Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

Ding unrecht, und schimpfte etwas zu laut,
und in der gewohnten kräftigen Manier. Nach
einem kurzen heftigen Wortwechsel warf der
Lord seine Karte der Maske an den Kopf. Jch
befand mich an einem andern Ende des Saals
in einer Unterhaltung mit ein paar mir unber
kannten Masken, die mich neugierig machten,
weil sie mich zu kennen schienen, wenigstens
wußten sie viel von mir; plötzlich hörte ich
Tumult, sah Stilette blinken, die Maske sank
nieder; in demselben Moment kam der andre
Lord hastig auf mich zu, nannte höchst unvor-
sichtig meinen Namen laut, und rief mich sei-
nem Landsmann zu Hülfe. Jch, noch unvor-
sichtiger, folgte ihm hin. Man hatte dem
Niedergesunknen die Maske abgenommen, man
erkannte den Sohn eines Nobile, er war todt.
Der Lärm nahm zu; der Lord hatte ganz den
Kopf verloren, bewegte sich nicht von der
Stelle, und ließ das Gedränge um sich her
anwachsen. Jch riß ihm das blutige Stilett,
das zum Glück noch kein andrer bemerkt hatte,
aus der schlaffen herunterhängenden Hand, ließ

Ding unrecht, und ſchimpfte etwas zu laut,
und in der gewohnten kraͤftigen Manier. Nach
einem kurzen heftigen Wortwechſel warf der
Lord ſeine Karte der Maske an den Kopf. Jch
befand mich an einem andern Ende des Saals
in einer Unterhaltung mit ein paar mir unber
kannten Masken, die mich neugierig machten,
weil ſie mich zu kennen ſchienen, wenigſtens
wußten ſie viel von mir; ploͤtzlich hoͤrte ich
Tumult, ſah Stilette blinken, die Maske ſank
nieder; in demſelben Moment kam der andre
Lord haſtig auf mich zu, nannte hoͤchſt unvor-
ſichtig meinen Namen laut, und rief mich ſei-
nem Landsmann zu Huͤlfe. Jch, noch unvor-
ſichtiger, folgte ihm hin. Man hatte dem
Niedergeſunknen die Maske abgenommen, man
erkannte den Sohn eines Nobile, er war todt.
Der Laͤrm nahm zu; der Lord hatte ganz den
Kopf verloren, bewegte ſich nicht von der
Stelle, und ließ das Gedraͤnge um ſich her
anwachſen. Jch riß ihm das blutige Stilett,
das zum Gluͤck noch kein andrer bemerkt hatte,
aus der ſchlaffen herunterhaͤngenden Hand, ließ

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0166" n="158"/>
Ding unrecht, und &#x017F;chimpfte etwas zu laut,<lb/>
und in der gewohnten kra&#x0364;ftigen Manier. Nach<lb/>
einem kurzen heftigen Wortwech&#x017F;el warf der<lb/>
Lord &#x017F;eine Karte der Maske an den Kopf. Jch<lb/>
befand mich an einem andern Ende des Saals<lb/>
in einer Unterhaltung mit ein paar mir unber<lb/>
kannten Masken, die mich neugierig machten,<lb/>
weil &#x017F;ie mich zu kennen &#x017F;chienen, wenig&#x017F;tens<lb/>
wußten &#x017F;ie viel von mir; plo&#x0364;tzlich ho&#x0364;rte ich<lb/>
Tumult, &#x017F;ah Stilette blinken, die Maske &#x017F;ank<lb/>
nieder; in dem&#x017F;elben Moment kam der andre<lb/>
Lord ha&#x017F;tig auf mich zu, nannte ho&#x0364;ch&#x017F;t unvor-<lb/>
&#x017F;ichtig meinen Namen laut, und rief mich &#x017F;ei-<lb/>
nem Landsmann zu Hu&#x0364;lfe. Jch, noch unvor-<lb/>
&#x017F;ichtiger, folgte ihm hin. Man hatte dem<lb/>
Niederge&#x017F;unknen die Maske abgenommen, man<lb/>
erkannte den Sohn eines Nobile, er war todt.<lb/>
Der La&#x0364;rm nahm zu; der Lord hatte ganz den<lb/>
Kopf verloren, bewegte &#x017F;ich nicht von der<lb/>
Stelle, und ließ das Gedra&#x0364;nge um &#x017F;ich her<lb/>
anwach&#x017F;en. Jch riß ihm das blutige Stilett,<lb/>
das zum Glu&#x0364;ck noch kein andrer bemerkt hatte,<lb/>
aus der &#x017F;chlaffen herunterha&#x0364;ngenden Hand, ließ<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0166] Ding unrecht, und ſchimpfte etwas zu laut, und in der gewohnten kraͤftigen Manier. Nach einem kurzen heftigen Wortwechſel warf der Lord ſeine Karte der Maske an den Kopf. Jch befand mich an einem andern Ende des Saals in einer Unterhaltung mit ein paar mir unber kannten Masken, die mich neugierig machten, weil ſie mich zu kennen ſchienen, wenigſtens wußten ſie viel von mir; ploͤtzlich hoͤrte ich Tumult, ſah Stilette blinken, die Maske ſank nieder; in demſelben Moment kam der andre Lord haſtig auf mich zu, nannte hoͤchſt unvor- ſichtig meinen Namen laut, und rief mich ſei- nem Landsmann zu Huͤlfe. Jch, noch unvor- ſichtiger, folgte ihm hin. Man hatte dem Niedergeſunknen die Maske abgenommen, man erkannte den Sohn eines Nobile, er war todt. Der Laͤrm nahm zu; der Lord hatte ganz den Kopf verloren, bewegte ſich nicht von der Stelle, und ließ das Gedraͤnge um ſich her anwachſen. Jch riß ihm das blutige Stilett, das zum Gluͤck noch kein andrer bemerkt hatte, aus der ſchlaffen herunterhaͤngenden Hand, ließ

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/166
Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/166>, abgerufen am 13.05.2024.