Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

in der Hand. Es wird still. "Sehen Sie, meine Herren, ich
habe Schuh; aber jetzt hab' ich sie erst bekommen, und nun
kann ich sie nicht anziehen, sie sind zu eng!" Applaudirt.
Das Stück geht an. Nun komme ich. "Ich habe fein Pa-
pier, aber ich kann nicht darauf schreiben." Applaudiren Sie
mich: ich habe die Schuh in der Hand: ich schicke Ihnen das
feine Papier; hier ist's! Sur cela je vous dis le bon jour;
je vous embrasse!
Mit der alten Liebe!

Ihre treue alte
Fr. V.


Milder als Mairegen sind Kinderküsse. Rosenduft, Nach-
tigallton, Lerchenwirbel, -- Goethe hört's nicht mehr. Ein
großer Zeuge fehlt. --




An Karl Schall.


Da unsre Urtheile über Kunstleistungen so oft übereinstim-
men; und dem sittliche Motive und Einsichten immer zu Grunde
liegen, so schicke ich Ihnen die zwei Hefte. Lesen Sie darin
"aus den Denkblättern einer Berlinerin." Als Fouque dies
Journälchen anfing, drang er sehr in V., ihm etwas dafür
zu geben: der fragte mich, ob ich wohl diese Sprüche dazu
benutzen lassen wollte: ich fand nichts dagegen; manches da-
für. Sie werden sehn, in wie verschiedenen Zeiten sie aufge-
zeichnet sind: dicke große Hefte existiren noch so, das Meiste

in der Hand. Es wird ſtill. „Sehen Sie, meine Herren, ich
habe Schuh; aber jetzt hab’ ich ſie erſt bekommen, und nun
kann ich ſie nicht anziehen, ſie ſind zu eng!“ Applaudirt.
Das Stück geht an. Nun komme ich. „Ich habe fein Pa-
pier, aber ich kann nicht darauf ſchreiben.“ Applaudiren Sie
mich: ich habe die Schuh in der Hand: ich ſchicke Ihnen das
feine Papier; hier iſt’s! Sur cela je vous dis le bon jour;
je vous embrasse!
Mit der alten Liebe!

Ihre treue alte
Fr. V.


Milder als Mairegen ſind Kinderküſſe. Roſenduft, Nach-
tigallton, Lerchenwirbel, — Goethe hört’s nicht mehr. Ein
großer Zeuge fehlt. —




An Karl Schall.


Da unſre Urtheile über Kunſtleiſtungen ſo oft übereinſtim-
men; und dem ſittliche Motive und Einſichten immer zu Grunde
liegen, ſo ſchicke ich Ihnen die zwei Hefte. Leſen Sie darin
„aus den Denkblättern einer Berlinerin.“ Als Fouqué dies
Journälchen anfing, drang er ſehr in V., ihm etwas dafür
zu geben: der fragte mich, ob ich wohl dieſe Sprüche dazu
benutzen laſſen wollte: ich fand nichts dagegen; manches da-
für. Sie werden ſehn, in wie verſchiedenen Zeiten ſie aufge-
zeichnet ſind: dicke große Hefte exiſtiren noch ſo, das Meiſte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0581" n="573"/>
in der Hand. Es wird &#x017F;till. &#x201E;Sehen Sie, meine Herren, ich<lb/><hi rendition="#g">habe</hi> Schuh; aber jetzt hab&#x2019; ich &#x017F;ie er&#x017F;t bekommen, und nun<lb/>
kann ich &#x017F;ie nicht anziehen, &#x017F;ie &#x017F;ind zu eng!&#x201C; Applaudirt.<lb/>
Das Stück geht an. Nun komme ich. &#x201E;Ich <hi rendition="#g">habe</hi> fein Pa-<lb/>
pier, aber ich kann nicht darauf &#x017F;chreiben.&#x201C; Applaudiren Sie<lb/>
mich: ich habe die Schuh in der Hand: ich &#x017F;chicke Ihnen das<lb/>
feine Papier; hier i&#x017F;t&#x2019;s! <hi rendition="#aq">Sur cela je vous dis le bon jour;<lb/>
je vous embrasse!</hi> Mit der alten Liebe!</p>
            <closer>
              <salute>Ihre treue alte<lb/><hi rendition="#et">Fr. V.</hi></salute>
            </closer>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <p>Milder als Mairegen &#x017F;ind Kinderkü&#x017F;&#x017F;e. Ro&#x017F;enduft, Nach-<lb/>
tigallton, Lerchenwirbel, &#x2014; Goethe hört&#x2019;s nicht mehr. Ein<lb/>
großer Zeuge fehlt. &#x2014;</p><lb/>
            <dateline> <hi rendition="#et">Sommer 1832.</hi> </dateline>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>An Karl Schall.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Donnerstag, den 7. Juni 1832.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Da un&#x017F;re Urtheile über Kun&#x017F;tlei&#x017F;tungen &#x017F;o oft überein&#x017F;tim-<lb/>
men; und dem &#x017F;ittliche Motive und Ein&#x017F;ichten immer zu Grunde<lb/>
liegen, &#x017F;o &#x017F;chicke ich Ihnen die zwei Hefte. Le&#x017F;en Sie darin<lb/>
&#x201E;aus den Denkblättern einer Berlinerin.&#x201C; Als Fouqu<hi rendition="#aq">é</hi> dies<lb/>
Journälchen anfing, drang er &#x017F;ehr in V., ihm etwas dafür<lb/>
zu geben: der fragte mich, ob ich wohl die&#x017F;e Sprüche dazu<lb/>
benutzen la&#x017F;&#x017F;en wollte: ich fand nichts dagegen; manches da-<lb/>
für. Sie werden &#x017F;ehn, in wie ver&#x017F;chiedenen Zeiten &#x017F;ie aufge-<lb/>
zeichnet &#x017F;ind: dicke große Hefte exi&#x017F;tiren noch &#x017F;o, das Mei&#x017F;te<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[573/0581] in der Hand. Es wird ſtill. „Sehen Sie, meine Herren, ich habe Schuh; aber jetzt hab’ ich ſie erſt bekommen, und nun kann ich ſie nicht anziehen, ſie ſind zu eng!“ Applaudirt. Das Stück geht an. Nun komme ich. „Ich habe fein Pa- pier, aber ich kann nicht darauf ſchreiben.“ Applaudiren Sie mich: ich habe die Schuh in der Hand: ich ſchicke Ihnen das feine Papier; hier iſt’s! Sur cela je vous dis le bon jour; je vous embrasse! Mit der alten Liebe! Ihre treue alte Fr. V. Milder als Mairegen ſind Kinderküſſe. Roſenduft, Nach- tigallton, Lerchenwirbel, — Goethe hört’s nicht mehr. Ein großer Zeuge fehlt. — Sommer 1832. An Karl Schall. Donnerstag, den 7. Juni 1832. Da unſre Urtheile über Kunſtleiſtungen ſo oft übereinſtim- men; und dem ſittliche Motive und Einſichten immer zu Grunde liegen, ſo ſchicke ich Ihnen die zwei Hefte. Leſen Sie darin „aus den Denkblättern einer Berlinerin.“ Als Fouqué dies Journälchen anfing, drang er ſehr in V., ihm etwas dafür zu geben: der fragte mich, ob ich wohl dieſe Sprüche dazu benutzen laſſen wollte: ich fand nichts dagegen; manches da- für. Sie werden ſehn, in wie verſchiedenen Zeiten ſie aufge- zeichnet ſind: dicke große Hefte exiſtiren noch ſo, das Meiſte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/581
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/581>, abgerufen am 01.11.2024.