und sie mir erstatten lassen. Nun gratulire ich nochmal zur Reise, zu Baden; und empfehle mich.
Varnh. grüßt schön. Wir sprachen immer von euch -- ich sehe so oft euer Haus -- und ausgemacht blieb ihm, und durch ihn, daß du ja jeden Augenblick wiederkommen kannst, und sollst. Es sei kein Dementi; es sei ein Glück, Orte nach Belieben wechseln; ganz ohne Rechenschaft an An- dre. Scheue nur die Kosten nicht: es sind keine. Beim Jo- chid. Du weißt schon. --
Ich schreibe im Salon, wo wir immer Thee trinken. Alle Meubel stehn ganz ruhig, und weinen nicht. -- Wenn man mich nicht grade ärgert, bin ich ganz vergnügt.
An Frau von Sun Sun.
Mittwoch, den 10. August 1831.
Theure Frau von **! Ich brauche zu dem freudigen ge- nußreichen "Anerkenntniß Ihrer" keine "selbstverlängnende Großmuth!" Wenn ich Sie aber zur Entwickelung Ihrer Anlagen, und Ideen gereizt habe, so ist mir nur immer wenn dies ausbleibt verwunderlich, und der immer neu unerwartete Beweis, daß der, mit dem ich umgehe, keine Anlagen, keine Ideen zum Leben hat: bei Ihnen erwartete ich aber das, was Sie mir sagen: für welche Äußerung ich erfreut danke! -- und war dessen gewiß. Im wirklichen Umgang ist dies ge- genseitig; und für diese Seltenheit, die es so leicht nicht sein könnte, hielt ich den unsren. Daß Sie mich aber nicht mehr
sehn
und ſie mir erſtatten laſſen. Nun gratulire ich nochmal zur Reiſe, zu Baden; und empfehle mich.
Varnh. grüßt ſchön. Wir ſprachen immer von euch — ich ſehe ſo oft euer Haus — und ausgemacht blieb ihm, und durch ihn, daß du ja jeden Augenblick wiederkommen kannſt, und ſollſt. Es ſei kein Dementi; es ſei ein Glück, Orte nach Belieben wechſeln; ganz ohne Rechenſchaft an An- dre. Scheue nur die Koſten nicht: es ſind keine. Beim Jo- chid. Du weißt ſchon. —
Ich ſchreibe im Salon, wo wir immer Thee trinken. Alle Meubel ſtehn ganz ruhig, und weinen nicht. — Wenn man mich nicht grade ärgert, bin ich ganz vergnügt.
An Frau von ☉ ☉.
Mittwoch, den 10. Auguſt 1831.
Theure Frau von **! Ich brauche zu dem freudigen ge- nußreichen „Anerkenntniß Ihrer“ keine „ſelbſtverlängnende Großmuth!“ Wenn ich Sie aber zur Entwickelung Ihrer Anlagen, und Ideen gereizt habe, ſo iſt mir nur immer wenn dies ausbleibt verwunderlich, und der immer neu unerwartete Beweis, daß der, mit dem ich umgehe, keine Anlagen, keine Ideen zum Leben hat: bei Ihnen erwartete ich aber das, was Sie mir ſagen: für welche Äußerung ich erfreut danke! — und war deſſen gewiß. Im wirklichen Umgang iſt dies ge- genſeitig; und für dieſe Seltenheit, die es ſo leicht nicht ſein könnte, hielt ich den unſren. Daß Sie mich aber nicht mehr
ſehn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0520"n="512"/>
und ſie mir erſtatten laſſen. Nun gratulire ich nochmal zur<lb/>
Reiſe, zu Baden; und empfehle mich.</p><lb/><p>Varnh. grüßt ſchön. Wir ſprachen immer von euch —<lb/>
ich ſehe ſo oft euer Haus — und ausgemacht blieb ihm,<lb/>
und durch ihn, daß du ja jeden Augenblick wiederkommen<lb/>
kannſt, und ſollſt. Es <hirendition="#g">ſei</hi> kein Dementi; es ſei ein <hirendition="#g">Glück</hi>,<lb/>
Orte nach Belieben wechſeln; ganz ohne Rechenſchaft an An-<lb/>
dre. Scheue nur die Koſten nicht: es ſind keine. Beim Jo-<lb/>
chid. Du weißt ſchon. —</p><lb/><p>Ich ſchreibe im Salon, wo wir immer Thee trinken. Alle<lb/>
Meubel ſtehn ganz ruhig, und weinen nicht. — Wenn man<lb/>
mich nicht grade ärgert, bin ich ganz vergnügt.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>An Frau von ☉☉.</head><lb/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Mittwoch, den 10. Auguſt 1831.</hi></dateline><lb/><p>Theure Frau von **! Ich brauche zu dem freudigen ge-<lb/>
nußreichen „Anerkenntniß Ihrer“ keine „ſelbſtverlängnende<lb/>
Großmuth!“ Wenn ich Sie aber zur Entwickelung Ihrer<lb/>
Anlagen, und Ideen gereizt habe, ſo iſt mir nur immer wenn<lb/>
dies ausbleibt verwunderlich, und der immer neu unerwartete<lb/>
Beweis, daß der, mit dem ich umgehe, keine Anlagen, keine<lb/>
Ideen zum Leben hat: bei Ihnen erwartete ich aber das, was<lb/>
Sie mir ſagen: für welche Äußerung ich erfreut danke! —<lb/>
und war deſſen gewiß. Im wirklichen Umgang iſt dies ge-<lb/>
genſeitig; und für dieſe Seltenheit, die es ſo leicht <hirendition="#g">nicht</hi>ſein<lb/>
könnte, hielt ich den unſren. Daß Sie mich aber nicht mehr<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſehn</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[512/0520]
und ſie mir erſtatten laſſen. Nun gratulire ich nochmal zur
Reiſe, zu Baden; und empfehle mich.
Varnh. grüßt ſchön. Wir ſprachen immer von euch —
ich ſehe ſo oft euer Haus — und ausgemacht blieb ihm,
und durch ihn, daß du ja jeden Augenblick wiederkommen
kannſt, und ſollſt. Es ſei kein Dementi; es ſei ein Glück,
Orte nach Belieben wechſeln; ganz ohne Rechenſchaft an An-
dre. Scheue nur die Koſten nicht: es ſind keine. Beim Jo-
chid. Du weißt ſchon. —
Ich ſchreibe im Salon, wo wir immer Thee trinken. Alle
Meubel ſtehn ganz ruhig, und weinen nicht. — Wenn man
mich nicht grade ärgert, bin ich ganz vergnügt.
An Frau von ☉ ☉.
Mittwoch, den 10. Auguſt 1831.
Theure Frau von **! Ich brauche zu dem freudigen ge-
nußreichen „Anerkenntniß Ihrer“ keine „ſelbſtverlängnende
Großmuth!“ Wenn ich Sie aber zur Entwickelung Ihrer
Anlagen, und Ideen gereizt habe, ſo iſt mir nur immer wenn
dies ausbleibt verwunderlich, und der immer neu unerwartete
Beweis, daß der, mit dem ich umgehe, keine Anlagen, keine
Ideen zum Leben hat: bei Ihnen erwartete ich aber das, was
Sie mir ſagen: für welche Äußerung ich erfreut danke! —
und war deſſen gewiß. Im wirklichen Umgang iſt dies ge-
genſeitig; und für dieſe Seltenheit, die es ſo leicht nicht ſein
könnte, hielt ich den unſren. Daß Sie mich aber nicht mehr
ſehn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/520>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.