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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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und Jugend an uns verloren. Papa gedient, wie ein Pudel,
in harten Winternächten, unverdrossen; Mamaen; und dir,
Markus, in Krankheiten, Bäder getragen, alles. Ihre Fehler
seien ihr, wie Allen, verziehen! -- August, und Markus,
ihr sorgt so lange sie lebt für sie. -- Ich werde noch weiter
unten von ihr und Dore sprechen. -- --

-- Mein Vermögen ist nie eine Fortüne, sondern kann
nur eine angenehme, oder nöthige Hülfe sein. Meinem Ge-
wissen nach, bin ich es dir, August, schuldig; du theilst aber
die Zinsen gewiß gern mit Ludwig; und er nimmt es auch
gewiß willig. Er hat nur mäßig zu leben, kein Etablisse-
ment; Sinn für Freiheit, eine gemordete Jugend; und eine
gräßliche Krankheit in meiner Gegenwart erlitten, und Gei-
stesangst gekannt. Lebe wohl, lieber Robert. Ich denke wie
du über Leben und Tod, und wurde besser und gütiger. Ge-
nieße die Muße, und die Natur; und ruf' auf mich, in schö-
ner Gegend. Maxwitz, Louis, Mama, alle sind weg!

Dir, mein August, vermag ich nichts zu sagen! Zehre an
meinem Leben. Freue dich deines. Mache wie du es kannst.
Je weniger du dich der Betrübniß hingiebst, je mehr freust du
mich! Ich danke dir; und liebe dich; und ehre dich, und sehe
dich ganz ein. Lieber! Scheue kein neues Leben! und widme
mir nur, was du mir nicht nehmen kannst. Geliebter! einzi-
ger! ehrlicher Freund! Ich nehme Theil an allem. Wie son-
derbar! noch hör' ich den Orgelmann im Hof, sehe hinten das
Feld, die Sonne: und diese Blätter werden so angesehen, wie
ich Mama ihre ansehe. Ich bin ganz ruhig; recht vergnügt.

und Jugend an uns verloren. Papa gedient, wie ein Pudel,
in harten Winternächten, unverdroſſen; Mamaen; und dir,
Markus, in Krankheiten, Bäder getragen, alles. Ihre Fehler
ſeien ihr, wie Allen, verziehen! — Auguſt, und Markus,
ihr ſorgt ſo lange ſie lebt für ſie. — Ich werde noch weiter
unten von ihr und Dore ſprechen. — —

— Mein Vermögen iſt nie eine Fortüne, ſondern kann
nur eine angenehme, oder nöthige Hülfe ſein. Meinem Ge-
wiſſen nach, bin ich es dir, Auguſt, ſchuldig; du theilſt aber
die Zinſen gewiß gern mit Ludwig; und er nimmt es auch
gewiß willig. Er hat nur mäßig zu leben, kein Etabliſſe-
ment; Sinn für Freiheit, eine gemordete Jugend; und eine
gräßliche Krankheit in meiner Gegenwart erlitten, und Gei-
ſtesangſt gekannt. Lebe wohl, lieber Robert. Ich denke wie
du über Leben und Tod, und wurde beſſer und gütiger. Ge-
nieße die Muße, und die Natur; und ruf’ auf mich, in ſchö-
ner Gegend. Maxwitz, Louis, Mama, alle ſind weg!

Dir, mein Auguſt, vermag ich nichts zu ſagen! Zehre an
meinem Leben. Freue dich deines. Mache wie du es kannſt.
Je weniger du dich der Betrübniß hingiebſt, je mehr freuſt du
mich! Ich danke dir; und liebe dich; und ehre dich, und ſehe
dich ganz ein. Lieber! Scheue kein neues Leben! und widme
mir nur, was du mir nicht nehmen kannſt. Geliebter! einzi-
ger! ehrlicher Freund! Ich nehme Theil an allem. Wie ſon-
derbar! noch hör’ ich den Orgelmann im Hof, ſehe hinten das
Feld, die Sonne: und dieſe Blätter werden ſo angeſehen, wie
ich Mama ihre anſehe. Ich bin ganz ruhig; recht vergnügt.

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[392/0400] und Jugend an uns verloren. Papa gedient, wie ein Pudel, in harten Winternächten, unverdroſſen; Mamaen; und dir, Markus, in Krankheiten, Bäder getragen, alles. Ihre Fehler ſeien ihr, wie Allen, verziehen! — Auguſt, und Markus, ihr ſorgt ſo lange ſie lebt für ſie. — Ich werde noch weiter unten von ihr und Dore ſprechen. — — — Mein Vermögen iſt nie eine Fortüne, ſondern kann nur eine angenehme, oder nöthige Hülfe ſein. Meinem Ge- wiſſen nach, bin ich es dir, Auguſt, ſchuldig; du theilſt aber die Zinſen gewiß gern mit Ludwig; und er nimmt es auch gewiß willig. Er hat nur mäßig zu leben, kein Etabliſſe- ment; Sinn für Freiheit, eine gemordete Jugend; und eine gräßliche Krankheit in meiner Gegenwart erlitten, und Gei- ſtesangſt gekannt. Lebe wohl, lieber Robert. Ich denke wie du über Leben und Tod, und wurde beſſer und gütiger. Ge- nieße die Muße, und die Natur; und ruf’ auf mich, in ſchö- ner Gegend. Maxwitz, Louis, Mama, alle ſind weg! Dir, mein Auguſt, vermag ich nichts zu ſagen! Zehre an meinem Leben. Freue dich deines. Mache wie du es kannſt. Je weniger du dich der Betrübniß hingiebſt, je mehr freuſt du mich! Ich danke dir; und liebe dich; und ehre dich, und ſehe dich ganz ein. Lieber! Scheue kein neues Leben! und widme mir nur, was du mir nicht nehmen kannſt. Geliebter! einzi- ger! ehrlicher Freund! Ich nehme Theil an allem. Wie ſon- derbar! noch hör’ ich den Orgelmann im Hof, ſehe hinten das Feld, die Sonne: und dieſe Blätter werden ſo angeſehen, wie ich Mama ihre anſehe. Ich bin ganz ruhig; recht vergnügt.

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/400>, abgerufen am 28.04.2024.