hervorbricht. So bin ich leider! -- hierin liegt mein Tod. -- Nie kann mein Gemüth in schönen Schwingungen sanft ein- her fließen, wozu dies Schöne in der Tiefe meines geistigen Seins wie in den tiefen Eingeweiden der Erde verzaubert liegt. -- Wie richtig, geliebter Freund -- und wie traurig -- vergleichst du mich -- wie überaus witzig, nie hat man et- was erschöpfend Ähnliches über mich gesagt!! -- vergleichst du mich zu einem Baume, den man aus der Erde gerissen hat, und dann seinen Wipfel hineingegraben; zu stark hat ihn die Natur angelegt! Wurzel faßt der Wipfel, und unge- schickt wird Wurzel zu Wipfel! Das, Lieber, leider! leider! bin ich. Dies ist der Durchmesser meines Lebens. Seine erste Verschlingung zum Wirklichen. Laß dies mein Epitaph sein, und dies ist dasselbe, was mein "Paradox" ist. -- Mit dem: "Sie arbeitet viel!" meinte ich weiter nichts, als die Indig- nation: "die denkt noch sie arbeitet! Sie, arbeiten!" und dann gleich hinterher: "Ja! bei ihr ist auch alles Arbeit!" und das alles drückt' ich aus Eil und Überdruß kurzmöglichst aus. Sonst meint' ich nichts; ist das aber witzig, so war ich es: ich finde es nicht. Antworte mir hier drauf; was den Geist so geregt hat, ist mir interessant, und wär's über einen verlorenen Westenknopf! -- Das Buch der Frau, die du ge- troffen hast, und sie, ist doch noch weit lügenhafter, als man ohne des allmächtigen Gottes eigenhändigen Witz, oder die Dummheit erfinden kann, die er in dem Puppenkopf zum Statt- halter gelassen hat. Sie lügt wie ein Räuber mit der Pistole auf der Brust; und man muß sein schönes Eigenthum Wahr- heit ihr lassen; oder dieses rechtmäßige Gut durch harten Kampf
I. 26
hervorbricht. So bin ich leider! — hierin liegt mein Tod. — Nie kann mein Gemüth in ſchönen Schwingungen ſanft ein- her fließen, wozu dies Schöne in der Tiefe meines geiſtigen Seins wie in den tiefen Eingeweiden der Erde verzaubert liegt. — Wie richtig, geliebter Freund — und wie traurig — vergleichſt du mich — wie überaus witzig, nie hat man et- was erſchöpfend Ähnliches über mich geſagt!! — vergleichſt du mich zu einem Baume, den man aus der Erde geriſſen hat, und dann ſeinen Wipfel hineingegraben; zu ſtark hat ihn die Natur angelegt! Wurzel faßt der Wipfel, und unge- ſchickt wird Wurzel zu Wipfel! Das, Lieber, leider! leider! bin ich. Dies iſt der Durchmeſſer meines Lebens. Seine erſte Verſchlingung zum Wirklichen. Laß dies mein Epitaph ſein, und dies iſt daſſelbe, was mein „Paradox“ iſt. — Mit dem: „Sie arbeitet viel!“ meinte ich weiter nichts, als die Indig- nation: „die denkt noch ſie arbeitet! Sie, arbeiten!“ und dann gleich hinterher: „Ja! bei ihr iſt auch alles Arbeit!“ und das alles drückt’ ich aus Eil und Überdruß kurzmöglichſt aus. Sonſt meint’ ich nichts; iſt das aber witzig, ſo war ich es: ich finde es nicht. Antworte mir hier drauf; was den Geiſt ſo geregt hat, iſt mir intereſſant, und wär’s über einen verlorenen Weſtenknopf! — Das Buch der Frau, die du ge- troffen haſt, und ſie, iſt doch noch weit lügenhafter, als man ohne des allmächtigen Gottes eigenhändigen Witz, oder die Dummheit erfinden kann, die er in dem Puppenkopf zum Statt- halter gelaſſen hat. Sie lügt wie ein Räuber mit der Piſtole auf der Bruſt; und man muß ſein ſchönes Eigenthum Wahr- heit ihr laſſen; oder dieſes rechtmäßige Gut durch harten Kampf
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hervorbricht. So bin ich leider! — hierin liegt mein Tod. —
Nie kann mein Gemüth in ſchönen Schwingungen ſanft ein-
her fließen, wozu dies Schöne in der Tiefe meines geiſtigen
Seins wie in den tiefen Eingeweiden der Erde verzaubert
liegt. — Wie richtig, geliebter Freund — und wie traurig —
vergleichſt du mich — wie überaus witzig, nie hat man et-
was erſchöpfend Ähnliches über mich geſagt!! — vergleichſt
du mich zu einem Baume, den man aus der Erde geriſſen
hat, und dann ſeinen Wipfel hineingegraben; zu ſtark hat
ihn die Natur angelegt! Wurzel faßt der Wipfel, und unge-
ſchickt wird Wurzel zu Wipfel! Das, Lieber, leider! leider!
bin ich. Dies iſt der Durchmeſſer meines Lebens. Seine erſte
Verſchlingung zum Wirklichen. Laß dies mein Epitaph ſein,
und dies iſt daſſelbe, was mein „Paradox“ iſt. — Mit dem:
„Sie arbeitet viel!“ meinte ich weiter nichts, als die Indig-
nation: „die denkt noch ſie arbeitet! Sie, arbeiten!“ und
dann gleich hinterher: „Ja! bei ihr iſt auch alles Arbeit!“
und das alles drückt’ ich aus Eil und Überdruß kurzmöglichſt
aus. Sonſt meint’ ich nichts; iſt das aber witzig, ſo war ich
es: ich finde es nicht. Antworte mir hier drauf; was den
Geiſt ſo geregt hat, iſt mir intereſſant, und wär’s über einen
verlorenen Weſtenknopf! — Das Buch der Frau, die du ge-
troffen haſt, und ſie, iſt doch noch weit lügenhafter, als man
ohne des allmächtigen Gottes eigenhändigen Witz, oder die
Dummheit erfinden kann, die er in dem Puppenkopf zum Statt-
halter gelaſſen hat. Sie lügt wie ein Räuber mit der Piſtole
auf der Bruſt; und man muß ſein ſchönes Eigenthum Wahr-
heit ihr laſſen; oder dieſes rechtmäßige Gut durch harten Kampf
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/415>, abgerufen am 27.11.2024.
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