züge mit unserer neuen Prinzeß. Davon werden dir wohl die Andern berichten: ich werde das alles zu Hause abwarten. Die schöne liebe Prinzeß kenne ich schon, und werde sie schon noch ohne Zug und Wind sehn. Einzüge sah ich bei der Kö- nigin, Prinzeß Louis und Prinzeß Wilhelm. Man muß An- dern den Platz lassen! -- Ich bin sehr betrübt, theure Rose, daß du Freunde durch den Tod verloren hast; und durch den halben Tod, durch Entfernung. Man bekommt sie nicht so schnell wieder; d. h. so leicht, wenn man über fünfzehn Jahr hinaus ist; oder vielmehr nur zu leicht, weil man nicht mehr glaubt, einen Schatz für's Leben zu finden. -- Auch ich habe eine Freundin verloren, und du wirst vielleicht verwundert sein, wenn ich dir sage, daß es die Prinzessin Amelie von Baden ist, von der ich dir vielleicht niemals geredet habe! -- Eine in vielem Betracht sehr ausgezeichnete Person; ein tiefes Ge- müth; eine Bescheidenheit, die ihr Schaden that; sehr unter- richtet; ein frommes Herz; ein heller Geist; und ein unerschöpf- liches Verlangen zu wissen; sehr wenige und nur liebenswürdige Vorurtheile; immer bereit, sich durch neue Untersuchung zu läutern; der Freundschaft fähig; sie habend und aufsuchend in jedem Stande; gütig gegen ihre Dienerschaft; ein Schatz und ein Trost für ihre Familie, besonders ihrer Mutter und ihrer Schwester der Kaiserin Elisabeth innig ergeben. Ich sah sie viel in Karlsruhe; und jetzt, da ich sie unwiderruflich ver- loren habe, fühl' ich doppelt, was sie gewesen ist! --
züge mit unſerer neuen Prinzeß. Davon werden dir wohl die Andern berichten: ich werde das alles zu Hauſe abwarten. Die ſchöne liebe Prinzeß kenne ich ſchon, und werde ſie ſchon noch ohne Zug und Wind ſehn. Einzüge ſah ich bei der Kö- nigin, Prinzeß Louis und Prinzeß Wilhelm. Man muß An- dern den Platz laſſen! — Ich bin ſehr betrübt, theure Roſe, daß du Freunde durch den Tod verloren haſt; und durch den halben Tod, durch Entfernung. Man bekommt ſie nicht ſo ſchnell wieder; d. h. ſo leicht, wenn man über fünfzehn Jahr hinaus iſt; oder vielmehr nur zu leicht, weil man nicht mehr glaubt, einen Schatz für’s Leben zu finden. — Auch ich habe eine Freundin verloren, und du wirſt vielleicht verwundert ſein, wenn ich dir ſage, daß es die Prinzeſſin Amélie von Baden iſt, von der ich dir vielleicht niemals geredet habe! — Eine in vielem Betracht ſehr ausgezeichnete Perſon; ein tiefes Ge- müth; eine Beſcheidenheit, die ihr Schaden that; ſehr unter- richtet; ein frommes Herz; ein heller Geiſt; und ein unerſchöpf- liches Verlangen zu wiſſen; ſehr wenige und nur liebenswürdige Vorurtheile; immer bereit, ſich durch neue Unterſuchung zu läutern; der Freundſchaft fähig; ſie habend und aufſuchend in jedem Stande; gütig gegen ihre Dienerſchaft; ein Schatz und ein Troſt für ihre Familie, beſonders ihrer Mutter und ihrer Schweſter der Kaiſerin Eliſabeth innig ergeben. Ich ſah ſie viel in Karlsruhe; und jetzt, da ich ſie unwiderruflich ver- loren habe, fühl’ ich doppelt, was ſie geweſen iſt! —
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züge mit unſerer neuen Prinzeß. Davon werden dir wohl die
Andern berichten: ich werde das alles zu Hauſe abwarten.
Die ſchöne liebe Prinzeß kenne ich ſchon, und werde ſie ſchon
noch ohne Zug und Wind ſehn. Einzüge ſah ich bei der Kö-
nigin, Prinzeß Louis und Prinzeß Wilhelm. Man muß An-
dern den Platz laſſen! — Ich bin ſehr betrübt, theure Roſe,
daß du Freunde durch den Tod verloren haſt; und durch den
halben Tod, durch Entfernung. Man bekommt ſie nicht ſo
ſchnell wieder; d. h. ſo leicht, wenn man über fünfzehn Jahr
hinaus iſt; oder vielmehr nur zu leicht, weil man nicht mehr
glaubt, einen Schatz für’s Leben zu finden. — Auch ich habe
eine Freundin verloren, und du wirſt vielleicht verwundert ſein,
wenn ich dir ſage, daß es die Prinzeſſin Amélie von Baden
iſt, von der ich dir vielleicht niemals geredet habe! — Eine
in vielem Betracht ſehr ausgezeichnete Perſon; ein tiefes Ge-
müth; eine Beſcheidenheit, die ihr Schaden that; ſehr unter-
richtet; ein frommes Herz; ein heller Geiſt; und ein unerſchöpf-
liches Verlangen zu wiſſen; ſehr wenige und nur liebenswürdige
Vorurtheile; immer bereit, ſich durch neue Unterſuchung zu
läutern; der Freundſchaft fähig; ſie habend und aufſuchend
in jedem Stande; gütig gegen ihre Dienerſchaft; ein Schatz
und ein Troſt für ihre Familie, beſonders ihrer Mutter und
ihrer Schweſter der Kaiſerin Eliſabeth innig ergeben. Ich ſah
ſie viel in Karlsruhe; und jetzt, da ich ſie unwiderruflich ver-
loren habe, fühl’ ich doppelt, was ſie geweſen iſt! —
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/135>, abgerufen am 26.11.2024.
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