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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.
dreieckig. Bei dem Pferde (l. c. S. 180.) ist sie von länglicher
Form, röthlich und runzlich, liegt ihrer ganzen Länge nach per-
pendiculär zu dem Unterleibe des Fötus, verkleinert sich wäh-
rend des Verlaufes der Entwickelung und schwindet vielleicht
vor dem Ende des Fruchtlebens. Sie hat aber nur eine Chalaze
und ist auch nur an einer Seite an dem Chorion befestigt. Ihre
Gefässe anastomosiren mit denen des Chorion. Bei dem Schweine
liegt die Nabelblase schief gegen den Fötus; bei dem Menschen
dagegen (l. c. S. 581.) bald in dem Nabelstrange, bald an seinem
äusseren Ende, bald etwas weiter ab und vermuthlich in einer
Vertiefung der Allantois. Bei den Wiederkäuern schwinden Na-
belblase und Nabelgekrösgefässe verhältnissmässig am schnellsten.
Bei den Nagern dagegen ist die Nabelblase grösser als die Allan-
tois und bekleidet die innere Fläche des Chorion und die äussere
der Allantois. Die Verbindung der Nabelblase mit dem Darme
hat Cuvier (l. c. S. 583.) nicht, wie Oken behauptete, an dem
Blinddarme, sondern oberhalb desselben gefunden. Seine Angaben
über die Nabelblase hat Dutrochet (Meck. Arch. V. S. 586--592.)
bei wiederholten Untersuchungen bestätigt gefunden. Alessan-
drini (Meck. Arch. V. S. 613.) fand sie bei einem der Reife na-
hen Eie des Seehundes klein und spindelförmig. Sie hing mit
einem dicken cellulösen Strange an dem inneren Blatte des Cho-
rion, mit einem anderen zelligen Strange am Nabelstrange. Dem
ersten Bande gegenüber ging ein drittes kleineres Band zum Cho-
rion. Auch gingen von der Oberfläche der Nabelblase zellgewe-
bige Fäden zum Chorion, die vielleicht früher Blutgefässe enthiel-
ten. Die Nabelblase selbst enthielt eine halbe Unze einer weissen,
geruchlosen, durchsichtigen, eiweissähnlichen Substanz und bestand
aus einer festen, nach aussen glatten, nach innen gerunzelten
Membran. Die Nabelgekrösgefässe waren im Nabelstrange sowohl
als in dem Unterleibe völlig verschlossen. Doch glaubt er, dass
nur durch diese der Darmkanal mit der Nabelblase communicire.
Knorre (de vesicula umbilicali. 1822. 8.) hat zwar keine eige-
nen Beobachtungen über die Nabelblase geliefert, aber sorgfältig
Alles, was zu seiner Zeit existirte, gesammelt und Schlüsse daraus
gezogen, welche für den damaligen Zustand der Entwickelungs-
geschichte in jeder Rücksicht ausgezeichnet genannt werden
müssen. So deutet er z. B. die von Cruikschank in zarten Ka-
nincheneiern schon gefundene, innere Blase für die Nabelblase (l.

III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.
dreieckig. Bei dem Pferde (l. c. S. 180.) ist sie von länglicher
Form, röthlich und runzlich, liegt ihrer ganzen Länge nach per-
pendiculär zu dem Unterleibe des Fötus, verkleinert sich wäh-
rend des Verlaufes der Entwickelung und schwindet vielleicht
vor dem Ende des Fruchtlebens. Sie hat aber nur eine Chalaze
und ist auch nur an einer Seite an dem Chorion befestigt. Ihre
Gefäſse anastomosiren mit denen des Chorion. Bei dem Schweine
liegt die Nabelblase schief gegen den Fötus; bei dem Menschen
dagegen (l. c. S. 581.) bald in dem Nabelstrange, bald an seinem
äuſseren Ende, bald etwas weiter ab und vermuthlich in einer
Vertiefung der Allantois. Bei den Wiederkäuern schwinden Na-
belblase und Nabelgekrösgefäſse verhältniſsmäſsig am schnellsten.
Bei den Nagern dagegen ist die Nabelblase gröſser als die Allan-
tois und bekleidet die innere Fläche des Chorion und die äuſsere
der Allantois. Die Verbindung der Nabelblase mit dem Darme
hat Cuvier (l. c. S. 583.) nicht, wie Oken behauptete, an dem
Blinddarme, sondern oberhalb desselben gefunden. Seine Angaben
über die Nabelblase hat Dutrochet (Meck. Arch. V. S. 586—592.)
bei wiederholten Untersuchungen bestätigt gefunden. Alessan-
drini (Meck. Arch. V. S. 613.) fand sie bei einem der Reife na-
hen Eie des Seehundes klein und spindelförmig. Sie hing mit
einem dicken cellulösen Strange an dem inneren Blatte des Cho-
rion, mit einem anderen zelligen Strange am Nabelstrange. Dem
ersten Bande gegenüber ging ein drittes kleineres Band zum Cho-
rion. Auch gingen von der Oberfläche der Nabelblase zellgewe-
bige Fäden zum Chorion, die vielleicht früher Blutgefäſse enthiel-
ten. Die Nabelblase selbst enthielt eine halbe Unze einer weiſsen,
geruchlosen, durchsichtigen, eiweiſsähnlichen Substanz und bestand
aus einer festen, nach auſsen glatten, nach innen gerunzelten
Membran. Die Nabelgekrösgefäſse waren im Nabelstrange sowohl
als in dem Unterleibe völlig verschlossen. Doch glaubt er, daſs
nur durch diese der Darmkanal mit der Nabelblase communicire.
Knorre (de vesicula umbilicali. 1822. 8.) hat zwar keine eige-
nen Beobachtungen über die Nabelblase geliefert, aber sorgfältig
Alles, was zu seiner Zeit existirte, gesammelt und Schlüsse daraus
gezogen, welche für den damaligen Zustand der Entwickelungs-
geschichte in jeder Rücksicht ausgezeichnet genannt werden
müssen. So deutet er z. B. die von Cruikschank in zarten Ka-
nincheneiern schon gefundene, innere Blase für die Nabelblase (l.

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[108/0136] III. Das Ei während der Fruchtentwickelung. dreieckig. Bei dem Pferde (l. c. S. 180.) ist sie von länglicher Form, röthlich und runzlich, liegt ihrer ganzen Länge nach per- pendiculär zu dem Unterleibe des Fötus, verkleinert sich wäh- rend des Verlaufes der Entwickelung und schwindet vielleicht vor dem Ende des Fruchtlebens. Sie hat aber nur eine Chalaze und ist auch nur an einer Seite an dem Chorion befestigt. Ihre Gefäſse anastomosiren mit denen des Chorion. Bei dem Schweine liegt die Nabelblase schief gegen den Fötus; bei dem Menschen dagegen (l. c. S. 581.) bald in dem Nabelstrange, bald an seinem äuſseren Ende, bald etwas weiter ab und vermuthlich in einer Vertiefung der Allantois. Bei den Wiederkäuern schwinden Na- belblase und Nabelgekrösgefäſse verhältniſsmäſsig am schnellsten. Bei den Nagern dagegen ist die Nabelblase gröſser als die Allan- tois und bekleidet die innere Fläche des Chorion und die äuſsere der Allantois. Die Verbindung der Nabelblase mit dem Darme hat Cuvier (l. c. S. 583.) nicht, wie Oken behauptete, an dem Blinddarme, sondern oberhalb desselben gefunden. Seine Angaben über die Nabelblase hat Dutrochet (Meck. Arch. V. S. 586—592.) bei wiederholten Untersuchungen bestätigt gefunden. Alessan- drini (Meck. Arch. V. S. 613.) fand sie bei einem der Reife na- hen Eie des Seehundes klein und spindelförmig. Sie hing mit einem dicken cellulösen Strange an dem inneren Blatte des Cho- rion, mit einem anderen zelligen Strange am Nabelstrange. Dem ersten Bande gegenüber ging ein drittes kleineres Band zum Cho- rion. Auch gingen von der Oberfläche der Nabelblase zellgewe- bige Fäden zum Chorion, die vielleicht früher Blutgefäſse enthiel- ten. Die Nabelblase selbst enthielt eine halbe Unze einer weiſsen, geruchlosen, durchsichtigen, eiweiſsähnlichen Substanz und bestand aus einer festen, nach auſsen glatten, nach innen gerunzelten Membran. Die Nabelgekrösgefäſse waren im Nabelstrange sowohl als in dem Unterleibe völlig verschlossen. Doch glaubt er, daſs nur durch diese der Darmkanal mit der Nabelblase communicire. Knorre (de vesicula umbilicali. 1822. 8.) hat zwar keine eige- nen Beobachtungen über die Nabelblase geliefert, aber sorgfältig Alles, was zu seiner Zeit existirte, gesammelt und Schlüsse daraus gezogen, welche für den damaligen Zustand der Entwickelungs- geschichte in jeder Rücksicht ausgezeichnet genannt werden müssen. So deutet er z. B. die von Cruikschank in zarten Ka- nincheneiern schon gefundene, innere Blase für die Nabelblase (l.

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/136>, abgerufen am 27.04.2024.