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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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müsste, welches nicht der Erfahrung gemäss ist.
Gegen die andere, von der Kreuzung der Pyra-
midalstränge hergenommene Erklärung hingegen
lässt sich kein gegründeter Einwurf machen, als
der, dass die Zahl und Grösse der sich kreu-
zenden Faserbündel nicht so beträchtlich ist,
wie man bey dem häufigen Eintritt der un-
gleichseitigen Lähmung erwarten sollte. Indess,
wenn man den Fortgang jener Stränge durch
die Brücke und die Hirnschenkel bis zu den
gestreiften Körpern und ihre Verstärkung auf die-
sem Wege betrachtet, so überzeugt man sich,
dass sie doch die Hauptverbindungsorgane der
gestreiften Körper, also der Theile, nach deren
Verletzung die Lähmung der entgegengesetzten
Seite am häufigsten eintritt, mit dem untern
Ende des verlängerten Marks und des Rücken-
marks sind. Es ist aber auch noch nicht aus-
gemacht, ob es nicht noch eine andere Kreu-
zung unter den Fasern der im Innern der vier-
ten Hirnhöhle liegenden Faserbündel giebt. San-
torini
q) nahm einen Uebergang dieser Fasern
von der einen Seite zur andern an. Girardi r)
und alle folgende Anatomen liessen hier nur
verbindende, nicht sich kreuzende Fasern gelten.
Allein obgleich es wahr ist, dass sich die Kreu-

zung
q) Obseryat. anat. p. 61. Septendecim tabulae. p. 29.
r) In Santorini's Septend. tab. p. 29.

müſste, welches nicht der Erfahrung gemäſs ist.
Gegen die andere, von der Kreuzung der Pyra-
midalstränge hergenommene Erklärung hingegen
läſst sich kein gegründeter Einwurf machen, als
der, daſs die Zahl und Gröſse der sich kreu-
zenden Faserbündel nicht so beträchtlich ist,
wie man bey dem häufigen Eintritt der un-
gleichseitigen Lähmung erwarten sollte. Indeſs,
wenn man den Fortgang jener Stränge durch
die Brücke und die Hirnschenkel bis zu den
gestreiften Körpern und ihre Verstärkung auf die-
sem Wege betrachtet, so überzeugt man sich,
daſs sie doch die Hauptverbindungsorgane der
gestreiften Körper, also der Theile, nach deren
Verletzung die Lähmung der entgegengesetzten
Seite am häufigsten eintritt, mit dem untern
Ende des verlängerten Marks und des Rücken-
marks sind. Es ist aber auch noch nicht aus-
gemacht, ob es nicht noch eine andere Kreu-
zung unter den Fasern der im Innern der vier-
ten Hirnhöhle liegenden Faserbündel giebt. San-
torini
q) nahm einen Uebergang dieser Fasern
von der einen Seite zur andern an. Girardi r)
und alle folgende Anatomen lieſsen hier nur
verbindende, nicht sich kreuzende Fasern gelten.
Allein obgleich es wahr ist, daſs sich die Kreu-

zung
q) Obseryat. anat. p. 61. Septendecim tabulae. p. 29.
r) In Santorini’s Septend. tab. p. 29.
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[126/0142] müſste, welches nicht der Erfahrung gemäſs ist. Gegen die andere, von der Kreuzung der Pyra- midalstränge hergenommene Erklärung hingegen läſst sich kein gegründeter Einwurf machen, als der, daſs die Zahl und Gröſse der sich kreu- zenden Faserbündel nicht so beträchtlich ist, wie man bey dem häufigen Eintritt der un- gleichseitigen Lähmung erwarten sollte. Indeſs, wenn man den Fortgang jener Stränge durch die Brücke und die Hirnschenkel bis zu den gestreiften Körpern und ihre Verstärkung auf die- sem Wege betrachtet, so überzeugt man sich, daſs sie doch die Hauptverbindungsorgane der gestreiften Körper, also der Theile, nach deren Verletzung die Lähmung der entgegengesetzten Seite am häufigsten eintritt, mit dem untern Ende des verlängerten Marks und des Rücken- marks sind. Es ist aber auch noch nicht aus- gemacht, ob es nicht noch eine andere Kreu- zung unter den Fasern der im Innern der vier- ten Hirnhöhle liegenden Faserbündel giebt. San- torini q) nahm einen Uebergang dieser Fasern von der einen Seite zur andern an. Girardi r) und alle folgende Anatomen lieſsen hier nur verbindende, nicht sich kreuzende Fasern gelten. Allein obgleich es wahr ist, daſs sich die Kreu- zung q) Obseryat. anat. p. 61. Septendecim tabulae. p. 29. r) In Santorini’s Septend. tab. p. 29.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/142>, abgerufen am 02.05.2024.