Ding unrecht, und schimpfte etwas zu laut, und in der gewohnten kräftigen Manier. Nach einem kurzen heftigen Wortwechsel warf der Lord seine Karte der Maske an den Kopf. Jch befand mich an einem andern Ende des Saals in einer Unterhaltung mit ein paar mir unber kannten Masken, die mich neugierig machten, weil sie mich zu kennen schienen, wenigstens wußten sie viel von mir; plötzlich hörte ich Tumult, sah Stilette blinken, die Maske sank nieder; in demselben Moment kam der andre Lord hastig auf mich zu, nannte höchst unvor- sichtig meinen Namen laut, und rief mich sei- nem Landsmann zu Hülfe. Jch, noch unvor- sichtiger, folgte ihm hin. Man hatte dem Niedergesunknen die Maske abgenommen, man erkannte den Sohn eines Nobile, er war todt. Der Lärm nahm zu; der Lord hatte ganz den Kopf verloren, bewegte sich nicht von der Stelle, und ließ das Gedränge um sich her anwachsen. Jch riß ihm das blutige Stilett, das zum Glück noch kein andrer bemerkt hatte, aus der schlaffen herunterhängenden Hand, ließ
Ding unrecht, und ſchimpfte etwas zu laut, und in der gewohnten kraͤftigen Manier. Nach einem kurzen heftigen Wortwechſel warf der Lord ſeine Karte der Maske an den Kopf. Jch befand mich an einem andern Ende des Saals in einer Unterhaltung mit ein paar mir unber kannten Masken, die mich neugierig machten, weil ſie mich zu kennen ſchienen, wenigſtens wußten ſie viel von mir; ploͤtzlich hoͤrte ich Tumult, ſah Stilette blinken, die Maske ſank nieder; in demſelben Moment kam der andre Lord haſtig auf mich zu, nannte hoͤchſt unvor- ſichtig meinen Namen laut, und rief mich ſei- nem Landsmann zu Huͤlfe. Jch, noch unvor- ſichtiger, folgte ihm hin. Man hatte dem Niedergeſunknen die Maske abgenommen, man erkannte den Sohn eines Nobile, er war todt. Der Laͤrm nahm zu; der Lord hatte ganz den Kopf verloren, bewegte ſich nicht von der Stelle, und ließ das Gedraͤnge um ſich her anwachſen. Jch riß ihm das blutige Stilett, das zum Gluͤck noch kein andrer bemerkt hatte, aus der ſchlaffen herunterhaͤngenden Hand, ließ
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Ding unrecht, und ſchimpfte etwas zu laut,
und in der gewohnten kraͤftigen Manier. Nach
einem kurzen heftigen Wortwechſel warf der
Lord ſeine Karte der Maske an den Kopf. Jch
befand mich an einem andern Ende des Saals
in einer Unterhaltung mit ein paar mir unber
kannten Masken, die mich neugierig machten,
weil ſie mich zu kennen ſchienen, wenigſtens
wußten ſie viel von mir; ploͤtzlich hoͤrte ich
Tumult, ſah Stilette blinken, die Maske ſank
nieder; in demſelben Moment kam der andre
Lord haſtig auf mich zu, nannte hoͤchſt unvor-
ſichtig meinen Namen laut, und rief mich ſei-
nem Landsmann zu Huͤlfe. Jch, noch unvor-
ſichtiger, folgte ihm hin. Man hatte dem
Niedergeſunknen die Maske abgenommen, man
erkannte den Sohn eines Nobile, er war todt.
Der Laͤrm nahm zu; der Lord hatte ganz den
Kopf verloren, bewegte ſich nicht von der
Stelle, und ließ das Gedraͤnge um ſich her
anwachſen. Jch riß ihm das blutige Stilett,
das zum Gluͤck noch kein andrer bemerkt hatte,
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/166>, abgerufen am 16.02.2025.
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