Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.Das IV. Capitul Doch ist es ausgemacht: Nicht alle Freyer sindJm Hoffen recht beglückt; Denn mancher kommet blind, Und muß gantz unverhofft ein blasses Körbgen schauen, Und sein Graß-grünes Kleid demselben anvertrauen, Ein Jäger schaffet sich Geschütze, Spieß und Rohr, Mit diesen reitet er nach aller Lust hervor, Desgleichen schasst er sich etwas von guten Netzen, Vor Hunde sorgt er auch zum Spuren und zum Hetzen. Ein Freyer tauget nichts, der kein Geschütze hat, Er findet nirgends wo beym Frauenzimmer statt; Ein kluger Freyer sorgt bey zeiten vor Geschütze, Daß ihm, so bald er frey't, zu seinem Zwecke nütze. Er schicket manch Geschenck in seiner Göttin Hand, Er ist in Minen nett, und überaus gewandt, Er weiß sich stets bey ihr manierlich aufzuführen, Und sucht aufs möglichste der Schönen Hertz zu rühren, Auch Hunde fehlen ihm bey diesem Falle nicht, Wie manch vertrauter Freund wird von ihm abgericht, Daß er den Appetit der Werthesten erfahre, Und seines Jägers Geist mit ihrem Geiste paare. Jedoch des Jägers Witz und aller Hunde Fleiß Dringt manchmal langsam durch; zuweilen ist der Schweiß Auch gantz und gar umsonst, das Wild pflegt nicht zu stehen, Und muß der Jäger offt betrübt nach Hause gehen. So gehts dem Freyer auch, sein Schatz liebt offt die Flucht, Daß er gar langsam kriegt, was er mit Fleiß gesucht: Allein kan er ihm nur den Hertzens-Punct verletzen, So wird er doch das Wild mit gutem Vortheil hetzen, Bisweilen aber ist sein Wild von lauter Stein, Und wünschet Lebens lang von ihm entfernt zu seyn, Kein Schuß, kein Stich verhafft, ein jedes prallt zurücke, Ja gar das Liebes-Netz zerreißt in tausend Stücke. Dergleichen Freyer wird in grossen Schmertz gebracht: Allein er handelt klug; wenn er ihn wenig acht, Will ihn diß harte Kind gar nicht zum Schätzgen haben, So wird ihn mit der Zeit schon jemand anders laben. Ein
Das IV. Capitul Doch iſt es ausgemacht: Nicht alle Freyer ſindJm Hoffen recht begluͤckt; Denn mancher kommet blind, Und muß gantz unverhofft ein blaſſes Koͤrbgen ſchauen, Und ſein Graß-gruͤnes Kleid demſelben anvertrauen, Ein Jaͤger ſchaffet ſich Geſchuͤtze, Spieß und Rohr, Mit dieſen reitet er nach aller Luſt hervor, Desgleichen ſchaſſt er ſich etwas von guten Netzen, Vor Hunde ſorgt er auch zum Spuren und zum Hetzen. Ein Freyer tauget nichts, der kein Geſchuͤtze hat, Er findet nirgends wo beym Frauenzimmer ſtatt; Ein kluger Freyer ſorgt bey zeiten vor Geſchuͤtze, Daß ihm, ſo bald er frey’t, zu ſeinem Zwecke nuͤtze. Er ſchicket manch Geſchenck in ſeiner Goͤttin Hand, Er iſt in Minen nett, und uͤberaus gewandt, Er weiß ſich ſtets bey ihr manierlich aufzufuͤhren, Und ſucht aufs moͤglichſte der Schoͤnen Hertz zu ruͤhren, Auch Hunde fehlen ihm bey dieſem Falle nicht, Wie manch vertrauter Freund wird von ihm abgericht, Daß er den Appetit der Wertheſten erfahre, Und ſeines Jaͤgers Geiſt mit ihrem Geiſte paare. Jedoch des Jaͤgers Witz und aller Hunde Fleiß Dringt manchmal langſam durch; zuweilen iſt der Schweiß Auch gantz und gar umſonſt, das Wild pflegt nicht zu ſtehen, Und muß der Jaͤger offt betruͤbt nach Hauſe gehen. So gehts dem Freyer auch, ſein Schatz liebt offt die Flucht, Daß er gar langſam kriegt, was er mit Fleiß geſucht: Allein kan er ihm nur den Hertzens-Punct verletzen, So wird er doch das Wild mit gutem Vortheil hetzen, Bisweilen aber iſt ſein Wild von lauter Stein, Und wuͤnſchet Lebens lang von ihm entfernt zu ſeyn, Kein Schuß, kein Stich verhafft, ein jedes prallt zuruͤcke, Ja gar das Liebes-Netz zerreißt in tauſend Stuͤcke. Dergleichen Freyer wird in groſſen Schmertz gebracht: Allein er handelt klug; wenn er ihn wenig acht, Will ihn diß harte Kind gar nicht zum Schaͤtzgen haben, So wird ihn mit der Zeit ſchon jemand anders laben. Ein
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Das IV. Capitul
Doch iſt es ausgemacht: Nicht alle Freyer ſind
Jm Hoffen recht begluͤckt; Denn mancher kommet blind,
Und muß gantz unverhofft ein blaſſes Koͤrbgen ſchauen,
Und ſein Graß-gruͤnes Kleid demſelben anvertrauen,
Ein Jaͤger ſchaffet ſich Geſchuͤtze, Spieß und Rohr,
Mit dieſen reitet er nach aller Luſt hervor,
Desgleichen ſchaſſt er ſich etwas von guten Netzen,
Vor Hunde ſorgt er auch zum Spuren und zum Hetzen.
Ein Freyer tauget nichts, der kein Geſchuͤtze hat,
Er findet nirgends wo beym Frauenzimmer ſtatt;
Ein kluger Freyer ſorgt bey zeiten vor Geſchuͤtze,
Daß ihm, ſo bald er frey’t, zu ſeinem Zwecke nuͤtze.
Er ſchicket manch Geſchenck in ſeiner Goͤttin Hand,
Er iſt in Minen nett, und uͤberaus gewandt,
Er weiß ſich ſtets bey ihr manierlich aufzufuͤhren,
Und ſucht aufs moͤglichſte der Schoͤnen Hertz zu ruͤhren,
Auch Hunde fehlen ihm bey dieſem Falle nicht,
Wie manch vertrauter Freund wird von ihm abgericht,
Daß er den Appetit der Wertheſten erfahre,
Und ſeines Jaͤgers Geiſt mit ihrem Geiſte paare.
Jedoch des Jaͤgers Witz und aller Hunde Fleiß
Dringt manchmal langſam durch; zuweilen iſt der Schweiß
Auch gantz und gar umſonſt, das Wild pflegt nicht zu ſtehen,
Und muß der Jaͤger offt betruͤbt nach Hauſe gehen.
So gehts dem Freyer auch, ſein Schatz liebt offt die Flucht,
Daß er gar langſam kriegt, was er mit Fleiß geſucht:
Allein kan er ihm nur den Hertzens-Punct verletzen,
So wird er doch das Wild mit gutem Vortheil hetzen,
Bisweilen aber iſt ſein Wild von lauter Stein,
Und wuͤnſchet Lebens lang von ihm entfernt zu ſeyn,
Kein Schuß, kein Stich verhafft, ein jedes prallt zuruͤcke,
Ja gar das Liebes-Netz zerreißt in tauſend Stuͤcke.
Dergleichen Freyer wird in groſſen Schmertz gebracht:
Allein er handelt klug; wenn er ihn wenig acht,
Will ihn diß harte Kind gar nicht zum Schaͤtzgen haben,
So wird ihn mit der Zeit ſchon jemand anders laben.
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