Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite

woran er das verlängerte Mark ohne Verletzung
des kleinen Gehirns durchschnitt, das Athemho-
len durch Lufteinblasen unterhielt, und in eine
grosse Wunde zwischen Haut und Muskeln 2 Un-
zen und nachher in den Mastdarm 1 Unze einer
Abkochung der unächten, giftigen Angustura-Rin-
de brachte. Der Kreislauf und die Farbenverän-
derung des Bluts dauerten hierbey fort; allein von
der Zerstörung des Rückenmarks an war der Herz-
schlag nicht mehr sichtbar und das Klopfen der
Carotiden schwächer und seltener. "Die Tempe-
"ratur des Afters", sagt Emmert, "verminderte
"sich in Zeit von 75" um 3° R., was aber bey
"der verminderten Stärke und Geschwindigkeit des
"Kreislaufs, bey der unvollständigen künstlichen
"Respiration, welche um die Hälfte seltener als
"die natürliche war, und der geringen Tempera-
"tur des Zimmers von 12° R. gewiss nicht für
"die von Brodie behauptete Abhängigkeit der thie-
"rischen Wärme vom Gehirn spricht." Es hält
schwer, die Verschiedenheit dieser Erfahrung von
den Resultaten der Versuche Brodie's zu erklä-
ren. Indess einzelne Abweichungen müssen sich
bey diesen Versuchen, auf deren Erfolg so viele
zufällige Umstände Einfluss haben, immer erge-
ben. Eine einzige negative Erfahrung kann hier
nicht mehrere positive aufwiegen, so lange sich
nicht eine bey den letztern vorgegangene Täu-
schung nachweisen lässt.

In

woran er das verlängerte Mark ohne Verletzung
des kleinen Gehirns durchschnitt, das Athemho-
len durch Lufteinblasen unterhielt, und in eine
groſse Wunde zwischen Haut und Muskeln 2 Un-
zen und nachher in den Mastdarm 1 Unze einer
Abkochung der unächten, giftigen Angustura-Rin-
de brachte. Der Kreislauf und die Farbenverän-
derung des Bluts dauerten hierbey fort; allein von
der Zerstörung des Rückenmarks an war der Herz-
schlag nicht mehr sichtbar und das Klopfen der
Carotiden schwächer und seltener. “Die Tempe-
„ratur des Afters”, sagt Emmert, “verminderte
„sich in Zeit von 75″ um 3° R., was aber bey
„der verminderten Stärke und Geschwindigkeit des
„Kreislaufs, bey der unvollständigen künstlichen
„Respiration, welche um die Hälfte seltener als
„die natürliche war, und der geringen Tempera-
„tur des Zimmers von 12° R. gewiſs nicht für
„die von Brodie behauptete Abhängigkeit der thie-
„rischen Wärme vom Gehirn spricht.” Es hält
schwer, die Verschiedenheit dieser Erfahrung von
den Resultaten der Versuche Brodie’s zu erklä-
ren. Indeſs einzelne Abweichungen müssen sich
bey diesen Versuchen, auf deren Erfolg so viele
zufällige Umstände Einfluſs haben, immer erge-
ben. Eine einzige negative Erfahrung kann hier
nicht mehrere positive aufwiegen, so lange sich
nicht eine bey den letztern vorgegangene Täu-
schung nachweisen läſst.

In
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0086" n="74"/>
woran er das verlängerte Mark ohne Verletzung<lb/>
des kleinen Gehirns durchschnitt, das Athemho-<lb/>
len durch Lufteinblasen unterhielt, und in eine<lb/>
gro&#x017F;se Wunde zwischen Haut und Muskeln 2 Un-<lb/>
zen und nachher in den Mastdarm 1 Unze einer<lb/>
Abkochung der unächten, giftigen Angustura-Rin-<lb/>
de brachte. Der Kreislauf und die Farbenverän-<lb/>
derung des Bluts dauerten hierbey fort; allein von<lb/>
der Zerstörung des Rückenmarks an war der Herz-<lb/>
schlag nicht mehr sichtbar und das Klopfen der<lb/>
Carotiden schwächer und seltener. &#x201C;Die Tempe-<lb/>
&#x201E;ratur des Afters&#x201D;, sagt <hi rendition="#k">Emmert</hi>, &#x201C;verminderte<lb/>
&#x201E;sich in Zeit von 75&#x2033; um 3° R., was aber bey<lb/>
&#x201E;der verminderten Stärke und Geschwindigkeit des<lb/>
&#x201E;Kreislaufs, bey der unvollständigen künstlichen<lb/>
&#x201E;Respiration, welche um die Hälfte seltener als<lb/>
&#x201E;die natürliche war, und der geringen Tempera-<lb/>
&#x201E;tur des Zimmers von 12° R. gewi&#x017F;s nicht für<lb/>
&#x201E;die von <hi rendition="#k">Brodie</hi> behauptete Abhängigkeit der thie-<lb/>
&#x201E;rischen Wärme vom Gehirn spricht.&#x201D; Es hält<lb/>
schwer, die Verschiedenheit dieser Erfahrung von<lb/>
den Resultaten der Versuche <hi rendition="#k">Brodie</hi>&#x2019;s zu erklä-<lb/>
ren. Inde&#x017F;s einzelne Abweichungen müssen sich<lb/>
bey diesen Versuchen, auf deren Erfolg so viele<lb/>
zufällige Umstände Einflu&#x017F;s haben, immer erge-<lb/>
ben. Eine einzige negative Erfahrung kann hier<lb/>
nicht mehrere positive aufwiegen, so lange sich<lb/>
nicht eine bey den letztern vorgegangene Täu-<lb/>
schung nachweisen lä&#x017F;st.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">In</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0086] woran er das verlängerte Mark ohne Verletzung des kleinen Gehirns durchschnitt, das Athemho- len durch Lufteinblasen unterhielt, und in eine groſse Wunde zwischen Haut und Muskeln 2 Un- zen und nachher in den Mastdarm 1 Unze einer Abkochung der unächten, giftigen Angustura-Rin- de brachte. Der Kreislauf und die Farbenverän- derung des Bluts dauerten hierbey fort; allein von der Zerstörung des Rückenmarks an war der Herz- schlag nicht mehr sichtbar und das Klopfen der Carotiden schwächer und seltener. “Die Tempe- „ratur des Afters”, sagt Emmert, “verminderte „sich in Zeit von 75″ um 3° R., was aber bey „der verminderten Stärke und Geschwindigkeit des „Kreislaufs, bey der unvollständigen künstlichen „Respiration, welche um die Hälfte seltener als „die natürliche war, und der geringen Tempera- „tur des Zimmers von 12° R. gewiſs nicht für „die von Brodie behauptete Abhängigkeit der thie- „rischen Wärme vom Gehirn spricht.” Es hält schwer, die Verschiedenheit dieser Erfahrung von den Resultaten der Versuche Brodie’s zu erklä- ren. Indeſs einzelne Abweichungen müssen sich bey diesen Versuchen, auf deren Erfolg so viele zufällige Umstände Einfluſs haben, immer erge- ben. Eine einzige negative Erfahrung kann hier nicht mehrere positive aufwiegen, so lange sich nicht eine bey den letztern vorgegangene Täu- schung nachweisen läſst. In

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/86
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/86>, abgerufen am 28.04.2024.