch das An- ſchlagen der Hunde oder ein Schuß gehoͤrt werden. Allenfalls laͤßt ſie ſich ein froͤhliches Jaͤgerſtuͤckchen gefallen, damit ſie mich bey meiner Zuruͤckkunft von fern hoͤre. Sie gingen den Weg gerade durch den Park auf das große hohe Schloß zu, das in den Zeiten der alten Ritter erbaut zu ſeyn ſchien, uͤber eine Zugbruͤcke durch einen groſ- ſen Vorhof, wo ihnen am Gitter zwey Frau- en entgegen kamen: ein Maͤdchen von auſ- ſerordentlicher Schoͤnheit zwiſchen funfzehn und ſechzehn Jahren, und die andre eine ebenfalls ſehr ſchoͤne Frau, die ihre Mutter zu ſeyn ſchien. Florentin gewann Froͤhlich- keit und Zutrauen beym Anblick der beyden

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/26>, abgerufen am 28.04.2024.