Hanseaten und Lauenburger, von ihrem tapfern An¬ führer ermuntert, mit gefälltem Bajonet hervor, wor¬ auf die Franzosen die Waffen wegwarfen und sich ge¬ fangen gaben. Mehrere, die sich durch Schwimmen retten wollten, ertranken, über 70 waren getödtet, die übrigen, worunter 40 Verwundete, gefangen. Der Verlust der Unsern betrug 24 Mann, worunter 2 Offi¬ ziere. Diesem verunglückten Versuche ließen die Fran¬ zosen hier keinen zweiten folgen; man begnügte sich ge¬ genseitig, von Zeit zu Zeit das Geschütz auf einander spie¬ len zu lassen, wo unsre vierundzwanzigpfündigen Kugeln dem Feinde großen Schaden verursachten, und unter an¬ dern ein paar Schiffe voll Franzosen, die sich vom Ufer in die Mitte des Stroms gewagt hatten, in Grund bohrten.
Der Wechsel von Bestürzung und Freude, den diese Vorfälle erregten, erhielt alles in unruhiger Span¬ nung; die nahe Bedrängniß führte aber, bei allen Stür¬ men der Gedanken und Gemüther, immer auf's neue zu der ungewöhnlichsten Thätigkeit. Die Zahl der Ar¬ beiter an den Wällen wurde verdoppelt und verdrei¬ facht. Die Bürgergarde raffte die Leute von den Straßen dazu weg; ohne Waffen durfte sich kein Mensch mehr blicken lassen; die Thore wurden genau bewacht, Pferde und Wagen zum Dienste der Stadt zurückge¬ halten, kein Mann hinaus gelassen, damit sich niemand der Schanzarbeit und den Waffen entzöge; wer im geringsten verdächtig schien, wurde angehalten und auf
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Hanſeaten und Lauenburger, von ihrem tapfern An¬ fuͤhrer ermuntert, mit gefaͤlltem Bajonet hervor, wor¬ auf die Franzoſen die Waffen wegwarfen und ſich ge¬ fangen gaben. Mehrere, die ſich durch Schwimmen retten wollten, ertranken, uͤber 70 waren getoͤdtet, die uͤbrigen, worunter 40 Verwundete, gefangen. Der Verluſt der Unſern betrug 24 Mann, worunter 2 Offi¬ ziere. Dieſem verungluͤckten Verſuche ließen die Fran¬ zoſen hier keinen zweiten folgen; man begnuͤgte ſich ge¬ genſeitig, von Zeit zu Zeit das Geſchuͤtz auf einander ſpie¬ len zu laſſen, wo unſre vierundzwanzigpfuͤndigen Kugeln dem Feinde großen Schaden verurſachten, und unter an¬ dern ein paar Schiffe voll Franzoſen, die ſich vom Ufer in die Mitte des Stroms gewagt hatten, in Grund bohrten.
Der Wechſel von Beſtuͤrzung und Freude, den dieſe Vorfaͤlle erregten, erhielt alles in unruhiger Span¬ nung; die nahe Bedraͤngniß fuͤhrte aber, bei allen Stuͤr¬ men der Gedanken und Gemuͤther, immer auf's neue zu der ungewoͤhnlichſten Thaͤtigkeit. Die Zahl der Ar¬ beiter an den Waͤllen wurde verdoppelt und verdrei¬ facht. Die Buͤrgergarde raffte die Leute von den Straßen dazu weg; ohne Waffen durfte ſich kein Menſch mehr blicken laſſen; die Thore wurden genau bewacht, Pferde und Wagen zum Dienſte der Stadt zuruͤckge¬ halten, kein Mann hinaus gelaſſen, damit ſich niemand der Schanzarbeit und den Waffen entzoͤge; wer im geringſten verdaͤchtig ſchien, wurde angehalten und auf
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Hanſeaten und Lauenburger, von ihrem tapfern An¬
fuͤhrer ermuntert, mit gefaͤlltem Bajonet hervor, wor¬
auf die Franzoſen die Waffen wegwarfen und ſich ge¬
fangen gaben. Mehrere, die ſich durch Schwimmen
retten wollten, ertranken, uͤber 70 waren getoͤdtet, die
uͤbrigen, worunter 40 Verwundete, gefangen. Der
Verluſt der Unſern betrug 24 Mann, worunter 2 Offi¬
ziere. Dieſem verungluͤckten Verſuche ließen die Fran¬
zoſen hier keinen zweiten folgen; man begnuͤgte ſich ge¬
genſeitig, von Zeit zu Zeit das Geſchuͤtz auf einander ſpie¬
len zu laſſen, wo unſre vierundzwanzigpfuͤndigen Kugeln
dem Feinde großen Schaden verurſachten, und unter an¬
dern ein paar Schiffe voll Franzoſen, die ſich vom Ufer in
die Mitte des Stroms gewagt hatten, in Grund bohrten.
Der Wechſel von Beſtuͤrzung und Freude, den
dieſe Vorfaͤlle erregten, erhielt alles in unruhiger Span¬
nung; die nahe Bedraͤngniß fuͤhrte aber, bei allen Stuͤr¬
men der Gedanken und Gemuͤther, immer auf's neue
zu der ungewoͤhnlichſten Thaͤtigkeit. Die Zahl der Ar¬
beiter an den Waͤllen wurde verdoppelt und verdrei¬
facht. Die Buͤrgergarde raffte die Leute von den
Straßen dazu weg; ohne Waffen durfte ſich kein Menſch
mehr blicken laſſen; die Thore wurden genau bewacht,
Pferde und Wagen zum Dienſte der Stadt zuruͤckge¬
halten, kein Mann hinaus gelaſſen, damit ſich niemand
der Schanzarbeit und den Waffen entzoͤge; wer im
geringſten verdaͤchtig ſchien, wurde angehalten und auf
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/367>, abgerufen am 22.11.2024.
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