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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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VII. Genese der Organe.
Organen constituirt sich jede Längenaxe selbstständig für sich und
zerfällt in ihre eigenen differenten Bildungen und auf gleiche
Weise sind in den sensuellen Organen Centrum und Peripherie,
Contentum und Hülle geschieden und jedes von ihnen seiner eige-
nen Differenzirung überlassen. Die Trennung der Längenaxe ge-
schieht aber in beiden Abtheilungen auf dieselbe Weise, wie in
den primären Bildungen des Schleimblattes.

12. Jedes der drei Blätter der Keimhaut hat seinen Embryo-
naltheil und peripherischen Theil, in der Frucht selbst aber seine
primäre und seine secundäre Bildung. Die primäre Bildung er-
scheint als Röhre und ihr Anhang wird zur secundären Bildung.
In dem serösen Blatte sind primäre Bildung das Centralnerven-
system nebst Hüllen, in dem Gefässblatte das Herz, in dem Schleim-
blatte der Darmkanal; in dem serösen Blatte sind secundäre Bil-
dungen die inneren Abtheilungen der Sinnesorgane und vielleicht
die Nieren, in dem Gefässblatte das Herz und vielleicht die inne-
ren keimbereitenden Geschlechtstheile, die Schilddrüse, die Thy-
mus, die Milz und die Nebennieren, in dem Schleimblatte endlich
die Drüsen, die Lungen, die Leber. In jedem ist der Typus,
nach welchem diese Theile sich bilden, verändert, der höheren
Uridee nach aber ein und derselbe. In dem serösen Blatte ent-
steht zuerst ein Gegensatz von centraler Flüssigkeit und Leibes-
platten, als der Gegensatz von animalischem sensuellen und moto-
rischen Leben überhaupt. Das sensuelle Leben scheidet sich in
Centrum und Peripherie, Contentum und Hülle, centrales Nerven-
system und Wirbelsäule. Die Leibesplatten trennen sich, diesem
entsprechend, in Rücken und Bauchplatten als Organe der thieri-
schen Bewegungsfunctionen überhaupt. Diese sondern sich aber
beiderseits in der die Dimension der Tiefe entsprechend der Keim-
haut überhaupt in eine obere, schützende Schicht, das Haut- und
eine untere, die Bewegung vermittelnde, das Muskelsystem.
Zwischen beiden Schichten, d. h. zwischen den an die Wirbel-
säule sowohl, als dem oberen Centralrohre, angelagerten Bildun-
gen und dem unteren Centralrohre, als auch zwischen der Haut
und der primären Muskelschicht entsteht die abgelagerte Urmasse
für die Extremitäten und deren Gürtel. Die Extremitäten selbst
stehen mit beiden in inniger Verbindung. Als wahre Ausstül-
pungsbildungen treiben sie die Hautschicht vor sich her. Ihre
Verwandtschaft mit der unteren Muskelschicht wird aber dadurch

VII. Genese der Organe.
Organen constituirt sich jede Längenaxe selbstständig für sich und
zerfällt in ihre eigenen differenten Bildungen und auf gleiche
Weise sind in den sensuellen Organen Centrum und Peripherie,
Contentum und Hülle geschieden und jedes von ihnen seiner eige-
nen Differenzirung überlassen. Die Trennung der Längenaxe ge-
schieht aber in beiden Abtheilungen auf dieselbe Weise, wie in
den primären Bildungen des Schleimblattes.

12. Jedes der drei Blätter der Keimhaut hat seinen Embryo-
naltheil und peripherischen Theil, in der Frucht selbst aber seine
primäre und seine secundäre Bildung. Die primäre Bildung er-
scheint als Röhre und ihr Anhang wird zur secundären Bildung.
In dem serösen Blatte sind primäre Bildung das Centralnerven-
system nebst Hüllen, in dem Gefäſsblatte das Herz, in dem Schleim-
blatte der Darmkanal; in dem serösen Blatte sind secundäre Bil-
dungen die inneren Abtheilungen der Sinnesorgane und vielleicht
die Nieren, in dem Gefäſsblatte das Herz und vielleicht die inne-
ren keimbereitenden Geschlechtstheile, die Schilddrüse, die Thy-
mus, die Milz und die Nebennieren, in dem Schleimblatte endlich
die Drüsen, die Lungen, die Leber. In jedem ist der Typus,
nach welchem diese Theile sich bilden, verändert, der höheren
Uridee nach aber ein und derselbe. In dem serösen Blatte ent-
steht zuerst ein Gegensatz von centraler Flüssigkeit und Leibes-
platten, als der Gegensatz von animalischem sensuellen und moto-
rischen Leben überhaupt. Das sensuelle Leben scheidet sich in
Centrum und Peripherie, Contentum und Hülle, centrales Nerven-
system und Wirbelsäule. Die Leibesplatten trennen sich, diesem
entsprechend, in Rücken und Bauchplatten als Organe der thieri-
schen Bewegungsfunctionen überhaupt. Diese sondern sich aber
beiderseits in der die Dimension der Tiefe entsprechend der Keim-
haut überhaupt in eine obere, schützende Schicht, das Haut- und
eine untere, die Bewegung vermittelnde, das Muskelsystem.
Zwischen beiden Schichten, d. h. zwischen den an die Wirbel-
säule sowohl, als dem oberen Centralrohre, angelagerten Bildun-
gen und dem unteren Centralrohre, als auch zwischen der Haut
und der primären Muskelschicht entsteht die abgelagerte Urmasse
für die Extremitäten und deren Gürtel. Die Extremitäten selbst
stehen mit beiden in inniger Verbindung. Als wahre Ausstül-
pungsbildungen treiben sie die Hautschicht vor sich her. Ihre
Verwandtschaft mit der unteren Muskelschicht wird aber dadurch

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[619/0647] VII. Genese der Organe. Organen constituirt sich jede Längenaxe selbstständig für sich und zerfällt in ihre eigenen differenten Bildungen und auf gleiche Weise sind in den sensuellen Organen Centrum und Peripherie, Contentum und Hülle geschieden und jedes von ihnen seiner eige- nen Differenzirung überlassen. Die Trennung der Längenaxe ge- schieht aber in beiden Abtheilungen auf dieselbe Weise, wie in den primären Bildungen des Schleimblattes. 12. Jedes der drei Blätter der Keimhaut hat seinen Embryo- naltheil und peripherischen Theil, in der Frucht selbst aber seine primäre und seine secundäre Bildung. Die primäre Bildung er- scheint als Röhre und ihr Anhang wird zur secundären Bildung. In dem serösen Blatte sind primäre Bildung das Centralnerven- system nebst Hüllen, in dem Gefäſsblatte das Herz, in dem Schleim- blatte der Darmkanal; in dem serösen Blatte sind secundäre Bil- dungen die inneren Abtheilungen der Sinnesorgane und vielleicht die Nieren, in dem Gefäſsblatte das Herz und vielleicht die inne- ren keimbereitenden Geschlechtstheile, die Schilddrüse, die Thy- mus, die Milz und die Nebennieren, in dem Schleimblatte endlich die Drüsen, die Lungen, die Leber. In jedem ist der Typus, nach welchem diese Theile sich bilden, verändert, der höheren Uridee nach aber ein und derselbe. In dem serösen Blatte ent- steht zuerst ein Gegensatz von centraler Flüssigkeit und Leibes- platten, als der Gegensatz von animalischem sensuellen und moto- rischen Leben überhaupt. Das sensuelle Leben scheidet sich in Centrum und Peripherie, Contentum und Hülle, centrales Nerven- system und Wirbelsäule. Die Leibesplatten trennen sich, diesem entsprechend, in Rücken und Bauchplatten als Organe der thieri- schen Bewegungsfunctionen überhaupt. Diese sondern sich aber beiderseits in der die Dimension der Tiefe entsprechend der Keim- haut überhaupt in eine obere, schützende Schicht, das Haut- und eine untere, die Bewegung vermittelnde, das Muskelsystem. Zwischen beiden Schichten, d. h. zwischen den an die Wirbel- säule sowohl, als dem oberen Centralrohre, angelagerten Bildun- gen und dem unteren Centralrohre, als auch zwischen der Haut und der primären Muskelschicht entsteht die abgelagerte Urmasse für die Extremitäten und deren Gürtel. Die Extremitäten selbst stehen mit beiden in inniger Verbindung. Als wahre Ausstül- pungsbildungen treiben sie die Hautschicht vor sich her. Ihre Verwandtschaft mit der unteren Muskelschicht wird aber dadurch

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/647>, abgerufen am 11.06.2024.