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[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

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Der vollkommene
liebter Liebhaber trachtet nach nichts als
nach der Besitzung seines Geliebtesten. Er
solte allen Reichthum/ alle Hoheiten/ ja
seinen eigenen Ruhm verachten/ wenn er
nicht alle diese Dinge betrachtete/ als Mit-
tel/ die ihm können nützlich seyn umb sich
bey der geliebten Person beliebt zumachen:
aber wann er diesen Glückseeligkeiten absa-
gen muß/ umb einer Liebsten zufolgen/
wann er fort und sich mit ihr in einer Wü-
sten verstecken soll/ da wird er alles mit Lust
verlassen/ und sich entschliessen mit einem
Verliebten/ deß in Klelia gedacht wird:

Zugräntzen seine Lust mit Iris zahrten
Schooß/
Zu leben mit Iris in einer tieffen Ruhe/
Und ferner unbemüht/ was auch die
Welt noch thue.

Allein mitlerweile daß dieser glückseelige
Verliebte in der Einsamkeit/ welche er zu
seinem Auffenthalt erwehlet/ mit solcher
Süssigkeit lebet/ und daß er sich nicht ein-
mal die Zeit nimbt an alles das/ so er ver-
lassen/ zugedencken/ wird ein Ehrgeitziger
mit dieser Lebens-Art/ die er vor allzu fin-
ster und einem tapffern Hertzen unanstän-

dig

Der vollkommene
liebter Liebhaber trachtet nach nichts als
nach der Beſitzung ſeines Geliebteſten. Er
ſolte allen Reichthum/ alle Hoheiten/ ja
ſeinen eigenen Ruhm verachten/ wenn er
nicht alle dieſe Dinge betrachtete/ als Mit-
tel/ die ihm koͤnnen nuͤtzlich ſeyn umb ſich
bey der geliebten Perſon beliebt zumachen:
aber wann er dieſen Gluͤckſeeligkeiten abſa-
gen muß/ umb einer Liebſten zufolgen/
wann er fort und ſich mit ihr in einer Wuͤ-
ſten verſtecken ſoll/ da wird er alles mit Luſt
verlaſſen/ und ſich entſchlieſſen mit einem
Verliebten/ deß in Klelia gedacht wird:

Zugraͤntzen ſeine Luſt mit Iris zahrten
Schooß/
Zu leben mit Iris in einer tieffen Ruhe/
Und ferner unbemuͤht/ was auch die
Welt noch thue.

Allein mitlerweile daß dieſer gluͤckſeelige
Verliebte in der Einſamkeit/ welche er zu
ſeinem Auffenthalt erwehlet/ mit ſolcher
Suͤſſigkeit lebet/ und daß er ſich nicht ein-
mal die Zeit nimbt an alles das/ ſo er ver-
laſſen/ zugedencken/ wird ein Ehrgeitziger
mit dieſer Lebens-Art/ die er vor allzu fin-
ſter und einem tapffern Hertzen unanſtaͤn-

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[4/0020] Der vollkommene liebter Liebhaber trachtet nach nichts als nach der Beſitzung ſeines Geliebteſten. Er ſolte allen Reichthum/ alle Hoheiten/ ja ſeinen eigenen Ruhm verachten/ wenn er nicht alle dieſe Dinge betrachtete/ als Mit- tel/ die ihm koͤnnen nuͤtzlich ſeyn umb ſich bey der geliebten Perſon beliebt zumachen: aber wann er dieſen Gluͤckſeeligkeiten abſa- gen muß/ umb einer Liebſten zufolgen/ wann er fort und ſich mit ihr in einer Wuͤ- ſten verſtecken ſoll/ da wird er alles mit Luſt verlaſſen/ und ſich entſchlieſſen mit einem Verliebten/ deß in Klelia gedacht wird: Zugraͤntzen ſeine Luſt mit Iris zahrten Schooß/ Zu leben mit Iris in einer tieffen Ruhe/ Und ferner unbemuͤht/ was auch die Welt noch thue. Allein mitlerweile daß dieſer gluͤckſeelige Verliebte in der Einſamkeit/ welche er zu ſeinem Auffenthalt erwehlet/ mit ſolcher Suͤſſigkeit lebet/ und daß er ſich nicht ein- mal die Zeit nimbt an alles das/ ſo er ver- laſſen/ zugedencken/ wird ein Ehrgeitziger mit dieſer Lebens-Art/ die er vor allzu fin- ſter und einem tapffern Hertzen unanſtaͤn- dig

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/20>, abgerufen am 02.05.2024.