unter engen Behältern, z. B. unter Glasglocken, gestanden haben, sehr schnell, wenn sie plötz- lich an die freye Luft gebracht werden.
Diese Zunahme der Receptivität bey verminderter oder aufgehobener Erre- gung hat aber eine gewisse Gränze. Bey fortdauernder Verminderung oder Auf- hebung der äussern Einwirkungen sinkt sie eben so wohl, wie bey übermässi- ger Heftigkeit der erregenden Potenzen, zu einer niedrigsten Stufe herab. So muss es seyn, wenn die ganze lebende Natur ein einziger grosser Organismus ist, in welchem alle einzelne Körper wechselseitig für einander Mittel und Zweck sind. Verhielte es sich an- ders, so würde jedes Thier und jedes Gewächs von diesem Organismus sich loszureissen im Stande seyn, oder losgerissen werden können, indem es in einen Zustand versetzt würde, wo, bey gänzlicher Unthätigkeit, die Lebensfähigkeit desselben dennoch fortdauerte. Bey jenem Ge- setze aber ist jede Trennung vom allgemeinen Organismus der Anfang des Uebergangs zu an- dern Formen des Lebens, mit deren Entstehen jene Trennung wieder aufgehoben wird. So ster- ben alle lebende Körper eben so wohl von zu geringer, als von übermässiger Wärme; und so wurde in Spallanzani's Versuchen über die Er-
zeu-
unter engen Behältern, z. B. unter Glasglocken, gestanden haben, sehr schnell, wenn sie plötz- lich an die freye Luft gebracht werden.
Diese Zunahme der Receptivität bey verminderter oder aufgehobener Erre- gung hat aber eine gewisse Gränze. Bey fortdauernder Verminderung oder Auf- hebung der äussern Einwirkungen sinkt sie eben so wohl, wie bey übermäſsi- ger Heftigkeit der erregenden Potenzen, zu einer niedrigsten Stufe herab. So muſs es seyn, wenn die ganze lebende Natur ein einziger groſser Organismus ist, in welchem alle einzelne Körper wechselseitig für einander Mittel und Zweck sind. Verhielte es sich an- ders, so würde jedes Thier und jedes Gewächs von diesem Organismus sich loszureissen im Stande seyn, oder losgerissen werden können, indem es in einen Zustand versetzt würde, wo, bey gänzlicher Unthätigkeit, die Lebensfähigkeit desselben dennoch fortdauerte. Bey jenem Ge- setze aber ist jede Trennung vom allgemeinen Organismus der Anfang des Uebergangs zu an- dern Formen des Lebens, mit deren Entstehen jene Trennung wieder aufgehoben wird. So ster- ben alle lebende Körper eben so wohl von zu geringer, als von übermäſsiger Wärme; und so wurde in Spallanzani’s Versuchen über die Er-
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unter engen Behältern, z. B. unter Glasglocken,
gestanden haben, sehr schnell, wenn sie plötz-
lich an die freye Luft gebracht werden.
Diese Zunahme der Receptivität bey
verminderter oder aufgehobener Erre-
gung hat aber eine gewisse Gränze. Bey
fortdauernder Verminderung oder Auf-
hebung der äussern Einwirkungen sinkt
sie eben so wohl, wie bey übermäſsi-
ger Heftigkeit der erregenden Potenzen,
zu einer niedrigsten Stufe herab. So
muſs es seyn, wenn die ganze lebende Natur
ein einziger groſser Organismus ist, in welchem
alle einzelne Körper wechselseitig für einander
Mittel und Zweck sind. Verhielte es sich an-
ders, so würde jedes Thier und jedes Gewächs
von diesem Organismus sich loszureissen im
Stande seyn, oder losgerissen werden können,
indem es in einen Zustand versetzt würde, wo,
bey gänzlicher Unthätigkeit, die Lebensfähigkeit
desselben dennoch fortdauerte. Bey jenem Ge-
setze aber ist jede Trennung vom allgemeinen
Organismus der Anfang des Uebergangs zu an-
dern Formen des Lebens, mit deren Entstehen
jene Trennung wieder aufgehoben wird. So ster-
ben alle lebende Körper eben so wohl von zu
geringer, als von übermäſsiger Wärme; und so
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 586. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/596>, abgerufen am 22.11.2024.
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