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Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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erhielt ich eine andere Mutter, eine andere Familie. Man unterrichtete mich im Malen, und es wurde mir gesagt, je schneller und in je größerer Masse ich die Arbeit lieferte, um desto gnadenvoller würden die Heiligen, deren Züge ich malte, auf mich herabsehen. Diese Gnade bestand in Butter und Fischen, die man mir aufs trockene Brod gab, und die eine Auszeichnung für die fleißigen Arbeiterinnen bildeten. Jetzt ist es nicht mehr so streng.

Dem Himmel sei Dank! rief Feodora, ihre runden Händchen betrachtend. Die widrigen Farbenklexe, man kann nie die Finger völlig rein erhalten.

Ein Jahr vorher, ehe du kamst, fuhr die Nonne in ihrer Erzählung fort, war ich beschäftigt, ein großes Bild unserer Schutzheiligen zu malen. Ein Kaufmann in Twer hatte es bestellt. Auf das Gemälde wurde nur wenig verwandt, sehr viel aber auf den Rahmen. Ich nahm das alte Muster und schickte mich an, wie es gebräuchlich ist, die ausgeschnittene Form mit Farben auszufüllen. Es wurde über der Arbeit Nacht, und ich legte mich aufs Bette. Eine Stunde mochte ich geschlummert haben, als ein Glanz empfindlich auf meine Augenlider sich legte. Ich öffnete die Augen nicht, und dennoch sah ich. Der Glanz floß in einen warmen rothen See zusammen, auf dessen zitternden Wellen, die halb durchsichtiges Wasser, halb Blumenflocken schienen, eine weibliche Gestalt daherflog, mit einer Krone und einem Mantel geziert. Sie kam so eilig, daß sie plötzlich, ehe ich es

erhielt ich eine andere Mutter, eine andere Familie. Man unterrichtete mich im Malen, und es wurde mir gesagt, je schneller und in je größerer Masse ich die Arbeit lieferte, um desto gnadenvoller würden die Heiligen, deren Züge ich malte, auf mich herabsehen. Diese Gnade bestand in Butter und Fischen, die man mir aufs trockene Brod gab, und die eine Auszeichnung für die fleißigen Arbeiterinnen bildeten. Jetzt ist es nicht mehr so streng.

Dem Himmel sei Dank! rief Feodora, ihre runden Händchen betrachtend. Die widrigen Farbenklexe, man kann nie die Finger völlig rein erhalten.

Ein Jahr vorher, ehe du kamst, fuhr die Nonne in ihrer Erzählung fort, war ich beschäftigt, ein großes Bild unserer Schutzheiligen zu malen. Ein Kaufmann in Twer hatte es bestellt. Auf das Gemälde wurde nur wenig verwandt, sehr viel aber auf den Rahmen. Ich nahm das alte Muster und schickte mich an, wie es gebräuchlich ist, die ausgeschnittene Form mit Farben auszufüllen. Es wurde über der Arbeit Nacht, und ich legte mich aufs Bette. Eine Stunde mochte ich geschlummert haben, als ein Glanz empfindlich auf meine Augenlider sich legte. Ich öffnete die Augen nicht, und dennoch sah ich. Der Glanz floß in einen warmen rothen See zusammen, auf dessen zitternden Wellen, die halb durchsichtiges Wasser, halb Blumenflocken schienen, eine weibliche Gestalt daherflog, mit einer Krone und einem Mantel geziert. Sie kam so eilig, daß sie plötzlich, ehe ich es

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:43:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:43:38Z)

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Zitationshilfe: Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ungern_scholastika_1910/22>, abgerufen am 24.11.2024.