als auch die allseitigen damit verglichenen Aussagen aller andern Augenzeugen ein ziemlich festes Ergebniß liefern. Wenn der Moniteur die Fürstin von Schwar¬ zenberg schon außerhalb des Saales, im Garten, mit dem Könige von Westphalen, dem Fürsten Borghese und dem Grafen Regnauld sprechen läßt, so ist dies zuverlässig unbegründet; die Verwechslung des Namens war so leicht, auch konnte gutgemeinte Absicht solche Versicherung im Augenblicke hervorrufen. Wenn aber gar der ehemalige Palastpräfekt von Beausset in seinen Denkwürdigkeiten erzählt: "On vit s'elancer une femme jeune, belle, d' une taille elegante, ... poussant des cris douloureux, des cris de mere" ... und in dieser Weise fortfährt, die "desolante appari¬ tion" zu beschreiben, so folgt er lediglich einer dichte¬ rischen Einbildung. Niemand hat die unglückliche Fürstin als schon gerettete außerhalb des Saales gesehen oder gesprochen, Niemand sie in denselben zurückkehren gesehen. Eine solche Rückkehr wäre sogar eine völlige Unmöglich¬ keit gewesen. In der ersten Zeit würde der entgegen¬ stürzende Menschenstrom es verhindert haben, und gleich nachher, ehe dieser noch ganz versiegt war, die unge¬ heure Gluth selber, welcher ihn jagte und schon ereilte, und unmittelbar seine Stelle einnahm. Diese Gluth wurde in wenigen Minuten so heftig, daß man dem brennenden Eingange, wie ich als Augenzeuge, der selber das Aeußerste hierin versucht, betheuern darf,
als auch die allſeitigen damit verglichenen Ausſagen aller andern Augenzeugen ein ziemlich feſtes Ergebniß liefern. Wenn der Moniteur die Fuͤrſtin von Schwar¬ zenberg ſchon außerhalb des Saales, im Garten, mit dem Koͤnige von Weſtphalen, dem Fuͤrſten Borgheſe und dem Grafen Regnauld ſprechen laͤßt, ſo iſt dies zuverlaͤſſig unbegruͤndet; die Verwechslung des Namens war ſo leicht, auch konnte gutgemeinte Abſicht ſolche Verſicherung im Augenblicke hervorrufen. Wenn aber gar der ehemalige Palaſtpraͤfekt von Beauſſet in ſeinen Denkwuͤrdigkeiten erzaͤhlt: „On vit s’élancer une femme jeune, belle, d' une taille élégante, ... poussant des cris douloureux, des cris de mère“ ... und in dieſer Weiſe fortfaͤhrt, die „désolante appari¬ tion” zu beſchreiben, ſo folgt er lediglich einer dichte¬ riſchen Einbildung. Niemand hat die ungluͤckliche Fuͤrſtin als ſchon gerettete außerhalb des Saales geſehen oder geſprochen, Niemand ſie in denſelben zuruͤckkehren geſehen. Eine ſolche Ruͤckkehr waͤre ſogar eine voͤllige Unmoͤglich¬ keit geweſen. In der erſten Zeit wuͤrde der entgegen¬ ſtuͤrzende Menſchenſtrom es verhindert haben, und gleich nachher, ehe dieſer noch ganz verſiegt war, die unge¬ heure Gluth ſelber, welcher ihn jagte und ſchon ereilte, und unmittelbar ſeine Stelle einnahm. Dieſe Gluth wurde in wenigen Minuten ſo heftig, daß man dem brennenden Eingange, wie ich als Augenzeuge, der ſelber das Aeußerſte hierin verſucht, betheuern darf,
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als auch die allſeitigen damit verglichenen Ausſagen
aller andern Augenzeugen ein ziemlich feſtes Ergebniß
liefern. Wenn der Moniteur die Fuͤrſtin von Schwar¬
zenberg ſchon außerhalb des Saales, im Garten, mit
dem Koͤnige von Weſtphalen, dem Fuͤrſten Borgheſe
und dem Grafen Regnauld ſprechen laͤßt, ſo iſt dies
zuverlaͤſſig unbegruͤndet; die Verwechslung des Namens
war ſo leicht, auch konnte gutgemeinte Abſicht ſolche
Verſicherung im Augenblicke hervorrufen. Wenn aber
gar der ehemalige Palaſtpraͤfekt von Beauſſet in ſeinen
Denkwuͤrdigkeiten erzaͤhlt: „On vit s’élancer une
femme jeune, belle, d' une taille élégante, ...
poussant des cris douloureux, des cris de mère“ ...
und in dieſer Weiſe fortfaͤhrt, die „désolante appari¬
tion” zu beſchreiben, ſo folgt er lediglich einer dichte¬
riſchen Einbildung. Niemand hat die ungluͤckliche Fuͤrſtin
als ſchon gerettete außerhalb des Saales geſehen oder
geſprochen, Niemand ſie in denſelben zuruͤckkehren geſehen.
Eine ſolche Ruͤckkehr waͤre ſogar eine voͤllige Unmoͤglich¬
keit geweſen. In der erſten Zeit wuͤrde der entgegen¬
ſtuͤrzende Menſchenſtrom es verhindert haben, und gleich
nachher, ehe dieſer noch ganz verſiegt war, die unge¬
heure Gluth ſelber, welcher ihn jagte und ſchon ereilte,
und unmittelbar ſeine Stelle einnahm. Dieſe Gluth
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/294>, abgerufen am 25.11.2024.
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