Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

auch für mich nicht unmöglich damals -- mich selbst verlieren
würde. Noch später hatte ich immer Verzürnungen, wenn ich
ihn am Finger hatte; die Bemerkung drängte sich mir auf;
ich verlor ganz den Muth, ihn zu tragen, welches ich trotz
der schlechtgewordenen Hände gethan haben würde; auch wollte
ich's noch öfter versuchen, dacht' ich, wenn mir an meiner Um-
gebung eben nicht alles läge; aber sie schien mir im Verlauf
doch nie gering genug zu dieser Probe. August, Lieber, du
weißt von diesem Ringe! und stellte er mich nicht als Mäd-
chen vor, und käme er nicht von Mama, so würde ich dich
nicht bitten, auch ihn Rose'n zu geben: wünschest du ihn aber
besonders, so schenk' ich ihn dir doch. Mein lieber Hans,
meine älteste Schwägerin, weiß auch, wie ich ihn liebte. Dann
hab ich noch einen ganz kleinen Ring, von einem Rubin mit
zwei kleinen Juwelchen: den gab mir mein Vater, als ich vier
Jahr alt war, Markus eben solchen; ich erinnre mich des
Akts. Markus ließ seinen vor unsern Augen in der Kinder-
stube, gegen dem Rathhause über, fallen, und nie konnte er
wieder gefunden werden. Meinen haben Johanna und Fanny
als Kinder getragen, und Fritz Fromm. Den behalte du, mein
August; und Dank, Segen, Anerkennung, Liebe, und Trost
ströme dir daraus entgegen! --

-- Meine armseligen, aber mir lieben Bijouterieen theilt
August. --

-- Wer mich liebt, sorgt für Line -- Line Brack aus
Wusterhausen, -- die hat hundert und hundert Nächte bei mir
sich gequält und gewacht; und allen meinen Jugendzorn und
ungewitzigtes Wesen zu ertragen gehabt! Ihre Gesundheit

auch für mich nicht unmöglich damals — mich ſelbſt verlieren
würde. Noch ſpäter hatte ich immer Verzürnungen, wenn ich
ihn am Finger hatte; die Bemerkung drängte ſich mir auf;
ich verlor ganz den Muth, ihn zu tragen, welches ich trotz
der ſchlechtgewordenen Hände gethan haben würde; auch wollte
ich’s noch öfter verſuchen, dacht’ ich, wenn mir an meiner Um-
gebung eben nicht alles läge; aber ſie ſchien mir im Verlauf
doch nie gering genug zu dieſer Probe. Auguſt, Lieber, du
weißt von dieſem Ringe! und ſtellte er mich nicht als Mäd-
chen vor, und käme er nicht von Mama, ſo würde ich dich
nicht bitten, auch ihn Roſe’n zu geben: wünſcheſt du ihn aber
beſonders, ſo ſchenk’ ich ihn dir doch. Mein lieber Hans,
meine älteſte Schwägerin, weiß auch, wie ich ihn liebte. Dann
hab ich noch einen ganz kleinen Ring, von einem Rubin mit
zwei kleinen Juwelchen: den gab mir mein Vater, als ich vier
Jahr alt war, Markus eben ſolchen; ich erinnre mich des
Akts. Markus ließ ſeinen vor unſern Augen in der Kinder-
ſtube, gegen dem Rathhauſe über, fallen, und nie konnte er
wieder gefunden werden. Meinen haben Johanna und Fanny
als Kinder getragen, und Fritz Fromm. Den behalte du, mein
Auguſt; und Dank, Segen, Anerkennung, Liebe, und Troſt
ſtröme dir daraus entgegen! —

— Meine armſeligen, aber mir lieben Bijouterieen theilt
Auguſt. —

Wer mich liebt, ſorgt für Line — Line Brack aus
Wuſterhauſen, — die hat hundert und hundert Nächte bei mir
ſich gequält und gewacht; und allen meinen Jugendzorn und
ungewitzigtes Weſen zu ertragen gehabt! Ihre Geſundheit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0399" n="391"/>
auch für mich nicht unmöglich damals &#x2014; mich &#x017F;elb&#x017F;t verlieren<lb/>
würde. Noch &#x017F;päter hatte ich immer Verzürnungen, wenn ich<lb/>
ihn am Finger hatte; die Bemerkung drängte &#x017F;ich mir auf;<lb/>
ich verlor ganz den Muth, ihn zu tragen, welches ich trotz<lb/>
der &#x017F;chlechtgewordenen Hände gethan haben würde; auch wollte<lb/>
ich&#x2019;s noch öfter ver&#x017F;uchen, dacht&#x2019; ich, wenn mir an meiner Um-<lb/>
gebung eben nicht alles läge; aber &#x017F;ie &#x017F;chien mir im Verlauf<lb/>
doch nie gering genug zu die&#x017F;er Probe. Augu&#x017F;t, Lieber, du<lb/>
weißt von die&#x017F;em Ringe! und &#x017F;tellte er mich nicht als Mäd-<lb/>
chen vor, und käme er nicht von Mama, &#x017F;o würde ich dich<lb/>
nicht bitten, auch ihn Ro&#x017F;e&#x2019;n zu geben: wün&#x017F;che&#x017F;t du ihn aber<lb/>
be&#x017F;onders, &#x017F;o &#x017F;chenk&#x2019; ich ihn dir doch. Mein lieber Hans,<lb/>
meine älte&#x017F;te Schwägerin, weiß auch, wie ich ihn liebte. Dann<lb/>
hab ich noch einen ganz kleinen Ring, von einem Rubin mit<lb/>
zwei kleinen Juwelchen: den gab mir mein Vater, als ich vier<lb/>
Jahr alt war, Markus <hi rendition="#g">eben</hi> &#x017F;olchen; ich erinnre mich des<lb/>
Akts. Markus ließ &#x017F;einen vor un&#x017F;ern Augen in der Kinder-<lb/>
&#x017F;tube, gegen dem Rathhau&#x017F;e über, fallen, und nie konnte er<lb/>
wieder gefunden werden. Meinen haben Johanna und Fanny<lb/>
als Kinder getragen, und Fritz Fromm. Den behalte du, mein<lb/>
Augu&#x017F;t; und Dank, Segen, Anerkennung, Liebe, und Tro&#x017F;t<lb/>
&#x017F;tröme dir daraus entgegen! &#x2014;</p><lb/>
            <p>&#x2014; Meine arm&#x017F;eligen, aber mir lieben Bijouterieen theilt<lb/>
Augu&#x017F;t. &#x2014;</p><lb/>
            <p>&#x2014; <hi rendition="#g">Wer mich liebt</hi>, &#x017F;orgt für Line &#x2014; Line Brack aus<lb/>
Wu&#x017F;terhau&#x017F;en, &#x2014; die hat hundert und hundert Nächte bei mir<lb/>
&#x017F;ich gequält und gewacht; und allen meinen Jugendzorn und<lb/>
ungewitzigtes We&#x017F;en zu ertragen gehabt! Ihre Ge&#x017F;undheit<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[391/0399] auch für mich nicht unmöglich damals — mich ſelbſt verlieren würde. Noch ſpäter hatte ich immer Verzürnungen, wenn ich ihn am Finger hatte; die Bemerkung drängte ſich mir auf; ich verlor ganz den Muth, ihn zu tragen, welches ich trotz der ſchlechtgewordenen Hände gethan haben würde; auch wollte ich’s noch öfter verſuchen, dacht’ ich, wenn mir an meiner Um- gebung eben nicht alles läge; aber ſie ſchien mir im Verlauf doch nie gering genug zu dieſer Probe. Auguſt, Lieber, du weißt von dieſem Ringe! und ſtellte er mich nicht als Mäd- chen vor, und käme er nicht von Mama, ſo würde ich dich nicht bitten, auch ihn Roſe’n zu geben: wünſcheſt du ihn aber beſonders, ſo ſchenk’ ich ihn dir doch. Mein lieber Hans, meine älteſte Schwägerin, weiß auch, wie ich ihn liebte. Dann hab ich noch einen ganz kleinen Ring, von einem Rubin mit zwei kleinen Juwelchen: den gab mir mein Vater, als ich vier Jahr alt war, Markus eben ſolchen; ich erinnre mich des Akts. Markus ließ ſeinen vor unſern Augen in der Kinder- ſtube, gegen dem Rathhauſe über, fallen, und nie konnte er wieder gefunden werden. Meinen haben Johanna und Fanny als Kinder getragen, und Fritz Fromm. Den behalte du, mein Auguſt; und Dank, Segen, Anerkennung, Liebe, und Troſt ſtröme dir daraus entgegen! — — Meine armſeligen, aber mir lieben Bijouterieen theilt Auguſt. — — Wer mich liebt, ſorgt für Line — Line Brack aus Wuſterhauſen, — die hat hundert und hundert Nächte bei mir ſich gequält und gewacht; und allen meinen Jugendzorn und ungewitzigtes Weſen zu ertragen gehabt! Ihre Geſundheit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/399
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/399>, abgerufen am 28.04.2024.