Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

Bild:
<< vorherige Seite

Welt-Mann.
Hoheiten/ noch auch von den sündlichen
Lüsten durchauß nicht einnehmen. Es läst
sich weder von dem Verlust der Güter/ noch
von dem Abgang der Gesundheit gantz
nicht bewegen/ und reget sich nicht weder im
Glück noch im Unglück. Der Tod selb-
sten/ welcher den meisten Leuten so erschröck-
lich in die Augen leuchtet/ wird von einem
Menschen/ der der Welt nicht anhängt/
betrachtet als das Ende seines Elendes/ und
als ein Durchzug in ein glückseeliges
Leben.

Aber an statt daß wir uns in dieser Ma-
terie/ so wir denen Geistlichen lassen sollen/
lange auffhalten/ lasset uns ein wenig
menschlicher reden von dem Glück deß
Menschen/ lasset uns durchsuchen/ worin-
nen es bestehet/ und durch welches Mittel
man sichs kan zuwege bringen.

Der meiste Theil der Leute/ so eine sehr
lebhaffte Vermischung der Lebens-Feuch-
tigkeiten in sich haben/ fassen geschwinde
Resolution. Sie bilden sich ein/ die
Glückseeligkeit dieses Lebens bestehe bloß
darinnen/ daß sie vergnügen die jenige Ge-
müths-Bewegung/ so in ihrem Hertzen
am meisten zubefehlen hat. Ein sehr ver-

lieb-
A 2

Welt-Mann.
Hoheiten/ noch auch von den ſuͤndlichen
Luͤſten durchauß nicht einnehmen. Es laͤſt
ſich weder von dem Verluſt der Guͤter/ noch
von dem Abgang der Geſundheit gantz
nicht bewegen/ und reget ſich nicht weder im
Gluͤck noch im Ungluͤck. Der Tod ſelb-
ſten/ welcher den meiſten Leuten ſo erſchroͤck-
lich in die Augen leuchtet/ wird von einem
Menſchen/ der der Welt nicht anhaͤngt/
betrachtet als das Ende ſeines Elendes/ und
als ein Durchzug in ein gluͤckſeeliges
Leben.

Aber an ſtatt daß wir uns in dieſer Ma-
terie/ ſo wir denen Geiſtlichen laſſen ſollen/
lange auffhalten/ laſſet uns ein wenig
menſchlicher reden von dem Gluͤck deß
Menſchen/ laſſet uns durchſuchen/ worin-
nen es beſtehet/ und durch welches Mittel
man ſichs kan zuwege bringen.

Der meiſte Theil der Leute/ ſo eine ſehr
lebhaffte Vermiſchung der Lebens-Feuch-
tigkeiten in ſich haben/ faſſen geſchwinde
Reſolution. Sie bilden ſich ein/ die
Gluͤckſeeligkeit dieſes Lebens beſtehe bloß
darinnen/ daß ſie vergnuͤgen die jenige Ge-
muͤths-Bewegung/ ſo in ihrem Hertzen
am meiſten zubefehlen hat. Ein ſehr ver-

lieb-
A 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="3">
        <p><pb facs="#f0019" n="3"/><fw place="top" type="header">Welt-Mann.</fw><lb/>
Hoheiten/ noch auch von den &#x017F;u&#x0364;ndlichen<lb/>
Lu&#x0364;&#x017F;ten durchauß nicht einnehmen. Es la&#x0364;&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ich weder von dem Verlu&#x017F;t der Gu&#x0364;ter/ noch<lb/>
von dem Abgang der Ge&#x017F;undheit gantz<lb/>
nicht bewegen/ und reget &#x017F;ich nicht weder im<lb/>
Glu&#x0364;ck noch im Unglu&#x0364;ck. Der Tod &#x017F;elb-<lb/>
&#x017F;ten/ welcher den mei&#x017F;ten Leuten &#x017F;o er&#x017F;chro&#x0364;ck-<lb/>
lich in die Augen leuchtet/ wird von einem<lb/>
Men&#x017F;chen/ der der Welt nicht anha&#x0364;ngt/<lb/>
betrachtet als das Ende &#x017F;eines Elendes/ und<lb/>
als ein Durchzug in ein glu&#x0364;ck&#x017F;eeliges<lb/>
Leben.</p><lb/>
        <p>Aber an &#x017F;tatt daß wir uns in die&#x017F;er Ma-<lb/>
terie/ &#x017F;o wir denen Gei&#x017F;tlichen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollen/<lb/>
lange auffhalten/ la&#x017F;&#x017F;et uns ein wenig<lb/>
men&#x017F;chlicher reden von dem Glu&#x0364;ck deß<lb/>
Men&#x017F;chen/ la&#x017F;&#x017F;et uns durch&#x017F;uchen/ worin-<lb/>
nen es be&#x017F;tehet/ und durch welches Mittel<lb/>
man &#x017F;ichs kan zuwege bringen.</p><lb/>
        <p>Der mei&#x017F;te Theil der Leute/ &#x017F;o eine &#x017F;ehr<lb/>
lebhaffte Vermi&#x017F;chung der Lebens-Feuch-<lb/>
tigkeiten in &#x017F;ich haben/ fa&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;chwinde<lb/>
Re&#x017F;olution. Sie bilden &#x017F;ich ein/ die<lb/>
Glu&#x0364;ck&#x017F;eeligkeit die&#x017F;es Lebens be&#x017F;tehe bloß<lb/>
darinnen/ daß &#x017F;ie vergnu&#x0364;gen die jenige Ge-<lb/>
mu&#x0364;ths-Bewegung/ &#x017F;o in ihrem Hertzen<lb/>
am mei&#x017F;ten zubefehlen hat. Ein &#x017F;ehr ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 2</fw><fw place="bottom" type="catch">lieb-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0019] Welt-Mann. Hoheiten/ noch auch von den ſuͤndlichen Luͤſten durchauß nicht einnehmen. Es laͤſt ſich weder von dem Verluſt der Guͤter/ noch von dem Abgang der Geſundheit gantz nicht bewegen/ und reget ſich nicht weder im Gluͤck noch im Ungluͤck. Der Tod ſelb- ſten/ welcher den meiſten Leuten ſo erſchroͤck- lich in die Augen leuchtet/ wird von einem Menſchen/ der der Welt nicht anhaͤngt/ betrachtet als das Ende ſeines Elendes/ und als ein Durchzug in ein gluͤckſeeliges Leben. Aber an ſtatt daß wir uns in dieſer Ma- terie/ ſo wir denen Geiſtlichen laſſen ſollen/ lange auffhalten/ laſſet uns ein wenig menſchlicher reden von dem Gluͤck deß Menſchen/ laſſet uns durchſuchen/ worin- nen es beſtehet/ und durch welches Mittel man ſichs kan zuwege bringen. Der meiſte Theil der Leute/ ſo eine ſehr lebhaffte Vermiſchung der Lebens-Feuch- tigkeiten in ſich haben/ faſſen geſchwinde Reſolution. Sie bilden ſich ein/ die Gluͤckſeeligkeit dieſes Lebens beſtehe bloß darinnen/ daß ſie vergnuͤgen die jenige Ge- muͤths-Bewegung/ ſo in ihrem Hertzen am meiſten zubefehlen hat. Ein ſehr ver- lieb- A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/19
Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/19>, abgerufen am 23.11.2024.