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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

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gestellt sind, absorbiren. Wendet man ein, dass
die grossen Gefässe in unverletzten Gewächsen
keine sichtbare Oeffnungen haben, wodurch die
Absorbtion geschehen könnte, so macht man ei-
nen Einwurf, der eben so wohl die Hypothese
trifft, dass jene Gefässe luftführende Canäle sind.
Ueber die Gegenwart oder Abwesenheit von ein-
saugenden Oeffnungen an zarten Gefässen ist es
aber überhaupt so schwer, etwas Gewisses zu
bestimmen, dass sich davon kein Grund für oder
wider eine Meinung hernehmen lässt. J. J. P.
Moldenhawer s) hat indess an dem Sphagnum
obtusifolium eine Entdeckung gemacht, woraus
sich nicht nur vermuthen lässt, dass die grossen
Gefässe mit solchen Oeffnungen versehen sind,
sondern die auch überhaupt über die Funktion
der Spiralgefässe Licht verbreitet. Es giebt in der
äussersten Schicht des Stengels und in den Blät-
tern dieses Mooses Schläuche, die offenbar die
erste Anlage zu den Spiralgefässen der eigentli-
chen Pflanzen sind. Diese zeigen deutliche run-
de Oeffnungen, und saugen durch dieselben Was-
ser ein. Taucht man die Blätter der untern hän-
genden Zweige, welche die Stelle der Wurzeln
vertreten, und deren Spiralgefässe vorzüglich viele
Oeffnungen haben, in eine gefärbte Flüssigkeit,
ohne dass der Stengel diese berührt, so färbt

die-
s) Beytr. zur Anat, der Pfl. S. 329.
D 4

gestellt sind, absorbiren. Wendet man ein, daſs
die groſsen Gefäſse in unverletzten Gewächsen
keine sichtbare Oeffnungen haben, wodurch die
Absorbtion geschehen könnte, so macht man ei-
nen Einwurf, der eben so wohl die Hypothese
trifft, daſs jene Gefäſse luftführende Canäle sind.
Ueber die Gegenwart oder Abwesenheit von ein-
saugenden Oeffnungen an zarten Gefäſsen ist es
aber überhaupt so schwer, etwas Gewisses zu
bestimmen, daſs sich davon kein Grund für oder
wider eine Meinung hernehmen läſst. J. J. P.
Moldenhawer s) hat indeſs an dem Sphagnum
obtusifolium eine Entdeckung gemacht, woraus
sich nicht nur vermuthen läſst, daſs die groſsen
Gefäſse mit solchen Oeffnungen versehen sind,
sondern die auch überhaupt über die Funktion
der Spiralgefäſse Licht verbreitet. Es giebt in der
äussersten Schicht des Stengels und in den Blät-
tern dieses Mooses Schläuche, die offenbar die
erste Anlage zu den Spiralgefäſsen der eigentli-
chen Pflanzen sind. Diese zeigen deutliche run-
de Oeffnungen, und saugen durch dieselben Was-
ser ein. Taucht man die Blätter der untern hän-
genden Zweige, welche die Stelle der Wurzeln
vertreten, und deren Spiralgefäſse vorzüglich viele
Oeffnungen haben, in eine gefärbte Flüssigkeit,
ohne daſs der Stengel diese berührt, so färbt

die-
s) Beytr. zur Anat, der Pfl. S. 329.
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[55/0071] gestellt sind, absorbiren. Wendet man ein, daſs die groſsen Gefäſse in unverletzten Gewächsen keine sichtbare Oeffnungen haben, wodurch die Absorbtion geschehen könnte, so macht man ei- nen Einwurf, der eben so wohl die Hypothese trifft, daſs jene Gefäſse luftführende Canäle sind. Ueber die Gegenwart oder Abwesenheit von ein- saugenden Oeffnungen an zarten Gefäſsen ist es aber überhaupt so schwer, etwas Gewisses zu bestimmen, daſs sich davon kein Grund für oder wider eine Meinung hernehmen läſst. J. J. P. Moldenhawer s) hat indeſs an dem Sphagnum obtusifolium eine Entdeckung gemacht, woraus sich nicht nur vermuthen läſst, daſs die groſsen Gefäſse mit solchen Oeffnungen versehen sind, sondern die auch überhaupt über die Funktion der Spiralgefäſse Licht verbreitet. Es giebt in der äussersten Schicht des Stengels und in den Blät- tern dieses Mooses Schläuche, die offenbar die erste Anlage zu den Spiralgefäſsen der eigentli- chen Pflanzen sind. Diese zeigen deutliche run- de Oeffnungen, und saugen durch dieselben Was- ser ein. Taucht man die Blätter der untern hän- genden Zweige, welche die Stelle der Wurzeln vertreten, und deren Spiralgefäſse vorzüglich viele Oeffnungen haben, in eine gefärbte Flüssigkeit, ohne daſs der Stengel diese berührt, so färbt die- s) Beytr. zur Anat, der Pfl. S. 329. D 4

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/71>, abgerufen am 21.11.2024.