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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Die in dem Eileiter gebildeten Stoffe des Eies.
hen. So sollten z. B. nach Breschet und Raspail (Repert. gener.
d'anat. et physiol. Tom. V. p. II. P.
380. in Heusinger's Zeit-
schr. II. S. 564.) die Gefässe durch Aufbewahrung in Weingeist
besonders deutlich werden, -- eine Behauptung, von deren Un-
wahrheit sich Jeder leicht an irgend einem mit Blutgefässen ver-
sehenen Theile überzeugen kann. -- Hieran schliesst sich zunächst
die Frage, ob Saugadern in den Flocken des Chorion vorhanden
seyen oder nicht. Von den hierher gehörenden Erfahrungen von
Fohmann wird noch weiter unten die Rede seyn. Ausser die-
sem Naturforscher, welcher auf ihre Existenz nach gemachten
Quecksilberinjectionen schliesst, haben Einige, wie Schreger, Chaus-
sier, Ribes u. A., sie hypothesisch angenommen oder verworfen. --
Eine Höhlung im Innern der Flocken, die von Vielen beschrieben
wurde, konnten Manche, wie z. B. Seiler (l. c. p. 30.), nicht mit
Bestimmtheit beobachten. -- Eben so wenig ist bis jetzt die von
Mehreren gelehrte Existenz von Nerven bestätigt worden (S. un-
ten Nabelstrang und Mutterkuchen). -- Uebereinstimmend nach allen
Beobachtern bestehen die Zotten, wie sich auch Jeder leicht über-
zeugen kann, aus einem durchsichtigen, viele, ziemlich grosse
Körnchen enthaltenden Stoffe, welcher mit der Masse der Süss-
wasserpolypen, der Darmzotten u. dgl. einige entfernte Aehnlich-
keit hat. -- Das Exochorion umschliesst also nach allem bisher
Gesagten, wie die Schaalenhaut der Vögel, das Ei vollständig,
ist keine Fortsetzung irgend eines Theiles des Embryo und für
sich ohne Blutgefässe. Im Laufe der Entwickelung tritt als Pro-
duction des Embryo das Endochorion an dasselbe, dessen Blutge-
fässe sich besonders an den Stellen des Fruchtkuchens in das Exo-
chorion hineinbilden, so dass aus diesen, dem Ursprunge sowohl,
als ihrer Bedeutung nach verschiedenen Theilen ein mit Blutge-
fässen versehenes Gebilde, das Chorion, entsteht.

Dicht an der inneren Oberfläche des Chorion liegt in dem
Eie des Menschen in einer frühen Periode des Fruchtlebens ein
eigenthümlicher, gallert- oder eiweissartiger Körper, dessen Exi-
stenz von Vielen dargethan, dessen Bedeutung aber von Keinem
mit Gewissheit festgestellt werden konnte. Schon Wrisberg
(descr. anat. embryonis. 1764. 4. p. 5.) und W. Hunter (anatom.
Beschreib. des schwang. Uterus S. 66. 67.) sprechen von einer
gallertartigen Substanz zwischen Chorion und Amnion. Lobstein,
welcher sie in zwei Eiern vom zweiten und dritten Monate nicht

Die in dem Eileiter gebildeten Stoffe des Eies.
hen. So sollten z. B. nach Breschet und Raspail (Répert. génér.
d’anat. et physiol. Tom. V. p. II. P.
380. in Heusinger’s Zeit-
schr. II. S. 564.) die Gefäſse durch Aufbewahrung in Weingeist
besonders deutlich werden, — eine Behauptung, von deren Un-
wahrheit sich Jeder leicht an irgend einem mit Blutgefäſsen ver-
sehenen Theile überzeugen kann. — Hieran schlieſst sich zunächst
die Frage, ob Saugadern in den Flocken des Chorion vorhanden
seyen oder nicht. Von den hierher gehörenden Erfahrungen von
Fohmann wird noch weiter unten die Rede seyn. Auſser die-
sem Naturforscher, welcher auf ihre Existenz nach gemachten
Quecksilberinjectionen schlieſst, haben Einige, wie Schreger, Chaus-
sier, Ribes u. A., sie hypothesisch angenommen oder verworfen. —
Eine Höhlung im Innern der Flocken, die von Vielen beschrieben
wurde, konnten Manche, wie z. B. Seiler (l. c. p. 30.), nicht mit
Bestimmtheit beobachten. — Eben so wenig ist bis jetzt die von
Mehreren gelehrte Existenz von Nerven bestätigt worden (S. un-
ten Nabelstrang und Mutterkuchen). — Uebereinstimmend nach allen
Beobachtern bestehen die Zotten, wie sich auch Jeder leicht über-
zeugen kann, aus einem durchsichtigen, viele, ziemlich groſse
Körnchen enthaltenden Stoffe, welcher mit der Masse der Süſs-
wasserpolypen, der Darmzotten u. dgl. einige entfernte Aehnlich-
keit hat. — Das Exochorion umschlieſst also nach allem bisher
Gesagten, wie die Schaalenhaut der Vögel, das Ei vollständig,
ist keine Fortsetzung irgend eines Theiles des Embryo und für
sich ohne Blutgefäſse. Im Laufe der Entwickelung tritt als Pro-
duction des Embryo das Endochorion an dasselbe, dessen Blutge-
fäſse sich besonders an den Stellen des Fruchtkuchens in das Exo-
chorion hineinbilden, so daſs aus diesen, dem Ursprunge sowohl,
als ihrer Bedeutung nach verschiedenen Theilen ein mit Blutge-
fäſsen versehenes Gebilde, das Chorion, entsteht.

Dicht an der inneren Oberfläche des Chorion liegt in dem
Eie des Menschen in einer frühen Periode des Fruchtlebens ein
eigenthümlicher, gallert- oder eiweiſsartiger Körper, dessen Exi-
stenz von Vielen dargethan, dessen Bedeutung aber von Keinem
mit Gewiſsheit festgestellt werden konnte. Schon Wrisberg
(descr. anat. embryonis. 1764. 4. p. 5.) und W. Hunter (anatom.
Beschreib. des schwang. Uterus S. 66. 67.) sprechen von einer
gallertartigen Substanz zwischen Chorion und Amnion. Lobstein,
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[89/0117] Die in dem Eileiter gebildeten Stoffe des Eies. hen. So sollten z. B. nach Breschet und Raspail (Répert. génér. d’anat. et physiol. Tom. V. p. II. P. 380. in Heusinger’s Zeit- schr. II. S. 564.) die Gefäſse durch Aufbewahrung in Weingeist besonders deutlich werden, — eine Behauptung, von deren Un- wahrheit sich Jeder leicht an irgend einem mit Blutgefäſsen ver- sehenen Theile überzeugen kann. — Hieran schlieſst sich zunächst die Frage, ob Saugadern in den Flocken des Chorion vorhanden seyen oder nicht. Von den hierher gehörenden Erfahrungen von Fohmann wird noch weiter unten die Rede seyn. Auſser die- sem Naturforscher, welcher auf ihre Existenz nach gemachten Quecksilberinjectionen schlieſst, haben Einige, wie Schreger, Chaus- sier, Ribes u. A., sie hypothesisch angenommen oder verworfen. — Eine Höhlung im Innern der Flocken, die von Vielen beschrieben wurde, konnten Manche, wie z. B. Seiler (l. c. p. 30.), nicht mit Bestimmtheit beobachten. — Eben so wenig ist bis jetzt die von Mehreren gelehrte Existenz von Nerven bestätigt worden (S. un- ten Nabelstrang und Mutterkuchen). — Uebereinstimmend nach allen Beobachtern bestehen die Zotten, wie sich auch Jeder leicht über- zeugen kann, aus einem durchsichtigen, viele, ziemlich groſse Körnchen enthaltenden Stoffe, welcher mit der Masse der Süſs- wasserpolypen, der Darmzotten u. dgl. einige entfernte Aehnlich- keit hat. — Das Exochorion umschlieſst also nach allem bisher Gesagten, wie die Schaalenhaut der Vögel, das Ei vollständig, ist keine Fortsetzung irgend eines Theiles des Embryo und für sich ohne Blutgefäſse. Im Laufe der Entwickelung tritt als Pro- duction des Embryo das Endochorion an dasselbe, dessen Blutge- fäſse sich besonders an den Stellen des Fruchtkuchens in das Exo- chorion hineinbilden, so daſs aus diesen, dem Ursprunge sowohl, als ihrer Bedeutung nach verschiedenen Theilen ein mit Blutge- fäſsen versehenes Gebilde, das Chorion, entsteht. Dicht an der inneren Oberfläche des Chorion liegt in dem Eie des Menschen in einer frühen Periode des Fruchtlebens ein eigenthümlicher, gallert- oder eiweiſsartiger Körper, dessen Exi- stenz von Vielen dargethan, dessen Bedeutung aber von Keinem mit Gewiſsheit festgestellt werden konnte. Schon Wrisberg (descr. anat. embryonis. 1764. 4. p. 5.) und W. Hunter (anatom. Beschreib. des schwang. Uterus S. 66. 67.) sprechen von einer gallertartigen Substanz zwischen Chorion und Amnion. Lobstein, welcher sie in zwei Eiern vom zweiten und dritten Monate nicht

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/117>, abgerufen am 27.04.2024.