Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Der Himmel war so dunkelblau, Die Sonne war so voll und glühend, Und eines Münsters stolzer Bau Stand in dem goldnen Lichte blühend. Mir dünkten helle Wolken ihn, Gleich Fittigen, emporzuheben, Und seines Thurmes Spitze schien Im sel'gen Himmel zu verschweben. Der Glocke wonnevoller Klang Ertönte schütternd in dem Thurme, Doch zog nicht Menschenhand den Strang, Sie ward bewegt von heil'gem Sturme. Mir war's, derselbe Sturm und Strom Hätt' an mein klopfend Herz geschlagen, So trat ich in den hohen Dom Mit schwankem Schritt und freud'gem Zagen. Wie mir in jenen Hallen war, Das kann ich nicht mit Worten schildern. Die Fenster glühten dunkelklar Mit aller Märtrer frommen Bildern; Dann sah ich, wundersam erhellt, Das Bild zum Leben sich erweitern, Ich sah hinaus in eine Welt Von heil'gen Frauen, Gottesstreitern. Der Himmel war ſo dunkelblau, Die Sonne war ſo voll und glühend, Und eines Münſters ſtolzer Bau Stand in dem goldnen Lichte blühend. Mir dünkten helle Wolken ihn, Gleich Fittigen, emporzuheben, Und ſeines Thurmes Spitze ſchien Im ſel’gen Himmel zu verſchweben. Der Glocke wonnevoller Klang Ertönte ſchütternd in dem Thurme, Doch zog nicht Menſchenhand den Strang, Sie ward bewegt von heil’gem Sturme. Mir war’s, derſelbe Sturm und Strom Hätt’ an mein klopfend Herz geſchlagen, So trat ich in den hohen Dom Mit ſchwankem Schritt und freud’gem Zagen. Wie mir in jenen Hallen war, Das kann ich nicht mit Worten ſchildern. Die Fenſter glühten dunkelklar Mit aller Märtrer frommen Bildern; Dann ſah ich, wunderſam erhellt, Das Bild zum Leben ſich erweitern, Ich ſah hinaus in eine Welt Von heil’gen Frauen, Gottesſtreitern. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0345" n="339"/> <lg n="4"> <l>Der Himmel war ſo dunkelblau,</l><lb/> <l>Die Sonne war ſo voll und glühend,</l><lb/> <l>Und eines Münſters ſtolzer Bau</l><lb/> <l>Stand in dem goldnen Lichte blühend.</l><lb/> <l>Mir dünkten helle Wolken ihn,</l><lb/> <l>Gleich Fittigen, emporzuheben,</l><lb/> <l>Und ſeines Thurmes Spitze ſchien</l><lb/> <l>Im ſel’gen Himmel zu verſchweben.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Der Glocke wonnevoller Klang</l><lb/> <l>Ertönte ſchütternd in dem Thurme,</l><lb/> <l>Doch zog nicht Menſchenhand den Strang,</l><lb/> <l>Sie ward bewegt von heil’gem Sturme.</l><lb/> <l>Mir war’s, derſelbe Sturm und Strom</l><lb/> <l>Hätt’ an mein klopfend Herz geſchlagen,</l><lb/> <l>So trat ich in den hohen Dom</l><lb/> <l>Mit ſchwankem Schritt und freud’gem Zagen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Wie mir in jenen Hallen war,</l><lb/> <l>Das kann ich nicht mit Worten ſchildern.</l><lb/> <l>Die Fenſter glühten dunkelklar</l><lb/> <l>Mit aller Märtrer frommen Bildern;</l><lb/> <l>Dann ſah ich, wunderſam erhellt,</l><lb/> <l>Das Bild zum Leben ſich erweitern,</l><lb/> <l>Ich ſah hinaus in eine Welt</l><lb/> <l>Von heil’gen Frauen, Gottesſtreitern.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [339/0345]
Der Himmel war ſo dunkelblau,
Die Sonne war ſo voll und glühend,
Und eines Münſters ſtolzer Bau
Stand in dem goldnen Lichte blühend.
Mir dünkten helle Wolken ihn,
Gleich Fittigen, emporzuheben,
Und ſeines Thurmes Spitze ſchien
Im ſel’gen Himmel zu verſchweben.
Der Glocke wonnevoller Klang
Ertönte ſchütternd in dem Thurme,
Doch zog nicht Menſchenhand den Strang,
Sie ward bewegt von heil’gem Sturme.
Mir war’s, derſelbe Sturm und Strom
Hätt’ an mein klopfend Herz geſchlagen,
So trat ich in den hohen Dom
Mit ſchwankem Schritt und freud’gem Zagen.
Wie mir in jenen Hallen war,
Das kann ich nicht mit Worten ſchildern.
Die Fenſter glühten dunkelklar
Mit aller Märtrer frommen Bildern;
Dann ſah ich, wunderſam erhellt,
Das Bild zum Leben ſich erweitern,
Ich ſah hinaus in eine Welt
Von heil’gen Frauen, Gottesſtreitern.
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