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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

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welche nur ein langsamer Uebergang der Flüssig-
keiten möglich ist. Eher noch könnte man den
Intercellulargängen die Funktion der Bewegung
des Pflanzensafts zuschreiben, wenn diese nicht
im Ganzen zu eng wären, um eine erhebliche
Menge Flüssigkeit fassen zu können. Die Beob-
achtungen, woraus man die Bewegung des Safts
durch die Rinde darzuthun gesucht hat, lassen
sich auch insgesammt auf andere Art erklären.
Sie beziehen sich alle auf Versuche, wo die Rinde
verletzt oder unterbunden war. An solchen Stel-
len entsteht aber von dem Einfluss der Luft, oder
vom Druck der Ligatur ein Zufluss des Safts aus
allen Theilen der Pflanze, der im gesunden Zu-
stande nicht statt findet. Zudem lassen sich jene
Versuche nicht leicht machen, ohne den Bast zu
verletzen, und dieser ist allerdings ein Haupt-
organ der Bewegung des Pflanzensafts.

Aber auch der Bast ist es keinesweges allein,
worin die Bewegung der Säfte vorgeht. Beym
Anbohren von Birken, Ahornen und andern thrä-
nenden Bäumen im Frühjahre findet man die
Rinde ganz trocken. Zwischen ihr und dem Bast
aber ist Flüssigkeit enthalten, und diese dringt
noch häufiger aus dem Holzkörper, besonders aus
dem jüngern Holze. In dem Holz steigt der Saft
immer höher auf, so dass anfangs nur die un-
tern und erst später auch die höhern Einschnitte

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IV. Bd. D

welche nur ein langsamer Uebergang der Flüssig-
keiten möglich ist. Eher noch könnte man den
Intercellulargängen die Funktion der Bewegung
des Pflanzensafts zuschreiben, wenn diese nicht
im Ganzen zu eng wären, um eine erhebliche
Menge Flüssigkeit fassen zu können. Die Beob-
achtungen, woraus man die Bewegung des Safts
durch die Rinde darzuthun gesucht hat, lassen
sich auch insgesammt auf andere Art erklären.
Sie beziehen sich alle auf Versuche, wo die Rinde
verletzt oder unterbunden war. An solchen Stel-
len entsteht aber von dem Einfluſs der Luft, oder
vom Druck der Ligatur ein Zufluſs des Safts aus
allen Theilen der Pflanze, der im gesunden Zu-
stande nicht statt findet. Zudem lassen sich jene
Versuche nicht leicht machen, ohne den Bast zu
verletzen, und dieser ist allerdings ein Haupt-
organ der Bewegung des Pflanzensafts.

Aber auch der Bast ist es keinesweges allein,
worin die Bewegung der Säfte vorgeht. Beym
Anbohren von Birken, Ahornen und andern thrä-
nenden Bäumen im Frühjahre findet man die
Rinde ganz trocken. Zwischen ihr und dem Bast
aber ist Flüssigkeit enthalten, und diese dringt
noch häufiger aus dem Holzkörper, besonders aus
dem jüngern Holze. In dem Holz steigt der Saft
immer höher auf, so daſs anfangs nur die un-
tern und erst später auch die höhern Einschnitte

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IV. Bd. D
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[49/0065] welche nur ein langsamer Uebergang der Flüssig- keiten möglich ist. Eher noch könnte man den Intercellulargängen die Funktion der Bewegung des Pflanzensafts zuschreiben, wenn diese nicht im Ganzen zu eng wären, um eine erhebliche Menge Flüssigkeit fassen zu können. Die Beob- achtungen, woraus man die Bewegung des Safts durch die Rinde darzuthun gesucht hat, lassen sich auch insgesammt auf andere Art erklären. Sie beziehen sich alle auf Versuche, wo die Rinde verletzt oder unterbunden war. An solchen Stel- len entsteht aber von dem Einfluſs der Luft, oder vom Druck der Ligatur ein Zufluſs des Safts aus allen Theilen der Pflanze, der im gesunden Zu- stande nicht statt findet. Zudem lassen sich jene Versuche nicht leicht machen, ohne den Bast zu verletzen, und dieser ist allerdings ein Haupt- organ der Bewegung des Pflanzensafts. Aber auch der Bast ist es keinesweges allein, worin die Bewegung der Säfte vorgeht. Beym Anbohren von Birken, Ahornen und andern thrä- nenden Bäumen im Frühjahre findet man die Rinde ganz trocken. Zwischen ihr und dem Bast aber ist Flüssigkeit enthalten, und diese dringt noch häufiger aus dem Holzkörper, besonders aus dem jüngern Holze. In dem Holz steigt der Saft immer höher auf, so daſs anfangs nur die un- tern und erst später auch die höhern Einschnitte thrä- IV. Bd. D

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/65>, abgerufen am 02.05.2024.