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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801.

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verhindern, daß Du schwer dafür büßest. Ein
einziges Mittel giebt es noch, Dich mit dem
Himmel |zu versöhnen. Entsage der Welt,
leb in Ruhe im Schooß der Kirche! -- Nim-
mer, nimmermehr, Mutter! rief ich in höch-
ster Bewegung. -- Nein? durchaus nicht?
Nun so fliehe, eile von hier weg, es ist das
einzige, was ich für Dich thun kann, wenn
ich Dich aufs schnellste entfliehen heiße, denn
hier bist Du jetzt keinen Augenblick in Sicher-
heit, mein Herz blutet für Dich, glaub mir
das! Hier, nimm diesen Beutel! Was er
enthält, ist alles, was Du jemals von mir
zu erwarten hast. Dein weiteres Fortkom-
men bleibt Dir selbst überlassen; Du hast Dir
ein müh- und sorgenvolles Leben erwählt, nun
mußt Du es tragen. Du wirst kümmerlich
darben müssen in der Welt; in der heiligen
Zurückgezogenheit, hättest du weltliche Noth
nie gekannt. -- Davon nichts mehr, Mut-
ter! ich will gehen, gleich gehen! Nur ein
Wort noch! Jst es möglich, daß Sie selbst
meiner schwachen Schwester zureden konnten,

verhindern, daß Du ſchwer dafuͤr buͤßeſt. Ein
einziges Mittel giebt es noch, Dich mit dem
Himmel |zu verſoͤhnen. Entſage der Welt,
leb in Ruhe im Schooß der Kirche! — Nim-
mer, nimmermehr, Mutter! rief ich in hoͤch-
ſter Bewegung. — Nein? durchaus nicht?
Nun ſo fliehe, eile von hier weg, es iſt das
einzige, was ich fuͤr Dich thun kann, wenn
ich Dich aufs ſchnellſte entfliehen heiße, denn
hier biſt Du jetzt keinen Augenblick in Sicher-
heit, mein Herz blutet fuͤr Dich, glaub mir
das! Hier, nimm dieſen Beutel! Was er
enthaͤlt, iſt alles, was Du jemals von mir
zu erwarten haſt. Dein weiteres Fortkom-
men bleibt Dir ſelbſt uͤberlaſſen; Du haſt Dir
ein muͤh- und ſorgenvolles Leben erwaͤhlt, nun
mußt Du es tragen. Du wirſt kuͤmmerlich
darben muͤſſen in der Welt; in der heiligen
Zuruͤckgezogenheit, haͤtteſt du weltliche Noth
nie gekannt. — Davon nichts mehr, Mut-
ter! ich will gehen, gleich gehen! Nur ein
Wort noch! Jſt es moͤglich, daß Sie ſelbſt
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[144/0152] verhindern, daß Du ſchwer dafuͤr buͤßeſt. Ein einziges Mittel giebt es noch, Dich mit dem Himmel |zu verſoͤhnen. Entſage der Welt, leb in Ruhe im Schooß der Kirche! — Nim- mer, nimmermehr, Mutter! rief ich in hoͤch- ſter Bewegung. — Nein? durchaus nicht? Nun ſo fliehe, eile von hier weg, es iſt das einzige, was ich fuͤr Dich thun kann, wenn ich Dich aufs ſchnellſte entfliehen heiße, denn hier biſt Du jetzt keinen Augenblick in Sicher- heit, mein Herz blutet fuͤr Dich, glaub mir das! Hier, nimm dieſen Beutel! Was er enthaͤlt, iſt alles, was Du jemals von mir zu erwarten haſt. Dein weiteres Fortkom- men bleibt Dir ſelbſt uͤberlaſſen; Du haſt Dir ein muͤh- und ſorgenvolles Leben erwaͤhlt, nun mußt Du es tragen. Du wirſt kuͤmmerlich darben muͤſſen in der Welt; in der heiligen Zuruͤckgezogenheit, haͤtteſt du weltliche Noth nie gekannt. — Davon nichts mehr, Mut- ter! ich will gehen, gleich gehen! Nur ein Wort noch! Jſt es moͤglich, daß Sie ſelbſt meiner ſchwachen Schweſter zureden konnten,

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Zitationshilfe: Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/152>, abgerufen am 13.05.2024.