schicken, das bin ich gewiß. Alles andere -- wird schon etwas clabaudage; und ging sie nicht an Leib und Leben, so beküm- merte man sich nicht mehr drum, und sie ennuyirte weniger. Eines wundert mich aber immer ganz von neuem: wieso grade die faiseurs in der Welt, das Ganze so wenig aus dem Ganzen ansehen. Bringt das die Verlegenheit des Handelns mit sich? -- Von mir weiß ich Ihnen nichts zu sagen. -- Berlin ken- nen Sie: es steht nicht still: es läuft aber immer in derselben Richtung. --
An Frau von R., in Rom.
Berlin, den 9. Juni 1820.
Wo ich seit dem 11. Oktober bin, und warte.
Tausend Grüße! Unzählige bringt Ihnen, verehrte, liebe, theure Freundin, dieser Brief!! Möge er Ihnen all die Sehn- sucht nach Ihrem Umgang, nach dem stillen, sichern, muntern Zusammensein mit Ihnen, ausdrücken können; dem einzigen, welches man ertragen kann, das einzige, welches man sich wünschen muß. Wo Geist, Güte, Witz, Nachsicht, gute Laune, Wahrhaftigkeit und prahllose Treue regieren, und beleben. Das fand ich in Ihrer Familie: niemand kann dies leiden- schaftlicher im Herzen tragen; niemand stäter, herber vermis- sen, als ich. Das muß ich Ihnen sagen: wie ein Liebender nicht ruht, bis er seine süße Wunde vertraute. Bald nach dem harten Schlag, Ihrer Abreise, den 22. Juli erfuhr ich, daß auch ich nicht in Karlsruhe bleiben dürfte, Sie dort wie- der zu erwarten. Getroffen von diesem Gewitterschlag, fand
ſchicken, das bin ich gewiß. Alles andere — wird ſchon etwas clabaudage; und ging ſie nicht an Leib und Leben, ſo beküm- merte man ſich nicht mehr drum, und ſie ennuyirte weniger. Eines wundert mich aber immer ganz von neuem: wieſo grade die faiseurs in der Welt, das Ganze ſo wenig aus dem Ganzen anſehen. Bringt das die Verlegenheit des Handelns mit ſich? — Von mir weiß ich Ihnen nichts zu ſagen. — Berlin ken- nen Sie: es ſteht nicht ſtill: es läuft aber immer in derſelben Richtung. —
An Frau von R., in Rom.
Berlin, den 9. Juni 1820.
Wo ich ſeit dem 11. Oktober bin, und warte.
Tauſend Grüße! Unzählige bringt Ihnen, verehrte, liebe, theure Freundin, dieſer Brief!! Möge er Ihnen all die Sehn- ſucht nach Ihrem Umgang, nach dem ſtillen, ſichern, muntern Zuſammenſein mit Ihnen, ausdrücken können; dem einzigen, welches man ertragen kann, das einzige, welches man ſich wünſchen muß. Wo Geiſt, Güte, Witz, Nachſicht, gute Laune, Wahrhaftigkeit und prahlloſe Treue regieren, und beleben. Das fand ich in Ihrer Familie: niemand kann dies leiden- ſchaftlicher im Herzen tragen; niemand ſtäter, herber vermiſ- ſen, als ich. Das muß ich Ihnen ſagen: wie ein Liebender nicht ruht, bis er ſeine ſüße Wunde vertraute. Bald nach dem harten Schlag, Ihrer Abreiſe, den 22. Juli erfuhr ich, daß auch ich nicht in Karlsruhe bleiben dürfte, Sie dort wie- der zu erwarten. Getroffen von dieſem Gewitterſchlag, fand
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ſchicken, das bin ich gewiß. Alles andere — wird ſchon etwas
clabaudage; und ging ſie nicht an Leib und Leben, ſo beküm-
merte man ſich nicht mehr drum, und ſie ennuyirte weniger.
Eines wundert mich aber immer ganz von neuem: wieſo grade
die faiseurs in der Welt, das Ganze ſo wenig aus dem Ganzen
anſehen. Bringt das die Verlegenheit des Handelns mit ſich?
— Von mir weiß ich Ihnen nichts zu ſagen. — Berlin ken-
nen Sie: es ſteht nicht ſtill: es läuft aber immer in derſelben
Richtung. —
An Frau von R., in Rom.
Berlin, den 9. Juni 1820.
Wo ich ſeit dem 11. Oktober bin, und warte.
Tauſend Grüße! Unzählige bringt Ihnen, verehrte, liebe,
theure Freundin, dieſer Brief!! Möge er Ihnen all die Sehn-
ſucht nach Ihrem Umgang, nach dem ſtillen, ſichern, muntern
Zuſammenſein mit Ihnen, ausdrücken können; dem einzigen,
welches man ertragen kann, das einzige, welches man ſich
wünſchen muß. Wo Geiſt, Güte, Witz, Nachſicht, gute Laune,
Wahrhaftigkeit und prahlloſe Treue regieren, und beleben.
Das fand ich in Ihrer Familie: niemand kann dies leiden-
ſchaftlicher im Herzen tragen; niemand ſtäter, herber vermiſ-
ſen, als ich. Das muß ich Ihnen ſagen: wie ein Liebender
nicht ruht, bis er ſeine ſüße Wunde vertraute. Bald nach
dem harten Schlag, Ihrer Abreiſe, den 22. Juli erfuhr ich,
daß auch ich nicht in Karlsruhe bleiben dürfte, Sie dort wie-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/29>, abgerufen am 27.11.2024.
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