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Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

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Die verlorene Kirche.

Man höret oft im fernen Wald
Von obenher ein dumpfes Läuten,
Doch Niemand weiß, von wann es hallt,
Und kaum die Sage kann es deuten.
Von der verlornen Kirche soll
Der Klang ertönen mit den Winden;
Einst war der Pfad von Wallern voll,
Nun weiß ihn Keiner mehr zu finden.
Jüngst ging ich in dem Walde weit,
Wo kein betretner Steig sich dehnet,
Aus der Verderbniß dieser Zeit
Hatt' ich zu Gott mich hingesehnet.
Wo in der Wildniß Alles schwieg,
Vernahm ich das Geläute wieder,
Je höher meine Sehnsucht stieg,
Je näher, voller klang es nieder.
Mein Geist war so in sich gekehrt,
Mein Sinn vom Klange hingenommen,
Daß mir es immer unerklärt,
Wie ich so hoch hinauf gekommen.
Mir schien es mehr denn hundert Jahr',
Daß ich so hingeträumet hätte:
Als über Nebeln, sonneklar,
Sich öffnet' eine freie Stätte.
Die verlorene Kirche.

Man höret oft im fernen Wald
Von obenher ein dumpfes Läuten,
Doch Niemand weiß, von wann es hallt,
Und kaum die Sage kann es deuten.
Von der verlornen Kirche ſoll
Der Klang ertönen mit den Winden;
Einſt war der Pfad von Wallern voll,
Nun weiß ihn Keiner mehr zu finden.
Jüngſt ging ich in dem Walde weit,
Wo kein betretner Steig ſich dehnet,
Aus der Verderbniß dieſer Zeit
Hatt’ ich zu Gott mich hingeſehnet.
Wo in der Wildniß Alles ſchwieg,
Vernahm ich das Geläute wieder,
Je höher meine Sehnſucht ſtieg,
Je näher, voller klang es nieder.
Mein Geiſt war ſo in ſich gekehrt,
Mein Sinn vom Klange hingenommen,
Daß mir es immer unerklärt,
Wie ich ſo hoch hinauf gekommen.
Mir ſchien es mehr denn hundert Jahr’,
Daß ich ſo hingeträumet hätte:
Als über Nebeln, ſonneklar,
Sich öffnet’ eine freie Stätte.
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[338/0344] Die verlorene Kirche. Man höret oft im fernen Wald Von obenher ein dumpfes Läuten, Doch Niemand weiß, von wann es hallt, Und kaum die Sage kann es deuten. Von der verlornen Kirche ſoll Der Klang ertönen mit den Winden; Einſt war der Pfad von Wallern voll, Nun weiß ihn Keiner mehr zu finden. Jüngſt ging ich in dem Walde weit, Wo kein betretner Steig ſich dehnet, Aus der Verderbniß dieſer Zeit Hatt’ ich zu Gott mich hingeſehnet. Wo in der Wildniß Alles ſchwieg, Vernahm ich das Geläute wieder, Je höher meine Sehnſucht ſtieg, Je näher, voller klang es nieder. Mein Geiſt war ſo in ſich gekehrt, Mein Sinn vom Klange hingenommen, Daß mir es immer unerklärt, Wie ich ſo hoch hinauf gekommen. Mir ſchien es mehr denn hundert Jahr’, Daß ich ſo hingeträumet hätte: Als über Nebeln, ſonneklar, Sich öffnet’ eine freie Stätte.

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Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/344>, abgerufen am 22.11.2024.