Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

volle Bitten, sie nicht zu verrathen. Florentin
trieb tausend kleine Possen um sie her und
suchte sie durch Schmeicheleyen und artigen
Scherz freundlich zu erhalten. Sie schien da-
für auch gegen ihn besonders gefällig, und
Eduard zog sie deshalb auf. Bald war sie so
dreist gemacht, daß sie sich einige zweydeutige
Späße über Julianen erlaubte, deren Stand
sie weit entfernt war zu ahnden. Sie drang
immer mehr mit Fragen in sie, die aber nicht
ernsthaft beantwortet wurden. Der Müller
war unterdessen seinen Geschäften nachgegan-
gen, und hatte seiner Frau die Sorge für die
Wanderer überlassen.

Juliane erwachte nach einem kurzen
Schlummer und hörte zu ihrer nicht geringen
Beschämung die Zweifel und den Argwohn
der Müllerin. Sie gab ein Zeichen, daß sie
erwacht sey, Eduard eilte zu ihr ans Bett, um
sich nach ihrem Befinden zu erkundigen; sie bat
ihn, diesen für sie sehr verdrüßlichen Auftritt
zu endigen, und die Frau über ihren Jrrthum
ernsthaft aufzuklären; sie hatte zwar anfangs

volle Bitten, ſie nicht zu verrathen. Florentin
trieb tauſend kleine Poſſen um ſie her und
ſuchte ſie durch Schmeicheleyen und artigen
Scherz freundlich zu erhalten. Sie ſchien da-
fuͤr auch gegen ihn beſonders gefaͤllig, und
Eduard zog ſie deshalb auf. Bald war ſie ſo
dreiſt gemacht, daß ſie ſich einige zweydeutige
Spaͤße uͤber Julianen erlaubte, deren Stand
ſie weit entfernt war zu ahnden. Sie drang
immer mehr mit Fragen in ſie, die aber nicht
ernſthaft beantwortet wurden. Der Muͤller
war unterdeſſen ſeinen Geſchaͤften nachgegan-
gen, und hatte ſeiner Frau die Sorge fuͤr die
Wanderer uͤberlaſſen.

Juliane erwachte nach einem kurzen
Schlummer und hoͤrte zu ihrer nicht geringen
Beſchaͤmung die Zweifel und den Argwohn
der Muͤllerin. Sie gab ein Zeichen, daß ſie
erwacht ſey, Eduard eilte zu ihr ans Bett, um
ſich nach ihrem Befinden zu erkundigen; ſie bat
ihn, dieſen fuͤr ſie ſehr verdruͤßlichen Auftritt
zu endigen, und die Frau uͤber ihren Jrrthum
ernſthaft aufzuklaͤren; ſie hatte zwar anfangs

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0220" n="212"/>
volle Bitten, &#x017F;ie nicht zu verrathen. Florentin<lb/>
trieb tau&#x017F;end kleine Po&#x017F;&#x017F;en um &#x017F;ie her und<lb/>
&#x017F;uchte &#x017F;ie durch Schmeicheleyen und artigen<lb/>
Scherz freundlich zu erhalten. Sie &#x017F;chien da-<lb/>
fu&#x0364;r auch gegen ihn be&#x017F;onders gefa&#x0364;llig, und<lb/>
Eduard zog &#x017F;ie deshalb auf. Bald war &#x017F;ie &#x017F;o<lb/>
drei&#x017F;t gemacht, daß &#x017F;ie &#x017F;ich einige zweydeutige<lb/>
Spa&#x0364;ße u&#x0364;ber Julianen erlaubte, deren Stand<lb/>
&#x017F;ie weit entfernt war zu ahnden. Sie drang<lb/>
immer mehr mit Fragen in &#x017F;ie, die aber nicht<lb/>
ern&#x017F;thaft beantwortet wurden. Der Mu&#x0364;ller<lb/>
war unterde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;einen Ge&#x017F;cha&#x0364;ften nachgegan-<lb/>
gen, und hatte &#x017F;einer Frau die Sorge fu&#x0364;r die<lb/>
Wanderer u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Juliane erwachte nach einem kurzen<lb/>
Schlummer und ho&#x0364;rte zu ihrer nicht geringen<lb/>
Be&#x017F;cha&#x0364;mung die Zweifel und den Argwohn<lb/>
der Mu&#x0364;llerin. Sie gab ein Zeichen, daß &#x017F;ie<lb/>
erwacht &#x017F;ey, Eduard eilte zu ihr ans Bett, um<lb/>
&#x017F;ich nach ihrem Befinden zu erkundigen; &#x017F;ie bat<lb/>
ihn, die&#x017F;en fu&#x0364;r &#x017F;ie &#x017F;ehr verdru&#x0364;ßlichen Auftritt<lb/>
zu endigen, und die Frau u&#x0364;ber ihren Jrrthum<lb/>
ern&#x017F;thaft aufzukla&#x0364;ren; &#x017F;ie hatte zwar anfangs<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0220] volle Bitten, ſie nicht zu verrathen. Florentin trieb tauſend kleine Poſſen um ſie her und ſuchte ſie durch Schmeicheleyen und artigen Scherz freundlich zu erhalten. Sie ſchien da- fuͤr auch gegen ihn beſonders gefaͤllig, und Eduard zog ſie deshalb auf. Bald war ſie ſo dreiſt gemacht, daß ſie ſich einige zweydeutige Spaͤße uͤber Julianen erlaubte, deren Stand ſie weit entfernt war zu ahnden. Sie drang immer mehr mit Fragen in ſie, die aber nicht ernſthaft beantwortet wurden. Der Muͤller war unterdeſſen ſeinen Geſchaͤften nachgegan- gen, und hatte ſeiner Frau die Sorge fuͤr die Wanderer uͤberlaſſen. Juliane erwachte nach einem kurzen Schlummer und hoͤrte zu ihrer nicht geringen Beſchaͤmung die Zweifel und den Argwohn der Muͤllerin. Sie gab ein Zeichen, daß ſie erwacht ſey, Eduard eilte zu ihr ans Bett, um ſich nach ihrem Befinden zu erkundigen; ſie bat ihn, dieſen fuͤr ſie ſehr verdruͤßlichen Auftritt zu endigen, und die Frau uͤber ihren Jrrthum ernſthaft aufzuklaͤren; ſie hatte zwar anfangs

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/220
Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/220>, abgerufen am 11.05.2024.