Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung.
beurkundet, dass sie Fortsätze ausschicken, welche sich um diese
herumlagern. In dem motorischen Organe überhaupt ist der
Gegensatz von Bewegtem und Bewegendem, Passivität und Acti-
vität, Knochen und Muskeln nothwendig gegeben. -- Wie die
Extremitäten die Mittelglieder zwischen oberem und unterem
Centralrohre, zwischen schützender und begrenzender Schicht
sind, so müssen die Sinnesorgane als Vermittler zwischen rein
sensuellen und motorischen Organen angesehen werden. Die drei
höheren, Auge, Ohr und Nase, zerfallen daher auch in äussere
und innere Abtheilungen. Als Verbindungsglieder zwischen den
Leibesplatten und dem centralen Nervensysteme erscheint ihre
innere Abtheilung als Einfurchung (Grube), welchen wahrschein-
lich eine Ausstülpung des sensiblen Centralorganes entgegenkommt.
Die äusseren Abtheilungen erscheinen später nach Verhältniss ihrer
zeitlichen Ausbildung und ihrer der absoluten Stellung des Sinnesor-
ganes entgegengesetzten Dignität als Productionen der Bauchplatten,
daher zuerst die des Ohres, dann die der Nase und zuletzt die der Au-
gen. Das obere und untere Centralrohr werden aber zu Hüllen und
zwar das erstere zu denen der rein sensuellen, das letztere zu denen
der vegetativen Organe. In dem Letzteren wird der Embryonaltheil
des Schleimblattes eingeschlossen, so wie der über ihm liegende,
entsprechende Antheil des Gefässblattes. Wir haben also in dem
serösen Blatte alle rein animalischen Functionen vereinigt und
zwar die rein sensuellen und die motorischen, die das Denken,
die Bewegung und die Empfindung vermitteln. Ausserdem nimmt
es auch an seiner äussersten Oberfläche die schützende Function
an, wie es, als das das Thier überhaupt Bestimmende, seine Form
meistens festsetzt.

In dem Gefässblatte ist die centrale Bildung das Herz und
die peripherische das System der Blutgefässe. Alle Gefässe ent-
stehen durch Verdichtung im Aeusseren und Verflüssigung im In-
nern und dem Herzen selbst, als dem Centralgefässe ist ganz der-
selbe Process eigenthümlich. Nur krümmt dieses sich, zum Theil
noch früher, als es in seinem Innern vollständig verflüssigt wor-
den, in sich selbst zusammen und bekundet hierdurch seine hö-
here Individualität. Es lässt sich der Analogie gemäss erwar-
ten, dass auch hier secundäre Bildungen vorkommen. Welches
aber ihr Charakter sey, ist durch Beobachtung noch nicht ausge-
macht.

Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung.
beurkundet, daſs sie Fortsätze ausschicken, welche sich um diese
herumlagern. In dem motorischen Organe überhaupt ist der
Gegensatz von Bewegtem und Bewegendem, Passivität und Acti-
vität, Knochen und Muskeln nothwendig gegeben. — Wie die
Extremitäten die Mittelglieder zwischen oberem und unterem
Centralrohre, zwischen schützender und begrenzender Schicht
sind, so müssen die Sinnesorgane als Vermittler zwischen rein
sensuellen und motorischen Organen angesehen werden. Die drei
höheren, Auge, Ohr und Nase, zerfallen daher auch in äuſsere
und innere Abtheilungen. Als Verbindungsglieder zwischen den
Leibesplatten und dem centralen Nervensysteme erscheint ihre
innere Abtheilung als Einfurchung (Grube), welchen wahrschein-
lich eine Ausstülpung des sensiblen Centralorganes entgegenkommt.
Die äuſseren Abtheilungen erscheinen später nach Verhältniſs ihrer
zeitlichen Ausbildung und ihrer der absoluten Stellung des Sinnesor-
ganes entgegengesetzten Dignität als Productionen der Bauchplatten,
daher zuerst die des Ohres, dann die der Nase und zuletzt die der Au-
gen. Das obere und untere Centralrohr werden aber zu Hüllen und
zwar das erstere zu denen der rein sensuellen, das letztere zu denen
der vegetativen Organe. In dem Letzteren wird der Embryonaltheil
des Schleimblattes eingeschlossen, so wie der über ihm liegende,
entsprechende Antheil des Gefäſsblattes. Wir haben also in dem
serösen Blatte alle rein animalischen Functionen vereinigt und
zwar die rein sensuellen und die motorischen, die das Denken,
die Bewegung und die Empfindung vermitteln. Auſserdem nimmt
es auch an seiner äuſsersten Oberfläche die schützende Function
an, wie es, als das das Thier überhaupt Bestimmende, seine Form
meistens festsetzt.

In dem Gefäſsblatte ist die centrale Bildung das Herz und
die peripherische das System der Blutgefäſse. Alle Gefäſse ent-
stehen durch Verdichtung im Aeuſseren und Verflüssigung im In-
nern und dem Herzen selbst, als dem Centralgefäſse ist ganz der-
selbe Proceſs eigenthümlich. Nur krümmt dieses sich, zum Theil
noch früher, als es in seinem Innern vollständig verflüssigt wor-
den, in sich selbst zusammen und bekundet hierdurch seine hö-
here Individualität. Es läſst sich der Analogie gemäſs erwar-
ten, daſs auch hier secundäre Bildungen vorkommen. Welches
aber ihr Charakter sey, ist durch Beobachtung noch nicht ausge-
macht.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0648" n="620"/><fw place="top" type="header">Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung.</fw><lb/>
beurkundet, da&#x017F;s sie Fortsätze ausschicken, welche sich um diese<lb/>
herumlagern. In dem motorischen Organe überhaupt ist der<lb/>
Gegensatz von Bewegtem und Bewegendem, Passivität und Acti-<lb/>
vität, Knochen und Muskeln nothwendig gegeben. &#x2014; Wie die<lb/>
Extremitäten die Mittelglieder zwischen oberem und unterem<lb/>
Centralrohre, zwischen schützender und begrenzender Schicht<lb/>
sind, so müssen die Sinnesorgane als Vermittler zwischen rein<lb/>
sensuellen und motorischen Organen angesehen werden. Die drei<lb/>
höheren, Auge, Ohr und Nase, zerfallen daher auch in äu&#x017F;sere<lb/>
und innere Abtheilungen. Als Verbindungsglieder zwischen den<lb/>
Leibesplatten und dem centralen Nervensysteme erscheint ihre<lb/>
innere Abtheilung als Einfurchung (Grube), welchen wahrschein-<lb/>
lich eine Ausstülpung des sensiblen Centralorganes entgegenkommt.<lb/>
Die äu&#x017F;seren Abtheilungen erscheinen später nach Verhältni&#x017F;s ihrer<lb/>
zeitlichen Ausbildung und ihrer der absoluten Stellung des Sinnesor-<lb/>
ganes entgegengesetzten Dignität als Productionen der Bauchplatten,<lb/>
daher zuerst die des Ohres, dann die der Nase und zuletzt die der Au-<lb/>
gen. Das obere und untere Centralrohr werden aber zu Hüllen und<lb/>
zwar das erstere zu denen der rein sensuellen, das letztere zu denen<lb/>
der vegetativen Organe. In dem Letzteren wird der Embryonaltheil<lb/>
des Schleimblattes eingeschlossen, so wie der über ihm liegende,<lb/>
entsprechende Antheil des Gefä&#x017F;sblattes. Wir haben also in dem<lb/>
serösen Blatte alle rein animalischen Functionen vereinigt und<lb/>
zwar die rein sensuellen und die motorischen, die das Denken,<lb/>
die Bewegung und die Empfindung vermitteln. Au&#x017F;serdem nimmt<lb/>
es auch an seiner äu&#x017F;sersten Oberfläche die schützende Function<lb/>
an, wie es, als das das Thier überhaupt Bestimmende, seine Form<lb/>
meistens festsetzt.</p><lb/>
          <p>In dem Gefä&#x017F;sblatte ist die centrale Bildung das Herz und<lb/>
die peripherische das System der Blutgefä&#x017F;se. Alle Gefä&#x017F;se ent-<lb/>
stehen durch Verdichtung im Aeu&#x017F;seren und Verflüssigung im In-<lb/>
nern und dem Herzen selbst, als dem Centralgefä&#x017F;se ist ganz der-<lb/>
selbe Proce&#x017F;s eigenthümlich. Nur krümmt dieses sich, zum Theil<lb/>
noch früher, als es in seinem Innern vollständig verflüssigt wor-<lb/>
den, in sich selbst zusammen und bekundet hierdurch seine hö-<lb/>
here Individualität. Es lä&#x017F;st sich der Analogie gemä&#x017F;s erwar-<lb/>
ten, da&#x017F;s auch hier secundäre Bildungen vorkommen. Welches<lb/>
aber ihr Charakter sey, ist durch Beobachtung noch nicht ausge-<lb/>
macht.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[620/0648] Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung. beurkundet, daſs sie Fortsätze ausschicken, welche sich um diese herumlagern. In dem motorischen Organe überhaupt ist der Gegensatz von Bewegtem und Bewegendem, Passivität und Acti- vität, Knochen und Muskeln nothwendig gegeben. — Wie die Extremitäten die Mittelglieder zwischen oberem und unterem Centralrohre, zwischen schützender und begrenzender Schicht sind, so müssen die Sinnesorgane als Vermittler zwischen rein sensuellen und motorischen Organen angesehen werden. Die drei höheren, Auge, Ohr und Nase, zerfallen daher auch in äuſsere und innere Abtheilungen. Als Verbindungsglieder zwischen den Leibesplatten und dem centralen Nervensysteme erscheint ihre innere Abtheilung als Einfurchung (Grube), welchen wahrschein- lich eine Ausstülpung des sensiblen Centralorganes entgegenkommt. Die äuſseren Abtheilungen erscheinen später nach Verhältniſs ihrer zeitlichen Ausbildung und ihrer der absoluten Stellung des Sinnesor- ganes entgegengesetzten Dignität als Productionen der Bauchplatten, daher zuerst die des Ohres, dann die der Nase und zuletzt die der Au- gen. Das obere und untere Centralrohr werden aber zu Hüllen und zwar das erstere zu denen der rein sensuellen, das letztere zu denen der vegetativen Organe. In dem Letzteren wird der Embryonaltheil des Schleimblattes eingeschlossen, so wie der über ihm liegende, entsprechende Antheil des Gefäſsblattes. Wir haben also in dem serösen Blatte alle rein animalischen Functionen vereinigt und zwar die rein sensuellen und die motorischen, die das Denken, die Bewegung und die Empfindung vermitteln. Auſserdem nimmt es auch an seiner äuſsersten Oberfläche die schützende Function an, wie es, als das das Thier überhaupt Bestimmende, seine Form meistens festsetzt. In dem Gefäſsblatte ist die centrale Bildung das Herz und die peripherische das System der Blutgefäſse. Alle Gefäſse ent- stehen durch Verdichtung im Aeuſseren und Verflüssigung im In- nern und dem Herzen selbst, als dem Centralgefäſse ist ganz der- selbe Proceſs eigenthümlich. Nur krümmt dieses sich, zum Theil noch früher, als es in seinem Innern vollständig verflüssigt wor- den, in sich selbst zusammen und bekundet hierdurch seine hö- here Individualität. Es läſst sich der Analogie gemäſs erwar- ten, daſs auch hier secundäre Bildungen vorkommen. Welches aber ihr Charakter sey, ist durch Beobachtung noch nicht ausge- macht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/648
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/648>, abgerufen am 12.06.2024.