Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

Farbe versehen, daß es mit seinem unteren Rande in einen unterhalb angebrachten Farbtrog
taucht. Auch die Papierführung ist, wie Fig. 765 erkennen läßt, eine andere. Die Papierrolle P
ist um eine verticale Axe drehbar in einer ausziehbaren Lade L des Grundbrettes K des
Apparates angebracht. Von hier aus wird der Papierstreifen über die Rolle r und den Stift s
durch den Schlitz s1 der Schreibvorrichtung zugeführt.

Nicht unerwähnt können wir hier die polarisirten Farbschreiber lassen; der erste
derartige Apparat wurde von Siemens behufs Aufnahme automatisch versandter Telegramme
construirt. Er unterscheidet sich von den gewöhnlichen Farbschreibern hauptsächlich durch die
Construction der Elektromagnete und des Schreibhebels. Der Magnet stellt die Vereinigung
eines permanenten und eines Elektromagnetes dar Der permanente Magnet, der bei S S
(Fig. 766) seinen zweitheiligen Südpol besitzt, ist an dem entgegengesetzten (rückwärtigen) Ende
mit den Eisenkernen des Elektromagnetes E E' verbunden und ertheilt diesen, solange die
Drahtwindungen stromlos bleiben, Nordmagnetismus. Die verstellbaren Polschuhe N N' sind
also im Ruhezustande des Apparates nordmagnetisch. In den Raum zwischen diese beiden
Pole ragt der eine (der rechtsseitige) Arm des um B drehbaren Schreibhebels C C hinein.
Dieser Theil besteht aus weichem Eisen und bildet den Anker des Magnetes. In Folge seine

[Abbildung] Fig. 766.

Polarisirter Farbschreiber.

Lage wird er durch Influenz südmagnetisch. Der linksseitige Hebelsarm trägt das Farb-
rädchen J. Stellt man den Anker, dessen Bewegung durch die Contactschrauben D D' begrenzt
ist, derart, daß beide Nordpole auf ihn gleich stark einwirken, so befindet er sich in der Mitte
zwischen beiden in einer gewissermaßen schwebenden Lage. Er muß deshalb bei der geringsten
Aenderung der Anziehungskraft eines dieser Pole in dem einen oder andern Sinne bewegt
werden. Gelangt ein Strom in die Drahtwindungen des Elektromagnetes, so entsteht in dem
einen Eisenkerne desselben Nord-, in dem andern Südmagnetismus. Da aber beide Kerne
constanten Nordmagnetismus (durch den permanenten Magnet) besitzen, so muß offenbar in
dem einen Kerne der Nordmagnetismus verstärkt werden, während in dem andern Schenkel
der durch den Strom erregte Südmagnetismus den schon vorhandenen Nordmagnetismus
compensiren, eventuell sogar einen Südpol erzeugen wird. Die Folge davon ist, daß sich der
Anker nach dem ersterwähnten Pole hin bewegt, weil nun einerseits dessen verstärkter Nord-
magnetismus auf den südmagnetischen Anker wirkt und andererseits der zweite Pol durch
Compensation seines Nordmagnetismus die Anziehungskraft verloren hat oder gar durch
Umkehrung des Nordmagnetismus in Südmagnetismus eine abstoßende Wirkung ausübt.
Es ist einleuchtend, daß durch diese Einrichtung eine große Empfindlichkeit des Apparates

Urbanitzky: Elektricität. 64

Farbe verſehen, daß es mit ſeinem unteren Rande in einen unterhalb angebrachten Farbtrog
taucht. Auch die Papierführung iſt, wie Fig. 765 erkennen läßt, eine andere. Die Papierrolle P
iſt um eine verticale Axe drehbar in einer ausziehbaren Lade L des Grundbrettes K des
Apparates angebracht. Von hier aus wird der Papierſtreifen über die Rolle r und den Stift s
durch den Schlitz s1 der Schreibvorrichtung zugeführt.

Nicht unerwähnt können wir hier die polariſirten Farbſchreiber laſſen; der erſte
derartige Apparat wurde von Siemens behufs Aufnahme automatiſch verſandter Telegramme
conſtruirt. Er unterſcheidet ſich von den gewöhnlichen Farbſchreibern hauptſächlich durch die
Conſtruction der Elektromagnete und des Schreibhebels. Der Magnet ſtellt die Vereinigung
eines permanenten und eines Elektromagnetes dar Der permanente Magnet, der bei S S
(Fig. 766) ſeinen zweitheiligen Südpol beſitzt, iſt an dem entgegengeſetzten (rückwärtigen) Ende
mit den Eiſenkernen des Elektromagnetes E E' verbunden und ertheilt dieſen, ſolange die
Drahtwindungen ſtromlos bleiben, Nordmagnetismus. Die verſtellbaren Polſchuhe N N' ſind
alſo im Ruhezuſtande des Apparates nordmagnetiſch. In den Raum zwiſchen dieſe beiden
Pole ragt der eine (der rechtsſeitige) Arm des um B drehbaren Schreibhebels C C hinein.
Dieſer Theil beſteht aus weichem Eiſen und bildet den Anker des Magnetes. In Folge ſeine

[Abbildung] Fig. 766.

Polariſirter Farbſchreiber.

Lage wird er durch Influenz ſüdmagnetiſch. Der linksſeitige Hebelsarm trägt das Farb-
rädchen J. Stellt man den Anker, deſſen Bewegung durch die Contactſchrauben D D' begrenzt
iſt, derart, daß beide Nordpole auf ihn gleich ſtark einwirken, ſo befindet er ſich in der Mitte
zwiſchen beiden in einer gewiſſermaßen ſchwebenden Lage. Er muß deshalb bei der geringſten
Aenderung der Anziehungskraft eines dieſer Pole in dem einen oder andern Sinne bewegt
werden. Gelangt ein Strom in die Drahtwindungen des Elektromagnetes, ſo entſteht in dem
einen Eiſenkerne desſelben Nord-, in dem andern Südmagnetismus. Da aber beide Kerne
conſtanten Nordmagnetismus (durch den permanenten Magnet) beſitzen, ſo muß offenbar in
dem einen Kerne der Nordmagnetismus verſtärkt werden, während in dem andern Schenkel
der durch den Strom erregte Südmagnetismus den ſchon vorhandenen Nordmagnetismus
compenſiren, eventuell ſogar einen Südpol erzeugen wird. Die Folge davon iſt, daß ſich der
Anker nach dem erſterwähnten Pole hin bewegt, weil nun einerſeits deſſen verſtärkter Nord-
magnetismus auf den ſüdmagnetiſchen Anker wirkt und andererſeits der zweite Pol durch
Compenſation ſeines Nordmagnetismus die Anziehungskraft verloren hat oder gar durch
Umkehrung des Nordmagnetismus in Südmagnetismus eine abſtoßende Wirkung ausübt.
Es iſt einleuchtend, daß durch dieſe Einrichtung eine große Empfindlichkeit des Apparates

Urbanitzky: Elektricität. 64
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f1023" n="1009"/>
Farbe ver&#x017F;ehen, daß es mit &#x017F;einem unteren Rande in einen unterhalb angebrachten Farbtrog<lb/>
taucht. Auch die Papierführung i&#x017F;t, wie Fig. 765 erkennen läßt, eine andere. Die Papierrolle <hi rendition="#aq">P</hi><lb/>
i&#x017F;t um eine verticale Axe drehbar in einer ausziehbaren Lade <hi rendition="#aq">L</hi> des Grundbrettes <hi rendition="#aq">K</hi> des<lb/>
Apparates angebracht. Von hier aus wird der Papier&#x017F;treifen über die Rolle <hi rendition="#aq">r</hi> und den Stift <hi rendition="#aq">s</hi><lb/>
durch den Schlitz <hi rendition="#aq">s<hi rendition="#sub">1</hi></hi> der Schreibvorrichtung zugeführt.</p><lb/>
              <p>Nicht unerwähnt können wir hier die <hi rendition="#b">polari&#x017F;irten Farb&#x017F;chreiber</hi> la&#x017F;&#x017F;en; der er&#x017F;te<lb/>
derartige Apparat wurde von <hi rendition="#g">Siemens</hi> behufs Aufnahme automati&#x017F;ch ver&#x017F;andter <choice><sic>Telegramm&#xFFFC;</sic><corr>Telegramme</corr></choice><lb/>
con&#x017F;truirt. Er unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich von den gewöhnlichen Farb&#x017F;chreibern haupt&#x017F;ächlich durch die<lb/>
Con&#x017F;truction der Elektromagnete und des Schreibhebels. Der Magnet &#x017F;tellt die Vereinigung<lb/>
eines permanenten und eines Elektromagnetes dar Der permanente Magnet, der bei <hi rendition="#aq">S S</hi><lb/>
(Fig. 766) &#x017F;einen zweitheiligen Südpol be&#x017F;itzt, i&#x017F;t an dem entgegenge&#x017F;etzten (rückwärtigen) Ende<lb/>
mit den Ei&#x017F;enkernen des Elektromagnetes <hi rendition="#aq">E E'</hi> verbunden und ertheilt die&#x017F;en, &#x017F;olange die<lb/>
Drahtwindungen &#x017F;tromlos bleiben, Nordmagnetismus. Die ver&#x017F;tellbaren Pol&#x017F;chuhe <hi rendition="#aq">N N'</hi> &#x017F;ind<lb/>
al&#x017F;o im Ruhezu&#x017F;tande des Apparates nordmagneti&#x017F;ch. In den Raum zwi&#x017F;chen die&#x017F;e beiden<lb/>
Pole ragt der eine (der rechts&#x017F;eitige) Arm des um <hi rendition="#aq">B</hi> drehbaren Schreibhebels <hi rendition="#aq">C C</hi> hinein.<lb/>
Die&#x017F;er Theil be&#x017F;teht aus weichem Ei&#x017F;en und bildet den Anker des Magnetes. In Folge &#x017F;eine<lb/><figure><head>Fig. 766.</head><lb/><p>Polari&#x017F;irter Farb&#x017F;chreiber.</p></figure><lb/>
Lage wird er durch Influenz &#x017F;üdmagneti&#x017F;ch. Der links&#x017F;eitige Hebelsarm trägt das Farb-<lb/>
rädchen <hi rendition="#aq">J.</hi> Stellt man den Anker, de&#x017F;&#x017F;en Bewegung durch die Contact&#x017F;chrauben <hi rendition="#aq">D D'</hi> begrenzt<lb/>
i&#x017F;t, derart, daß beide Nordpole auf ihn gleich &#x017F;tark einwirken, &#x017F;o befindet er &#x017F;ich in der Mitte<lb/>
zwi&#x017F;chen beiden in einer gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen &#x017F;chwebenden Lage. Er muß deshalb bei der gering&#x017F;ten<lb/>
Aenderung der Anziehungskraft eines die&#x017F;er Pole in dem einen oder andern Sinne bewegt<lb/>
werden. Gelangt ein Strom in die Drahtwindungen des Elektromagnetes, &#x017F;o ent&#x017F;teht in dem<lb/>
einen Ei&#x017F;enkerne des&#x017F;elben Nord-, in dem andern Südmagnetismus. Da aber beide Kerne<lb/>
con&#x017F;tanten Nordmagnetismus (durch den permanenten Magnet) be&#x017F;itzen, &#x017F;o muß offenbar in<lb/>
dem einen Kerne der Nordmagnetismus ver&#x017F;tärkt werden, während in dem andern Schenkel<lb/>
der durch den Strom erregte Südmagnetismus den &#x017F;chon vorhandenen Nordmagnetismus<lb/>
compen&#x017F;iren, eventuell &#x017F;ogar einen Südpol erzeugen wird. Die Folge davon i&#x017F;t, daß &#x017F;ich der<lb/>
Anker nach dem er&#x017F;terwähnten Pole hin bewegt, weil nun einer&#x017F;eits de&#x017F;&#x017F;en ver&#x017F;tärkter Nord-<lb/>
magnetismus auf den &#x017F;üdmagneti&#x017F;chen Anker wirkt und anderer&#x017F;eits der zweite Pol durch<lb/>
Compen&#x017F;ation &#x017F;eines Nordmagnetismus die Anziehungskraft verloren hat oder gar durch<lb/>
Umkehrung des Nordmagnetismus in Südmagnetismus eine ab&#x017F;toßende Wirkung ausübt.<lb/>
Es i&#x017F;t einleuchtend, daß durch die&#x017F;e Einrichtung eine große Empfindlichkeit des Apparates<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Urbanitzky</hi>: Elektricität. 64</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1009/1023] Farbe verſehen, daß es mit ſeinem unteren Rande in einen unterhalb angebrachten Farbtrog taucht. Auch die Papierführung iſt, wie Fig. 765 erkennen läßt, eine andere. Die Papierrolle P iſt um eine verticale Axe drehbar in einer ausziehbaren Lade L des Grundbrettes K des Apparates angebracht. Von hier aus wird der Papierſtreifen über die Rolle r und den Stift s durch den Schlitz s1 der Schreibvorrichtung zugeführt. Nicht unerwähnt können wir hier die polariſirten Farbſchreiber laſſen; der erſte derartige Apparat wurde von Siemens behufs Aufnahme automatiſch verſandter Telegramme conſtruirt. Er unterſcheidet ſich von den gewöhnlichen Farbſchreibern hauptſächlich durch die Conſtruction der Elektromagnete und des Schreibhebels. Der Magnet ſtellt die Vereinigung eines permanenten und eines Elektromagnetes dar Der permanente Magnet, der bei S S (Fig. 766) ſeinen zweitheiligen Südpol beſitzt, iſt an dem entgegengeſetzten (rückwärtigen) Ende mit den Eiſenkernen des Elektromagnetes E E' verbunden und ertheilt dieſen, ſolange die Drahtwindungen ſtromlos bleiben, Nordmagnetismus. Die verſtellbaren Polſchuhe N N' ſind alſo im Ruhezuſtande des Apparates nordmagnetiſch. In den Raum zwiſchen dieſe beiden Pole ragt der eine (der rechtsſeitige) Arm des um B drehbaren Schreibhebels C C hinein. Dieſer Theil beſteht aus weichem Eiſen und bildet den Anker des Magnetes. In Folge ſeine [Abbildung Fig. 766. Polariſirter Farbſchreiber.] Lage wird er durch Influenz ſüdmagnetiſch. Der linksſeitige Hebelsarm trägt das Farb- rädchen J. Stellt man den Anker, deſſen Bewegung durch die Contactſchrauben D D' begrenzt iſt, derart, daß beide Nordpole auf ihn gleich ſtark einwirken, ſo befindet er ſich in der Mitte zwiſchen beiden in einer gewiſſermaßen ſchwebenden Lage. Er muß deshalb bei der geringſten Aenderung der Anziehungskraft eines dieſer Pole in dem einen oder andern Sinne bewegt werden. Gelangt ein Strom in die Drahtwindungen des Elektromagnetes, ſo entſteht in dem einen Eiſenkerne desſelben Nord-, in dem andern Südmagnetismus. Da aber beide Kerne conſtanten Nordmagnetismus (durch den permanenten Magnet) beſitzen, ſo muß offenbar in dem einen Kerne der Nordmagnetismus verſtärkt werden, während in dem andern Schenkel der durch den Strom erregte Südmagnetismus den ſchon vorhandenen Nordmagnetismus compenſiren, eventuell ſogar einen Südpol erzeugen wird. Die Folge davon iſt, daß ſich der Anker nach dem erſterwähnten Pole hin bewegt, weil nun einerſeits deſſen verſtärkter Nord- magnetismus auf den ſüdmagnetiſchen Anker wirkt und andererſeits der zweite Pol durch Compenſation ſeines Nordmagnetismus die Anziehungskraft verloren hat oder gar durch Umkehrung des Nordmagnetismus in Südmagnetismus eine abſtoßende Wirkung ausübt. Es iſt einleuchtend, daß durch dieſe Einrichtung eine große Empfindlichkeit des Apparates Urbanitzky: Elektricität. 64

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/1023
Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 1009. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/1023>, abgerufen am 18.05.2024.