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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

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von ihr: (ich habe den Namen vergessen.) Nur zweimal in
ihrem Leben habe ich Hanne von irgend etwas so ergriffen
und sprechselig gesehen: Einmal, als sie jünger war, und ich
mit ihr dem Gießhause vorbei ging, und sie oben auf einer
Mauer desselben einen Pappelbaum gewahr wurde, der drollig
genug da herauswächst: und dann, wie sie aus Nennhausen
zurückkam, über Ihr Kind. Seine Augen, seine Haare char-
mirten sie; seine Sprache -- sie sagt, wie Fouque, accu-
rat
! -- röthlich ward sie, wenn sie von dem Kinde sprach;
und immer fing sie wieder an. Das machte mich sehr gewiß
über das Kind; Hanne ist nie demonstrativ; und sie war ganz
wie erlegt von seinem Reiz, und einnehmenden Wesen.

Nun aber ein Zank, lieber Fouque! was ist das, daß Sie
gar nicht antworten, wenn Sie schreiben: Sie schreiben mir
auf den Brief, den Ihnen Hanne brachte, als schrieben Sie
aus dem Stegreif; auch nicht eine Silbe Antwort. Ich liebe
Antwort. Wenn Sie das immer thun, kann ich auch am
Ende nur antworten. Sie müssen approbiren oder tadlen,
oder Recht geben oder widerstreiten. Sie sehen, ich dringe
wieder auf das Lebendigste im Briefumgang! Machen Sie
aber doch wie es Ihnen recht und gemüthlich ist: ich liebe zu-
letzt alles wie es mit und in Ihnen ist! Nur freuen Sie sich
nicht so mit Jean Paul Richters Rezensionen: ich hasse sie
von ihm; mit seinem laxen Schreiben: eine Rezension soll
packen und vor die Augen halten: und er fließt wie eine Phan-
tasie auf dem Piano -- höchstens. Nein! das will ich nicht!
Auch der Brief an Sie war zu litterarisch! so monatsschrift-
lich, wie von einer Universität zur andern; so mager und karg;

von ihr: (ich habe den Namen vergeſſen.) Nur zweimal in
ihrem Leben habe ich Hanne von irgend etwas ſo ergriffen
und ſprechſelig geſehen: Einmal, als ſie jünger war, und ich
mit ihr dem Gießhauſe vorbei ging, und ſie oben auf einer
Mauer deſſelben einen Pappelbaum gewahr wurde, der drollig
genug da herauswächſt: und dann, wie ſie aus Nennhauſen
zurückkam, über Ihr Kind. Seine Augen, ſeine Haare char-
mirten ſie; ſeine Sprache — ſie ſagt, wie Fouqué, accu-
rat
! — röthlich ward ſie, wenn ſie von dem Kinde ſprach;
und immer fing ſie wieder an. Das machte mich ſehr gewiß
über das Kind; Hanne iſt nie demonſtrativ; und ſie war ganz
wie erlegt von ſeinem Reiz, und einnehmenden Weſen.

Nun aber ein Zank, lieber Fouqué! was iſt das, daß Sie
gar nicht antworten, wenn Sie ſchreiben: Sie ſchreiben mir
auf den Brief, den Ihnen Hanne brachte, als ſchrieben Sie
aus dem Stegreif; auch nicht eine Silbe Antwort. Ich liebe
Antwort. Wenn Sie das immer thun, kann ich auch am
Ende nur antworten. Sie müſſen approbiren oder tadlen,
oder Recht geben oder widerſtreiten. Sie ſehen, ich dringe
wieder auf das Lebendigſte im Briefumgang! Machen Sie
aber doch wie es Ihnen recht und gemüthlich iſt: ich liebe zu-
letzt alles wie es mit und in Ihnen iſt! Nur freuen Sie ſich
nicht ſo mit Jean Paul Richters Rezenſionen: ich haſſe ſie
von ihm; mit ſeinem laxen Schreiben: eine Rezenſion ſoll
packen und vor die Augen halten: und er fließt wie eine Phan-
taſie auf dem Piano — höchſtens. Nein! das will ich nicht!
Auch der Brief an Sie war zu litterariſch! ſo monatsſchrift-
lich, wie von einer Univerſität zur andern; ſo mager und karg;

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[441/0455] von ihr: (ich habe den Namen vergeſſen.) Nur zweimal in ihrem Leben habe ich Hanne von irgend etwas ſo ergriffen und ſprechſelig geſehen: Einmal, als ſie jünger war, und ich mit ihr dem Gießhauſe vorbei ging, und ſie oben auf einer Mauer deſſelben einen Pappelbaum gewahr wurde, der drollig genug da herauswächſt: und dann, wie ſie aus Nennhauſen zurückkam, über Ihr Kind. Seine Augen, ſeine Haare char- mirten ſie; ſeine Sprache — ſie ſagt, wie Fouqué, accu- rat! — röthlich ward ſie, wenn ſie von dem Kinde ſprach; und immer fing ſie wieder an. Das machte mich ſehr gewiß über das Kind; Hanne iſt nie demonſtrativ; und ſie war ganz wie erlegt von ſeinem Reiz, und einnehmenden Weſen. Nun aber ein Zank, lieber Fouqué! was iſt das, daß Sie gar nicht antworten, wenn Sie ſchreiben: Sie ſchreiben mir auf den Brief, den Ihnen Hanne brachte, als ſchrieben Sie aus dem Stegreif; auch nicht eine Silbe Antwort. Ich liebe Antwort. Wenn Sie das immer thun, kann ich auch am Ende nur antworten. Sie müſſen approbiren oder tadlen, oder Recht geben oder widerſtreiten. Sie ſehen, ich dringe wieder auf das Lebendigſte im Briefumgang! Machen Sie aber doch wie es Ihnen recht und gemüthlich iſt: ich liebe zu- letzt alles wie es mit und in Ihnen iſt! Nur freuen Sie ſich nicht ſo mit Jean Paul Richters Rezenſionen: ich haſſe ſie von ihm; mit ſeinem laxen Schreiben: eine Rezenſion ſoll packen und vor die Augen halten: und er fließt wie eine Phan- taſie auf dem Piano — höchſtens. Nein! das will ich nicht! Auch der Brief an Sie war zu litterariſch! ſo monatsſchrift- lich, wie von einer Univerſität zur andern; ſo mager und karg;

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/455>, abgerufen am 24.11.2024.