durfte die Mutter anwehen, ich bekümmerte mich um jede Regel der Diät, ich dachte nur darau, sie in der besten und ruhigsten Stim- mung zu erhalten, und vermehrte durch meine Aengstlichkeit ihre Ungeduld, so daß ich unauf- hörlich von ihren Launen litt. Was habe ich nicht angewandt, sie vom Tanze abzuhalten, dem sie mit großer Leidenschaft ergeben war! Geliebt hatte ich sie wohl eigentlich nie, aber jetzt fühlte ich wahre Zärtlichkeit für sie; sie war mir heilig. Wie weit aber war sie von diesen Gefühlen entfernt, die mich so ent- zückten!
Jch war genöthigt, eine Reise nach Florenz vorzunehmen, um eine angefangne Arbeit dort zu vollenden. Jch arbeitete mit solchem Eifer, daß ich in zwey Monaten vollendete, wozu ich sonst noch einmal so viel Zeit gebraucht hätte. Jch erhielt eine ansehnliche Summe, und eilte zurück zu meinen Freunden.
Jch fand meine Kleine etwas blaß bey mei- ner Zurückkunft, ich erkundigte mich ängstlich nach ihrem Befinden, ihre Antwort befriedigte
durfte die Mutter anwehen, ich bekuͤmmerte mich um jede Regel der Diaͤt, ich dachte nur darau, ſie in der beſten und ruhigſten Stim- mung zu erhalten, und vermehrte durch meine Aengſtlichkeit ihre Ungeduld, ſo daß ich unauf- hoͤrlich von ihren Launen litt. Was habe ich nicht angewandt, ſie vom Tanze abzuhalten, dem ſie mit großer Leidenſchaft ergeben war! Geliebt hatte ich ſie wohl eigentlich nie, aber jetzt fuͤhlte ich wahre Zaͤrtlichkeit fuͤr ſie; ſie war mir heilig. Wie weit aber war ſie von dieſen Gefuͤhlen entfernt, die mich ſo ent- zuͤckten!
Jch war genoͤthigt, eine Reiſe nach Florenz vorzunehmen, um eine angefangne Arbeit dort zu vollenden. Jch arbeitete mit ſolchem Eifer, daß ich in zwey Monaten vollendete, wozu ich ſonſt noch einmal ſo viel Zeit gebraucht haͤtte. Jch erhielt eine anſehnliche Summe, und eilte zuruͤck zu meinen Freunden.
Jch fand meine Kleine etwas blaß bey mei- ner Zuruͤckkunft, ich erkundigte mich aͤngſtlich nach ihrem Befinden, ihre Antwort befriedigte
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durfte die Mutter anwehen, ich bekuͤmmerte
mich um jede Regel der Diaͤt, ich dachte nur
darau, ſie in der beſten und ruhigſten Stim-
mung zu erhalten, und vermehrte durch meine
Aengſtlichkeit ihre Ungeduld, ſo daß ich unauf-
hoͤrlich von ihren Launen litt. Was habe ich
nicht angewandt, ſie vom Tanze abzuhalten,
dem ſie mit großer Leidenſchaft ergeben war!
Geliebt hatte ich ſie wohl eigentlich nie, aber
jetzt fuͤhlte ich wahre Zaͤrtlichkeit fuͤr ſie; ſie
war mir heilig. Wie weit aber war ſie von
dieſen Gefuͤhlen entfernt, die mich ſo ent-
zuͤckten!
Jch war genoͤthigt, eine Reiſe nach Florenz
vorzunehmen, um eine angefangne Arbeit dort
zu vollenden. Jch arbeitete mit ſolchem Eifer,
daß ich in zwey Monaten vollendete, wozu ich
ſonſt noch einmal ſo viel Zeit gebraucht haͤtte.
Jch erhielt eine anſehnliche Summe, und eilte
zuruͤck zu meinen Freunden.
Jch fand meine Kleine etwas blaß bey mei-
ner Zuruͤckkunft, ich erkundigte mich aͤngſtlich
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/186>, abgerufen am 21.11.2024.
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