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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

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dieselbe sehr bald die Spiralgefässe des Stengels,
dringt aus diesen in die Gefässe der übrigen Blät-
ter, und schwitzt so stark aus den runden Oeff-
nungen derselben hervor, dass die ganze Ober-
fläche der Blätter von dem Pigment bedeckt wird.

Zu diesen Gründen kömmt endlich noch, dass
sich die grossen Gefässe abgeschnittener Pflan-
zentheile beym Einsaugen gefärbter Flüssigkei-
ten keinesweges nur als leblose Haarröhren ver-
halten, sondern dass ihre absorbirende Kraft mit
der Vegetationskraft der ganzen Pflanze in Ver-
bindung steht. Ich habe oft Zweige von Wei-
den, Pappeln, Linden, Hollunder und mehrern
Stauden des Winters in eine Abkochung von Fer-
nambukholz gesetzt, und drey bis vier Tage
hindurch im geheitzten Zimmer stehen lassen,
ohne dass die Flüssigkeit in den grossen Gefässen
der Zweige aufgestiegen wäre, da doch die Ge-
fässe belaubter Zweige im Sommer sehr schnell
von dem Pigment durchdrungen werden. Eben
so wenig steigen gefärbte Decokte in verwelk-
ten Pflanzentheilen auf, und alle Zusätze zu sol-
chen Abkochungen, die dem vegetabilischen Le-
ben nachtheilig sind, z. B. geistige Tinkturen,
verhindern das Einsaugen.

Nach allen diesen Gründen halte ich für
wahrscheinlich, dass die grossen Gefässe eben so

wie

dieselbe sehr bald die Spiralgefäſse des Stengels,
dringt aus diesen in die Gefäſse der übrigen Blät-
ter, und schwitzt so stark aus den runden Oeff-
nungen derselben hervor, daſs die ganze Ober-
fläche der Blätter von dem Pigment bedeckt wird.

Zu diesen Gründen kömmt endlich noch, daſs
sich die groſsen Gefäſse abgeschnittener Pflan-
zentheile beym Einsaugen gefärbter Flüssigkei-
ten keinesweges nur als leblose Haarröhren ver-
halten, sondern daſs ihre absorbirende Kraft mit
der Vegetationskraft der ganzen Pflanze in Ver-
bindung steht. Ich habe oft Zweige von Wei-
den, Pappeln, Linden, Hollunder und mehrern
Stauden des Winters in eine Abkochung von Fer-
nambukholz gesetzt, und drey bis vier Tage
hindurch im geheitzten Zimmer stehen lassen,
ohne daſs die Flüssigkeit in den groſsen Gefäſsen
der Zweige aufgestiegen wäre, da doch die Ge-
fäſse belaubter Zweige im Sommer sehr schnell
von dem Pigment durchdrungen werden. Eben
so wenig steigen gefärbte Decokte in verwelk-
ten Pflanzentheilen auf, und alle Zusätze zu sol-
chen Abkochungen, die dem vegetabilischen Le-
ben nachtheilig sind, z. B. geistige Tinkturen,
verhindern das Einsaugen.

Nach allen diesen Gründen halte ich für
wahrscheinlich, daſs die groſsen Gefäſse eben so

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[56/0072] dieselbe sehr bald die Spiralgefäſse des Stengels, dringt aus diesen in die Gefäſse der übrigen Blät- ter, und schwitzt so stark aus den runden Oeff- nungen derselben hervor, daſs die ganze Ober- fläche der Blätter von dem Pigment bedeckt wird. Zu diesen Gründen kömmt endlich noch, daſs sich die groſsen Gefäſse abgeschnittener Pflan- zentheile beym Einsaugen gefärbter Flüssigkei- ten keinesweges nur als leblose Haarröhren ver- halten, sondern daſs ihre absorbirende Kraft mit der Vegetationskraft der ganzen Pflanze in Ver- bindung steht. Ich habe oft Zweige von Wei- den, Pappeln, Linden, Hollunder und mehrern Stauden des Winters in eine Abkochung von Fer- nambukholz gesetzt, und drey bis vier Tage hindurch im geheitzten Zimmer stehen lassen, ohne daſs die Flüssigkeit in den groſsen Gefäſsen der Zweige aufgestiegen wäre, da doch die Ge- fäſse belaubter Zweige im Sommer sehr schnell von dem Pigment durchdrungen werden. Eben so wenig steigen gefärbte Decokte in verwelk- ten Pflanzentheilen auf, und alle Zusätze zu sol- chen Abkochungen, die dem vegetabilischen Le- ben nachtheilig sind, z. B. geistige Tinkturen, verhindern das Einsaugen. Nach allen diesen Gründen halte ich für wahrscheinlich, daſs die groſsen Gefäſse eben so wie

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/72>, abgerufen am 02.05.2024.