man einem Generalbaßisten zusieht. Dieser hat nur allein die Noten des Basses vor sich und muß nach gewissen über die Baßnoten ge- setzten Ziffern ohne sich lange zu besinnen oder aus dem Tacte zu kommen, so gleich den Di- scant in der rechten Hand darzu greiffen, und dieses noch darzu meistens in drey und vier- stimmigen griffen. Hier giebet es in der That eine besondere Belustigung ab, wenn man sich vorstellet, daß die Sele eines Generalbaßisten vom Anfange her so bestimmt sey, daß sie in dieser Zeit eben von gewissen proportionirlich gesetzten Fundamenttonen, bald eine Tertie, bald eine Sexte oder Septime abzähle und zu der erstern eine Quinte und Octav, zum an- dern beyden aber eine Tertie zu greiffen sich vornehme. Wiederum daß die Finger des Or- ganisten in der lincken Hand, so geschaffen wä- ren, daß sie eben ietzt einen Baß von denen Noten abspielen, und einen Discant darzu grei- fen müsten, welcher mit Ziffern oder andern Zeichen ausgedruckt ist. Alle willkührlichen Bewegungen bestätigen meinen Satz auf das allergewisseste. Ja, ich getraue mir zu behau- pten, daß aller Unterschied zwischen willkühr- lichen und nothwendigen Bewegungen wegfal- le, wenn man nicht zugeben will, daß die Se- le eine Ursach derselben sey. Vielleicht hält man es vor eine Kleinigkeit, diesen Satz zuzu- geben, weil er so natürlich folget; allein ich dächte diese Kleinigkeit wäre wohl noch von ei-
niger
man einem Generalbaßiſten zuſieht. Dieſer hat nur allein die Noten des Baſſes vor ſich und muß nach gewiſſen uͤber die Baßnoten ge- ſetzten Ziffern ohne ſich lange zu beſinnen oder aus dem Tacte zu kommen, ſo gleich den Di- ſcant in der rechten Hand darzu greiffen, und dieſes noch darzu meiſtens in drey und vier- ſtimmigen griffen. Hier giebet es in der That eine beſondere Beluſtigung ab, wenn man ſich vorſtellet, daß die Sele eines Generalbaßiſten vom Anfange her ſo beſtimmt ſey, daß ſie in dieſer Zeit eben von gewiſſen proportionirlich geſetzten Fundamenttonen, bald eine Tertie, bald eine Sexte oder Septime abzaͤhle und zu der erſtern eine Quinte und Octav, zum an- dern beyden aber eine Tertie zu greiffen ſich vornehme. Wiederum daß die Finger des Or- ganiſten in der lincken Hand, ſo geſchaffen waͤ- ren, daß ſie eben ietzt einen Baß von denen Noten abſpielen, und einen Diſcant darzu grei- fen muͤſten, welcher mit Ziffern oder andern Zeichen ausgedruckt iſt. Alle willkuͤhrlichen Bewegungen beſtaͤtigen meinen Satz auf das allergewiſſeſte. Ja, ich getraue mir zu behau- pten, daß aller Unterſchied zwiſchen willkuͤhr- lichen und nothwendigen Bewegungen wegfal- le, wenn man nicht zugeben will, daß die Se- le eine Urſach derſelben ſey. Vielleicht haͤlt man es vor eine Kleinigkeit, dieſen Satz zuzu- geben, weil er ſo natuͤrlich folget; allein ich daͤchte dieſe Kleinigkeit waͤre wohl noch von ei-
niger
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man einem Generalbaßiſten zuſieht. Dieſer
hat nur allein die Noten des Baſſes vor ſich
und muß nach gewiſſen uͤber die Baßnoten ge-
ſetzten Ziffern ohne ſich lange zu beſinnen oder
aus dem Tacte zu kommen, ſo gleich den Di-
ſcant in der rechten Hand darzu greiffen, und
dieſes noch darzu meiſtens in drey und vier-
ſtimmigen griffen. Hier giebet es in der That
eine beſondere Beluſtigung ab, wenn man ſich
vorſtellet, daß die Sele eines Generalbaßiſten
vom Anfange her ſo beſtimmt ſey, daß ſie in
dieſer Zeit eben von gewiſſen proportionirlich
geſetzten Fundamenttonen, bald eine Tertie,
bald eine Sexte oder Septime abzaͤhle und zu
der erſtern eine Quinte und Octav, zum an-
dern beyden aber eine Tertie zu greiffen ſich
vornehme. Wiederum daß die Finger des Or-
ganiſten in der lincken Hand, ſo geſchaffen waͤ-
ren, daß ſie eben ietzt einen Baß von denen
Noten abſpielen, und einen Diſcant darzu grei-
fen muͤſten, welcher mit Ziffern oder andern
Zeichen ausgedruckt iſt. Alle willkuͤhrlichen
Bewegungen beſtaͤtigen meinen Satz auf das
allergewiſſeſte. Ja, ich getraue mir zu behau-
pten, daß aller Unterſchied zwiſchen willkuͤhr-
lichen und nothwendigen Bewegungen wegfal-
le, wenn man nicht zugeben will, daß die Se-
le eine Urſach derſelben ſey. Vielleicht haͤlt
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/126>, abgerufen am 16.02.2025.
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