ernstlich erkrankte, und nun entschieden glaubte, den vielen weiteren Kämpfen, die sich voraussehen ließen, mit seinen geschwächten Kräften nicht mehr gewachsen zu sein. Doch ließ er deshalb in seinem Pflichtberufe keineswegs nach; die heftigsten Fieberanfälle, die schmerz¬ lichsten Kopfleiden durften ihn nicht abhalten, die Ge¬ schäftsarbeiten regelmäßig fortzuführen, und insbesondere auch die mündlichen diplomatischen Verhandlungen täglich zu bestehen. Ganz in den Leistungen lebend, welche die Zeitumstände von ihm forderten, achtete er nicht seiner eigenen Hinopferung. Erst nachdem sein Zustand, durch diese Anstrengung selbst, endlich dahin gebracht war, daß er glaubte, den Aufgaben seiner Stellung mit seinen geschwächten Kräften nicht mehr gewachsen zu sein, reifte der Vorsatz in ihm, sich aus dem Staats¬ dienste zurückzuziehen. Auch die günstigere Aussicht, zu welcher im Allgemeinen die politischen Angelegenheiten nicht ohne seine thätige Mitwirkung zurückgeführt waren, schien ein schicklicher Abschnitt für die eigne Laufbahn, und er äußerte im Frühjahr 1831 den bestimmten Wunsch, von derselben abzutreten. Doch sein Wunsch wurde noch nicht gewahrt, sondern einstweilen durch die Ernennung eines Staatssekretairs für die auswär¬ tigen Angelegenheiten nur eine erleichternde Geschäfts- Anordnung eingerichtet.
Als jedoch die Krankheitsleiden, anstatt nachzulassen, in der nächsten Zeit nur immer häufiger eintraten, und
ernſtlich erkrankte, und nun entſchieden glaubte, den vielen weiteren Kaͤmpfen, die ſich vorausſehen ließen, mit ſeinen geſchwaͤchten Kraͤften nicht mehr gewachſen zu ſein. Doch ließ er deshalb in ſeinem Pflichtberufe keineswegs nach; die heftigſten Fieberanfaͤlle, die ſchmerz¬ lichſten Kopfleiden durften ihn nicht abhalten, die Ge¬ ſchaͤftsarbeiten regelmaͤßig fortzufuͤhren, und insbeſondere auch die muͤndlichen diplomatiſchen Verhandlungen taͤglich zu beſtehen. Ganz in den Leiſtungen lebend, welche die Zeitumſtaͤnde von ihm forderten, achtete er nicht ſeiner eigenen Hinopferung. Erſt nachdem ſein Zuſtand, durch dieſe Anſtrengung ſelbſt, endlich dahin gebracht war, daß er glaubte, den Aufgaben ſeiner Stellung mit ſeinen geſchwaͤchten Kraͤften nicht mehr gewachſen zu ſein, reifte der Vorſatz in ihm, ſich aus dem Staats¬ dienſte zuruͤckzuziehen. Auch die guͤnſtigere Ausſicht, zu welcher im Allgemeinen die politiſchen Angelegenheiten nicht ohne ſeine thaͤtige Mitwirkung zuruͤckgefuͤhrt waren, ſchien ein ſchicklicher Abſchnitt fuͤr die eigne Laufbahn, und er aͤußerte im Fruͤhjahr 1831 den beſtimmten Wunſch, von derſelben abzutreten. Doch ſein Wunſch wurde noch nicht gewahrt, ſondern einſtweilen durch die Ernennung eines Staatsſekretairs fuͤr die auswaͤr¬ tigen Angelegenheiten nur eine erleichternde Geſchaͤfts- Anordnung eingerichtet.
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ernſtlich erkrankte, und nun entſchieden glaubte, den
vielen weiteren Kaͤmpfen, die ſich vorausſehen ließen,
mit ſeinen geſchwaͤchten Kraͤften nicht mehr gewachſen
zu ſein. Doch ließ er deshalb in ſeinem Pflichtberufe
keineswegs nach; die heftigſten Fieberanfaͤlle, die ſchmerz¬
lichſten Kopfleiden durften ihn nicht abhalten, die Ge¬
ſchaͤftsarbeiten regelmaͤßig fortzufuͤhren, und insbeſondere
auch die muͤndlichen diplomatiſchen Verhandlungen taͤglich
zu beſtehen. Ganz in den Leiſtungen lebend, welche
die Zeitumſtaͤnde von ihm forderten, achtete er nicht
ſeiner eigenen Hinopferung. Erſt nachdem ſein Zuſtand,
durch dieſe Anſtrengung ſelbſt, endlich dahin gebracht
war, daß er glaubte, den Aufgaben ſeiner Stellung
mit ſeinen geſchwaͤchten Kraͤften nicht mehr gewachſen
zu ſein, reifte der Vorſatz in ihm, ſich aus dem Staats¬
dienſte zuruͤckzuziehen. Auch die guͤnſtigere Ausſicht, zu
welcher im Allgemeinen die politiſchen Angelegenheiten
nicht ohne ſeine thaͤtige Mitwirkung zuruͤckgefuͤhrt waren,
ſchien ein ſchicklicher Abſchnitt fuͤr die eigne Laufbahn,
und er aͤußerte im Fruͤhjahr 1831 den beſtimmten
Wunſch, von derſelben abzutreten. Doch ſein Wunſch
wurde noch nicht gewahrt, ſondern einſtweilen durch
die Ernennung eines Staatsſekretairs fuͤr die auswaͤr¬
tigen Angelegenheiten nur eine erleichternde Geſchaͤfts-
Anordnung eingerichtet.
Als jedoch die Krankheitsleiden, anſtatt nachzulaſſen,
in der naͤchſten Zeit nur immer haͤufiger eintraten, und
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/389>, abgerufen am 22.11.2024.
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