dankte dafür: ja! Moritz dankte; aber nicht nur aus Ce- remonie; ganz satisfaisirt, aus Ernst. Willisen übertraf sich mit Sprechen, Heiterkeit und Biegsamkeit. Ernestinens Schwei- gen ängstigt nicht: man sieht Theilnahme und Bescheidenheit; und zum Sinn gewordenen bon goaut möchte man fast fälsch- lich sagen; da es doch eigentlich nur umgekehrt hergehn kann. Rika führte sich sehr gut auf; und war schön. (Jetzt steht das Kind auf einer Hütsche, und schreibt an dich: "Ich schreibe ihm seinen selben Brief." -- Was denn? -- Lächelnd: "Er soll Bombom mitbringen. Kann er's auch lesen?" -- Ich werd's dabeischreiben. -- "Nein, nein, ich will's dabeischrei- ben. Du sollst mir Äpfel schrapen mit Dore." -- Ich muß schreiben. -- Lächelnd: "Dore soll schreiben." -- Ich habe doch den Apfel geschrapt! Elise tobend und lachend auf meinem Schrank, spielt Ball mit Doren; so vergnügt! "Er soll bald wieder kommen!" schreit sie mir zu.) Ich ordnete alle Sitze. -- Denk dir, daß Bettine beim Weggehen zu uns sagte, an mich gerichtet: "Bei Ihnen muß es so schön gewesen sein in Ih- rem Haus; mit den witzigen, gescheidten Brüdern, Sie müs- sen sich da sehr gut unterhalten haben;" "Sie sind recht glücklich," fing es an. Und das im benignesten, unschuldig- sten Ton. -- Du weißt, daß ich, in fast umgekehrtem Sinn, Clemens nach ihrer Kinderstube fragte. Bettine (der Merk- würdigkeit wegen!) behandelt mich komplet mit der Zartheit, und Zuthunlichkeit, als hätte sie Respekt vor mir; nicht weil ich dergleichen heische, noch gewohnt bin, sondern umgekehrt, bemerke ich es dir; und mir, weil es sich mir aufdringt. -- Du weißt, wie ich sie liebe; und überheben thue ich mich in
dankte dafür: ja! Moritz dankte; aber nicht nur aus Ce- remonie; ganz ſatisfaiſirt, aus Ernſt. Williſen übertraf ſich mit Sprechen, Heiterkeit und Biegſamkeit. Erneſtinens Schwei- gen ängſtigt nicht: man ſieht Theilnahme und Beſcheidenheit; und zum Sinn gewordenen bon goût möchte man faſt fälſch- lich ſagen; da es doch eigentlich nur umgekehrt hergehn kann. Rika führte ſich ſehr gut auf; und war ſchön. (Jetzt ſteht das Kind auf einer Hütſche, und ſchreibt an dich: „Ich ſchreibe ihm ſeinen ſelben Brief.“ — Was denn? — Lächelnd: „Er ſoll Bombom mitbringen. Kann er’s auch leſen?“ — Ich werd’s dabeiſchreiben. — „Nein, nein, ich will’s dabeiſchrei- ben. Du ſollſt mir Äpfel ſchrapen mit Dore.“ — Ich muß ſchreiben. — Lächelnd: „Dore ſoll ſchreiben.“ — Ich habe doch den Apfel geſchrapt! Eliſe tobend und lachend auf meinem Schrank, ſpielt Ball mit Doren; ſo vergnügt! „Er ſoll bald wieder kommen!“ ſchreit ſie mir zu.) Ich ordnete alle Sitze. — Denk dir, daß Bettine beim Weggehen zu uns ſagte, an mich gerichtet: „Bei Ihnen muß es ſo ſchön geweſen ſein in Ih- rem Haus; mit den witzigen, geſcheidten Brüdern, Sie müſ- ſen ſich da ſehr gut unterhalten haben;“ „Sie ſind recht glücklich,“ fing es an. Und das im benigneſten, unſchuldig- ſten Ton. — Du weißt, daß ich, in faſt umgekehrtem Sinn, Clemens nach ihrer Kinderſtube fragte. Bettine (der Merk- würdigkeit wegen!) behandelt mich komplet mit der Zartheit, und Zuthunlichkeit, als hätte ſie Reſpekt vor mir; nicht weil ich dergleichen heiſche, noch gewohnt bin, ſondern umgekehrt, bemerke ich es dir; und mir, weil es ſich mir aufdringt. — Du weißt, wie ich ſie liebe; und überheben thue ich mich in
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gen ängſtigt nicht: man ſieht Theilnahme und Beſcheidenheit;
und zum Sinn gewordenen bon goût möchte man faſt fälſch-
lich ſagen; da es doch eigentlich nur umgekehrt hergehn kann.
Rika führte ſich ſehr gut auf; und war ſchön. (Jetzt ſteht
das Kind auf einer Hütſche, und ſchreibt an dich: „Ich ſchreibe
ihm ſeinen ſelben Brief.“ — Was denn? — Lächelnd: „Er
ſoll Bombom mitbringen. Kann er’s auch leſen?“ — Ich
werd’s dabeiſchreiben. — „Nein, nein, ich will’s dabeiſchrei-
ben. Du ſollſt mir Äpfel ſchrapen mit Dore.“ — Ich muß
ſchreiben. — Lächelnd: „Dore ſoll ſchreiben.“ — Ich habe doch
den Apfel geſchrapt! Eliſe tobend und lachend auf meinem
Schrank, ſpielt Ball mit Doren; ſo vergnügt! „Er ſoll bald
wieder kommen!“ ſchreit ſie mir zu.) Ich ordnete alle Sitze.
— Denk dir, daß Bettine beim Weggehen zu uns ſagte, an
mich gerichtet: „Bei Ihnen muß es ſo ſchön geweſen ſein in Ih-
rem Haus; mit den witzigen, geſcheidten Brüdern, Sie müſ-
ſen ſich da ſehr gut unterhalten haben;“ „Sie ſind recht
glücklich,“ fing es an. Und das im benigneſten, unſchuldig-
ſten Ton. — Du weißt, daß ich, in faſt umgekehrtem Sinn,
Clemens nach ihrer Kinderſtube fragte. Bettine (der Merk-
würdigkeit wegen!) behandelt mich komplet mit der Zartheit,
und Zuthunlichkeit, als hätte ſie Reſpekt vor mir; nicht weil
ich dergleichen heiſche, noch gewohnt bin, ſondern umgekehrt,
bemerke ich es dir; und mir, weil es ſich mir aufdringt. —
Du weißt, wie ich ſie liebe; und überheben thue ich mich in
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/378>, abgerufen am 22.12.2024.
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