Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

ser Seite die wenigsten Vorkehrungen getroffen hatte,
da die Freundschaft der Dänen sich höchstens in Neutra¬
lität schien verändern zu können. Gegen die Franzosen
waren die an der Elbe aufgeworfenen Befestigungen
auch bei noch fortdauernder Arbeit schon haltbar, da
der Strom sie deckte; von dem Lande her boten die noch
unvollendeten tausend Blößen. Ein andrer Umstand
erweckte noch bedenklichere Sorge. Nach dem großen
Verbrauch in der letzten Zeit fing nun das Pulver an
zu fehlen; der Vorrath reichte für das Kleingewehr
nur noch auf einige Tage hin, für das Geschütz auf
den Wällen nur auf wenige Schüsse. Dies alles, und
die Erwägung, daß, wie auch der Krieg enden möge,
Dänemark für Hamburg immer der nächste Nachbar
bleiben würde, von dessen Händen die Stadt fortdauernd
Unheil oder Heil schon durch die Beherrschung der Elbe
zu gewärtigen habe, machte die Einwohner gänzlich ver¬
zagen, auch gegen diesen Feind mit äußerstem Trotze
aufzutreten. Heß, als Befehlshaber der Bürgergarde,
der schon lange mit abwechselndem Erfolg gegen die
mannigfaltigen Stimmungen gekämpft hatte, und zum
Theil von ihnen niedergebeugt war, erschien bei dem
General, und machte ihm förmlich die Anzeige, daß auf
die Bürgergarde ferner nicht zu rechnen sei, und sie
namentlich gegen die Dänen nicht fechten würde. Die
Hamburger befanden sich allerdings in einer fürchterli¬
chen Lage; ohne alle Möglichkeit der Aussöhnung mit

ſer Seite die wenigſten Vorkehrungen getroffen hatte,
da die Freundſchaft der Daͤnen ſich hoͤchſtens in Neutra¬
litaͤt ſchien veraͤndern zu koͤnnen. Gegen die Franzoſen
waren die an der Elbe aufgeworfenen Befeſtigungen
auch bei noch fortdauernder Arbeit ſchon haltbar, da
der Strom ſie deckte; von dem Lande her boten die noch
unvollendeten tauſend Bloͤßen. Ein andrer Umſtand
erweckte noch bedenklichere Sorge. Nach dem großen
Verbrauch in der letzten Zeit fing nun das Pulver an
zu fehlen; der Vorrath reichte fuͤr das Kleingewehr
nur noch auf einige Tage hin, fuͤr das Geſchuͤtz auf
den Waͤllen nur auf wenige Schuͤſſe. Dies alles, und
die Erwaͤgung, daß, wie auch der Krieg enden moͤge,
Daͤnemark fuͤr Hamburg immer der naͤchſte Nachbar
bleiben wuͤrde, von deſſen Haͤnden die Stadt fortdauernd
Unheil oder Heil ſchon durch die Beherrſchung der Elbe
zu gewaͤrtigen habe, machte die Einwohner gaͤnzlich ver¬
zagen, auch gegen dieſen Feind mit aͤußerſtem Trotze
aufzutreten. Heß, als Befehlshaber der Buͤrgergarde,
der ſchon lange mit abwechſelndem Erfolg gegen die
mannigfaltigen Stimmungen gekaͤmpft hatte, und zum
Theil von ihnen niedergebeugt war, erſchien bei dem
General, und machte ihm foͤrmlich die Anzeige, daß auf
die Buͤrgergarde ferner nicht zu rechnen ſei, und ſie
namentlich gegen die Daͤnen nicht fechten wuͤrde. Die
Hamburger befanden ſich allerdings in einer fuͤrchterli¬
chen Lage; ohne alle Moͤglichkeit der Ausſoͤhnung mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0385" n="373"/>
&#x017F;er Seite die wenig&#x017F;ten Vorkehrungen getroffen hatte,<lb/>
da die Freund&#x017F;chaft der Da&#x0364;nen &#x017F;ich ho&#x0364;ch&#x017F;tens in Neutra¬<lb/>
lita&#x0364;t &#x017F;chien vera&#x0364;ndern zu ko&#x0364;nnen. Gegen die Franzo&#x017F;en<lb/>
waren die an der Elbe aufgeworfenen Befe&#x017F;tigungen<lb/>
auch bei noch fortdauernder Arbeit &#x017F;chon haltbar, da<lb/>
der Strom &#x017F;ie deckte; von dem Lande her boten die noch<lb/>
unvollendeten tau&#x017F;end Blo&#x0364;ßen. Ein andrer Um&#x017F;tand<lb/>
erweckte noch bedenklichere Sorge. Nach dem großen<lb/>
Verbrauch in der letzten Zeit fing nun das Pulver an<lb/>
zu fehlen; der Vorrath reichte fu&#x0364;r das Kleingewehr<lb/>
nur noch auf einige Tage hin, fu&#x0364;r das Ge&#x017F;chu&#x0364;tz auf<lb/>
den Wa&#x0364;llen nur auf wenige Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Dies alles, und<lb/>
die Erwa&#x0364;gung, daß, wie auch der Krieg enden mo&#x0364;ge,<lb/>
Da&#x0364;nemark fu&#x0364;r Hamburg immer der na&#x0364;ch&#x017F;te Nachbar<lb/>
bleiben wu&#x0364;rde, von de&#x017F;&#x017F;en Ha&#x0364;nden die Stadt fortdauernd<lb/>
Unheil oder Heil &#x017F;chon durch die Beherr&#x017F;chung der Elbe<lb/>
zu gewa&#x0364;rtigen habe, machte die Einwohner ga&#x0364;nzlich ver¬<lb/>
zagen, auch gegen die&#x017F;en Feind mit a&#x0364;ußer&#x017F;tem Trotze<lb/>
aufzutreten. Heß, als Befehlshaber der Bu&#x0364;rgergarde,<lb/>
der &#x017F;chon lange mit abwech&#x017F;elndem Erfolg gegen die<lb/>
mannigfaltigen Stimmungen geka&#x0364;mpft hatte, und zum<lb/>
Theil von ihnen niedergebeugt war, er&#x017F;chien bei dem<lb/>
General, und machte ihm fo&#x0364;rmlich die Anzeige, daß auf<lb/>
die Bu&#x0364;rgergarde ferner nicht zu rechnen &#x017F;ei, und &#x017F;ie<lb/>
namentlich gegen die Da&#x0364;nen nicht fechten wu&#x0364;rde. Die<lb/>
Hamburger befanden &#x017F;ich allerdings in einer fu&#x0364;rchterli¬<lb/>
chen Lage; ohne alle Mo&#x0364;glichkeit der Aus&#x017F;o&#x0364;hnung mit<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[373/0385] ſer Seite die wenigſten Vorkehrungen getroffen hatte, da die Freundſchaft der Daͤnen ſich hoͤchſtens in Neutra¬ litaͤt ſchien veraͤndern zu koͤnnen. Gegen die Franzoſen waren die an der Elbe aufgeworfenen Befeſtigungen auch bei noch fortdauernder Arbeit ſchon haltbar, da der Strom ſie deckte; von dem Lande her boten die noch unvollendeten tauſend Bloͤßen. Ein andrer Umſtand erweckte noch bedenklichere Sorge. Nach dem großen Verbrauch in der letzten Zeit fing nun das Pulver an zu fehlen; der Vorrath reichte fuͤr das Kleingewehr nur noch auf einige Tage hin, fuͤr das Geſchuͤtz auf den Waͤllen nur auf wenige Schuͤſſe. Dies alles, und die Erwaͤgung, daß, wie auch der Krieg enden moͤge, Daͤnemark fuͤr Hamburg immer der naͤchſte Nachbar bleiben wuͤrde, von deſſen Haͤnden die Stadt fortdauernd Unheil oder Heil ſchon durch die Beherrſchung der Elbe zu gewaͤrtigen habe, machte die Einwohner gaͤnzlich ver¬ zagen, auch gegen dieſen Feind mit aͤußerſtem Trotze aufzutreten. Heß, als Befehlshaber der Buͤrgergarde, der ſchon lange mit abwechſelndem Erfolg gegen die mannigfaltigen Stimmungen gekaͤmpft hatte, und zum Theil von ihnen niedergebeugt war, erſchien bei dem General, und machte ihm foͤrmlich die Anzeige, daß auf die Buͤrgergarde ferner nicht zu rechnen ſei, und ſie namentlich gegen die Daͤnen nicht fechten wuͤrde. Die Hamburger befanden ſich allerdings in einer fuͤrchterli¬ chen Lage; ohne alle Moͤglichkeit der Ausſoͤhnung mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/385
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/385>, abgerufen am 22.11.2024.