beschrieben. Da das Exochorion der Schaalenhaut der niederen Thierklassen entspricht, so nennt es v. Bär (Untersuch. über die Gefässverb. zwischen Mutter und Frucht S. 3.) geradezu Schaa- lenhaut.
Wir müssen, ehe wir an die Beschreibung des Chorion in den verschiedenen Stadien seiner Entwickelung gehen, darauf auf- merksam machen, dass zu drei Perioden des Eilebens die Eihaut ganz verschiedene Charaktere zeigt, und dass es daher unrichtig wäre, das in der einen Periode Beobachtete auf eine andere an- zuwenden. Die Zeitabschnitte sind folgende. 1. So lange die Eihaut bloss Exochorion ist, das Endochorion sich noch nicht an dasselbe angelegt oder in dasselbe hineingebildet hat; 2. während der Genese der Placenta und 3. sobald das Amnion nicht mehr durch eine grössere Zwischenmasse von dem Chorion getrennt ist.
Die Eihaut oder das Exochorion, welches sich nach Velpeau (Heusingers Zeitschr. II. S. 74.) und v. Bär schon im Eierstocke gebildet finden soll, stellt eine runde, das Ei von allen Seiten umschliessende Blase dar, die nirgends geöffnet ist oder in den Körper des Embryo übergeht. Zwar hatte Velpeau (Heusingers Zeitschr. II. S. 73. Embryologie p. 18. 19.) behauptet, dass das Chorion eine Fortsetzung der äusseren Haut der Frucht sey. Diese falsche Annahme ist aber von ihm selbst wiederum zurückge- nommen worden. Sobald das Eichen in den Uterus gelangt ist, tritt seine äussere Oberfläche mit der decidua, seine innere mit einer eigenthümlichen, unten noch näher zu beschreibenden Masse, später dem Endochorion und zuletzt mit der mittleren Haut in Berührung. Schon diejenige Membran, welche von Bär an dem Ei- chen vor seiner Fixirung im Uterus beobachtet und als künftiges Ex- ochorion gedeutet hat, zeigt kleine rundliche Erhabenheiten auf ihrer äusseren Oberfläche. Diese verlängern sich nun, verästeln sich und werden zu denjenigen Gebilden, welche als die soge- nannten Zotten des Chorion bekannt sind. Sie erscheinen über- aus frühzeitig, bei Säugethieren sowohl, als bei dem Menschen, da sie das erste Produkt sind, welches eine innigere, contiguirliche Verbindung zwischen Fruchthälter und Ei bewirkt. Wie dieses geschehe, wie hierdurch dasjenige zu Stande komme, welches man im Allgemeinen Placenta nennt, werden wir unten, wo von dem Endochorion und von dem Gefässblatte des Embryo die Rede seyn wird, näher erörtern. Hier sollen nur die Veränderungen
III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.
beschrieben. Da das Exochorion der Schaalenhaut der niederen Thierklassen entspricht, so nennt es v. Bär (Untersuch. über die Gefäſsverb. zwischen Mutter und Frucht S. 3.) geradezu Schaa- lenhaut.
Wir müssen, ehe wir an die Beschreibung des Chorion in den verschiedenen Stadien seiner Entwickelung gehen, darauf auf- merksam machen, daſs zu drei Perioden des Eilebens die Eihaut ganz verschiedene Charaktere zeigt, und daſs es daher unrichtig wäre, das in der einen Periode Beobachtete auf eine andere an- zuwenden. Die Zeitabschnitte sind folgende. 1. So lange die Eihaut bloſs Exochorion ist, das Endochorion sich noch nicht an dasselbe angelegt oder in dasselbe hineingebildet hat; 2. während der Genese der Placenta und 3. sobald das Amnion nicht mehr durch eine gröſsere Zwischenmasse von dem Chorion getrennt ist.
Die Eihaut oder das Exochorion, welches sich nach Velpeau (Heusingers Zeitschr. II. S. 74.) und v. Bär schon im Eierstocke gebildet finden soll, stellt eine runde, das Ei von allen Seiten umschlieſsende Blase dar, die nirgends geöffnet ist oder in den Körper des Embryo übergeht. Zwar hatte Velpeau (Heusingers Zeitschr. II. S. 73. Embryologie p. 18. 19.) behauptet, daſs das Chorion eine Fortsetzung der äuſseren Haut der Frucht sey. Diese falsche Annahme ist aber von ihm selbst wiederum zurückge- nommen worden. Sobald das Eichen in den Uterus gelangt ist, tritt seine äuſsere Oberfläche mit der decidua, seine innere mit einer eigenthümlichen, unten noch näher zu beschreibenden Masse, später dem Endochorion und zuletzt mit der mittleren Haut in Berührung. Schon diejenige Membran, welche von Bär an dem Ei- chen vor seiner Fixirung im Uterus beobachtet und als künftiges Ex- ochorion gedeutet hat, zeigt kleine rundliche Erhabenheiten auf ihrer äuſseren Oberfläche. Diese verlängern sich nun, verästeln sich und werden zu denjenigen Gebilden, welche als die soge- nannten Zotten des Chorion bekannt sind. Sie erscheinen über- aus frühzeitig, bei Säugethieren sowohl, als bei dem Menschen, da sie das erste Produkt sind, welches eine innigere, contiguirliche Verbindung zwischen Fruchthälter und Ei bewirkt. Wie dieses geschehe, wie hierdurch dasjenige zu Stande komme, welches man im Allgemeinen Placenta nennt, werden wir unten, wo von dem Endochorion und von dem Gefäſsblatte des Embryo die Rede seyn wird, näher erörtern. Hier sollen nur die Veränderungen
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III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.
beschrieben. Da das Exochorion der Schaalenhaut der niederen
Thierklassen entspricht, so nennt es v. Bär (Untersuch. über die
Gefäſsverb. zwischen Mutter und Frucht S. 3.) geradezu Schaa-
lenhaut.
Wir müssen, ehe wir an die Beschreibung des Chorion in
den verschiedenen Stadien seiner Entwickelung gehen, darauf auf-
merksam machen, daſs zu drei Perioden des Eilebens die Eihaut
ganz verschiedene Charaktere zeigt, und daſs es daher unrichtig
wäre, das in der einen Periode Beobachtete auf eine andere an-
zuwenden. Die Zeitabschnitte sind folgende. 1. So lange die
Eihaut bloſs Exochorion ist, das Endochorion sich noch nicht an
dasselbe angelegt oder in dasselbe hineingebildet hat; 2. während
der Genese der Placenta und 3. sobald das Amnion nicht mehr
durch eine gröſsere Zwischenmasse von dem Chorion getrennt ist.
Die Eihaut oder das Exochorion, welches sich nach Velpeau
(Heusingers Zeitschr. II. S. 74.) und v. Bär schon im Eierstocke
gebildet finden soll, stellt eine runde, das Ei von allen Seiten
umschlieſsende Blase dar, die nirgends geöffnet ist oder in den
Körper des Embryo übergeht. Zwar hatte Velpeau (Heusingers
Zeitschr. II. S. 73. Embryologie p. 18. 19.) behauptet, daſs das
Chorion eine Fortsetzung der äuſseren Haut der Frucht sey. Diese
falsche Annahme ist aber von ihm selbst wiederum zurückge-
nommen worden. Sobald das Eichen in den Uterus gelangt ist,
tritt seine äuſsere Oberfläche mit der decidua, seine innere mit
einer eigenthümlichen, unten noch näher zu beschreibenden Masse,
später dem Endochorion und zuletzt mit der mittleren Haut in
Berührung. Schon diejenige Membran, welche von Bär an dem Ei-
chen vor seiner Fixirung im Uterus beobachtet und als künftiges Ex-
ochorion gedeutet hat, zeigt kleine rundliche Erhabenheiten auf
ihrer äuſseren Oberfläche. Diese verlängern sich nun, verästeln
sich und werden zu denjenigen Gebilden, welche als die soge-
nannten Zotten des Chorion bekannt sind. Sie erscheinen über-
aus frühzeitig, bei Säugethieren sowohl, als bei dem Menschen,
da sie das erste Produkt sind, welches eine innigere, contiguirliche
Verbindung zwischen Fruchthälter und Ei bewirkt. Wie dieses
geschehe, wie hierdurch dasjenige zu Stande komme, welches
man im Allgemeinen Placenta nennt, werden wir unten, wo von
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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/110>, abgerufen am 23.11.2024.
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