ger das Schicksal aller Jünglinge ist, nur wirkt diese Allgemeinheit verschieden auf die verschiedenen Gemüther. -- Ja wohl, aber eben das ist es, sagte Florentin, daß es grade auf mich so und nicht anders wirken mußte! Jst denn diese Verschiedenheit nicht eigentliches das Schicksal zu nennen, als die äußern Be- gebenheiten? -- Juliane unterbrach ihn: O lieber Florentin, nur einige von Jhren Erfah- rungen, wie Sie sie nennen, erzählen Sie noch, ich bin sehr begierig zu hören, wie man Sie so oft hat zum Besten haben können, man muß es doch eigen angefangen haben. -- Auf die einfachste Weise von der Welt, das sollen Sie hören.
Manfredi und ich waren unzertrennlich während unfers Aufenthalts auf der Akademie: noch liebe ich ihn immer herzlich, und ich wünschte wohl, wir träfen noch einmal im Le- ben zusammen, wir waren uns gewiß ächte Freunde, obgleich wir, dem Aeußern nach, eben nicht für einander paßten: ich war immer wild, ausgelassen, einigermaßen tollkühn und
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ger das Schickſal aller Juͤnglinge iſt, nur wirkt dieſe Allgemeinheit verſchieden auf die verſchiedenen Gemuͤther. — Ja wohl, aber eben das iſt es, ſagte Florentin, daß es grade auf mich ſo und nicht anders wirken mußte! Jſt denn dieſe Verſchiedenheit nicht eigentliches das Schickſal zu nennen, als die aͤußern Be- gebenheiten? — Juliane unterbrach ihn: O lieber Florentin, nur einige von Jhren Erfah- rungen, wie Sie ſie nennen, erzaͤhlen Sie noch, ich bin ſehr begierig zu hoͤren, wie man Sie ſo oft hat zum Beſten haben koͤnnen, man muß es doch eigen angefangen haben. — Auf die einfachſte Weiſe von der Welt, das ſollen Sie hoͤren.
Manfredi und ich waren unzertrennlich waͤhrend unfers Aufenthalts auf der Akademie: noch liebe ich ihn immer herzlich, und ich wuͤnſchte wohl, wir traͤfen noch einmal im Le- ben zuſammen, wir waren uns gewiß aͤchte Freunde, obgleich wir, dem Aeußern nach, eben nicht fuͤr einander paßten: ich war immer wild, ausgelaſſen, einigermaßen tollkuͤhn und
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ger das Schickſal aller Juͤnglinge iſt, nur
wirkt dieſe Allgemeinheit verſchieden auf die
verſchiedenen Gemuͤther. — Ja wohl, aber
eben das iſt es, ſagte Florentin, daß es grade
auf mich ſo und nicht anders wirken mußte!
Jſt denn dieſe Verſchiedenheit nicht eigentliches
das Schickſal zu nennen, als die aͤußern Be-
gebenheiten? — Juliane unterbrach ihn: O
lieber Florentin, nur einige von Jhren Erfah-
rungen, wie Sie ſie nennen, erzaͤhlen Sie
noch, ich bin ſehr begierig zu hoͤren, wie man
Sie ſo oft hat zum Beſten haben koͤnnen,
man muß es doch eigen angefangen haben. —
Auf die einfachſte Weiſe von der Welt, das
ſollen Sie hoͤren.
Manfredi und ich waren unzertrennlich
waͤhrend unfers Aufenthalts auf der Akademie:
noch liebe ich ihn immer herzlich, und ich
wuͤnſchte wohl, wir traͤfen noch einmal im Le-
ben zuſammen, wir waren uns gewiß aͤchte
Freunde, obgleich wir, dem Aeußern nach, eben
nicht fuͤr einander paßten: ich war immer
wild, ausgelaſſen, einigermaßen tollkuͤhn und
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/139>, abgerufen am 28.11.2024.
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